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Der Wahlkampf hat begonnen. Seit Mitte April plakatieren die großen Parteien auf den Straßen zur Europawahl. Die CDU hat sich dabei anscheinend vorgenommen, bei Rechtspopulisten zu fischen.
Von Arne Semsrott
Im Hintergrund lauert das übermächtige Europa, das Deutschland - da gibt es Interpretationsspielraum - a) entweder umzingelt und an den Kragen will oder b) schützt und hermetisch abschottet wie eine Festung. Oder soll Möglichkeit c) gelten: Deutschland tönt inmitten einer großen Übermacht nach draußen: Hier sind wir und die EU kann uns mal. "Wir in Europa" lautet tatsächlich das Motto der CDU im Europawahlkampf - auf einer großen Flagge der EU ist dabei das "Wir" auffallend von einer Deutschlandfahne umrahmt. Damit soll wohl klar werden: Wir sind trotzdem wir. Totz EU.
Das Plakat gibt es in drei Varianten. "Für den Weg aus der Krise", steht vielversprechend einmal obendrüber, auf einem zweiten Motiv prangt das Versprechen: "Für eine Soziale Marktwirtschaft, die menschlich ist". So weit, so austauschbar. Der dritte Slogan der Partei bestätigt aber die eher fragwürdige Positionierung der CDU im Wahlkampf: "Für Schutz durch Gemeinschaft", prangt dort in weißen Lettern auf EU-blauem Grund. Schutz? In Europa? Vor wem und Warum? Protektionismus jetzt?
Schutz durch Abgrenzung?
Wortwahl und Design des Plakates sprechen damit dumpfe Vorurteils-Gefühle des Betrachters an: Wir stehen einer Übermacht gegenüber! Wir müssen zusammen halten! Wir müssen uns schützen gegen die da draußen! Bewusst ignoriert die CDU dabei, dass viele Lösungen - gerade in Zeiten der Weltfinanzmarktkrise - auf internationaler Eben natürlich unter Mitwirkung der Konservativen gefällt werden (müssen). Doch in einer globalisierten Welt geben die Protektionisten der CDU vor, man müsse sich von anderen abschotten, um sicher zu sein.
Die Deutschlandflagge auf dem Plakat suggeriert dabei allerdings, was durch einen solchen Protektionismus geschieht: Das "Wir" grenzt sich ab und igelt sich schwarzrotgold ein - dabei schreibt sich die Union doch sonst auf die Fahne, in der Vergangenheit Mauern eingerissen zu haben, statt sie aufzubauen. Die Partei des Euro-Vorkämpfers Kohl sollte sich in dieser Rolle eines Euroskeptikers nicht wohl fühlen. Denn innerhalb der EU gibt es keinen politischen Akteur, der - wie suggeriert wird - Deutschlands Sicherheit gefährdet.
Ängste werden ausgenutzt
Denn vor wem will die CDU Deutschland schützen? Vor Holländern, Belgiern und Schweden? Oder vielleicht doch vor den so seltsam fremden Ottomanen, die an die Tür der EU-Festung klopfen? Wählt man die zweite Erklärung, wird auch klar, wen die Partei zur Gemeinschaft drängen möchte: "Wir", das sind schwarzrotgold gewiss die guten christlichen Deutschen, die sich tapfer gegen Überfremdung schützen müssen. Denn wo Ängste und Sorgen bei deutschen Bürgern bestehen - muss man sie als Wahlkämpfer auch ausnutzen. Das sieht hier leider danach aus.
www.mut-gegen-rechte-gewalt.de / Foto: CDU