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Rechtspopulisten in Berlin stoppen!

Die rechtspopulistische Partei Pro Deutschland hält am Samstag, den 17. Juli 2010 ihren vierten Bundesparteitag im Schöneberger Rathaus ab. Über die Unterschiede zu anderen rechtsradikalen Parteien, über das neue Engagement der Partei in Berlin und geplante Gegenproteste sprach MUT mit Timo Reinfrank, Stiftungskoordinator der Amadeu Antonio Stiftung.

„Der Berliner Parteitag 2010 wird einen Einschnitt in der Entwicklung der Bürgerbewegung pro Deutschland darstellen. Wir werden im Schöneberger Rathaus den Grundstein für unseren Wahlerfolg in der Hauptstadt 2011 legen – gestützt auf eine bundesweite Gemeinschaft, der die politische Bedeutung der Berlin-Wahlen im kommenden Jahr für unser Land bewußt [sic!] ist, wie auf internationale Partner und Verbündete, die wissen: Wenn Deutschland fällt, fällt Europa. Wenn Europa fällt, fällt die gesamte freie Welt. Auf nach Berlin zur Verteidigung Europas!“ schreiben Vertreter von „Pro Deutschland“ auf ihrer Homepage. Am Samstag, den 17. Juli 2010, hält „Pro Deutschland“ seinen vierten Bundesparteitag im Schöneberger Rathaus in Berlin ab. Die rechtsradikale Partei, die aus Pro Köln und Pro NRW entstanden ist, macht sich nun auch in Berlin breit und versucht mit islamfeindlichem Rassismus auf Stimmenfang für die Berliner Abgeordnetenhauswahl 2011 zu gehen. Eine zentrale Rolle kommt dabei dem von der DVU zu „pro Deutschland“ gewechselten schwedischen Multimillionär und Nazi Patrik Brinkmann zu, der gerade beim Wahlkampf in NRW unter dem Slogan „Abendland in Christenhand“ eine grandiose Bauchlandung hingelegt hat.

Mut: Herr Reinfrank, was unterscheidet „Pro Deutschland“ von anderen rechtsradikalen Parteien wie der NPD oder DVU?

Reinfrank: Pro Deutschland gibt sich bürgerlich und versucht sich als „nicht extrem“ darzustellen. Allerdings entlarvt sich dieses Image alleine schon durch die Mitgliedschaft einiger ehemaliger, angeblich geläuterter, NPD- und DVU-Angehöriger. Die Themen sind eindeutig rassistisch und rechtsradikal. Ihre vermeintliche Anti-Antisemitische Haltung setzen sie gezielt strategisch ein. Sie geben sich Israelfreundlich und hetzen umso mehr gegen den Islam, der das christlich-jüdische Abendland bedrohe. Der islamfeindliche Rassismus nimmt bei Pro Deutschland eine neue Dimension ein. Die Zusammenarbeit mit extrem rechten Parteien aus anderen europäischen Ländern unterscheidet sich ebenfalls von den „klassischen rechtsradikalen“ Parteien. Pro Deutschland ist Teil der hauptsächlich aus Westeuropa kommenden Modernisierungsbestrebungen der extremen Rechten, zu der etwa Vlaams Belang aus Belgien, die FPÖ aus Österreich oder die Partei für die Freiheit von Gert Wilders stehen.

Mut: Was sind zentrale Themen von „Pro Deutschland“?

Reinfrank: Schlagworte im Parteiprogramm sind etwa Kein EU-Beitritt der Türkei, Abschiebung ausländischer Straftäter, härtere Strafen für Sexualstraftäter, gegen Globalisierung und für nationale Abschottung. Das sind alles auch Forderungen der NPD, da zeigen sich lauter Parallelen. Anders ist aber hier wieder, dass pro Deutschland vorgibt, eine Bürgerbewegung zu sein und somit den Anschein erweckt auch für mehr Mitbestimmung Aller in der Politik einzutreten. Zudem steht über allem die Hetze gegen Muslime und den Islam. Auf dem Bundesparteitag am kommenden Samstag wird es insbesondere um die Abgeordnetenhauswahlen und die der Bezirksverordnetenversammlungen 2011 in Berlin gehen. Auch soll darüber abgestimmt werden, ob der Hauptsitz der Partei von Köln nach Berlin verlegt wird.

Mut: Warum eigentlich dieser plötzliche Wechsel nach Berlin?

Reinfrank: Bei den Wahlen in NRW ist Pro Deutschland ziemlich gescheitert. Jetzt wollen sie sich erst einmal auf Berlin konzentrieren. Hier wird gerade ein Landesverband aufgebaut, der bis 2011 kampagnenfähig sein soll. Auch Patrik Brinkmann wohnt neuerdings in Berlin. Er nimmt eine sehr zentrale Position als Finanzier ein, dennoch werben sie auch gezielt um Kleinspenden. Brinkmann sollte eigentlich auch als neuer Vorsitzender und Spitzenkandidat in Berlin antreten, was jedoch aufgrund seiner schwedischen Staatsbürgerschaft nicht möglich ist.

Mut: Wie Sie selbst sagen hat Pro Deutschland in NRW bei den Landtagswahlen im Mai mit 1,4% eine „Niederlage“ erlitten. Warum sehen Sie trotzdem eine Gefahr?

Reinfrank: Die Gefahr besteht darin, dass Pro Deutschland eine weit verbreitete undifferenzierte und negative Stimmung dem Islam gegenüber ausnutzt. Auch ihr bürgerliches, christliches Auftreten könnte hilfreich sein. Denn viele Menschen, die zwar rassistisch gegenüber Muslimen eingestellt sind, würden sich trotzdem nicht als „Nationalisten“ oder „Rechtsextremisten“ bezeichnen. Wenn es eine scheinbar demokratische Alternative gibt, die auch ihre Meinung vertritt, könnte das eine Gefahr sein. Doch die Rassistinnen und Rassisten von Pro Deutschland sind keinen Spalt demokratischer als Neonazis. Es ist einfach diese neue Dimension von islamfeindlichem Rassismus, die mir Sorgen bereitet.

Mut: Wie wurde im Vorfeld versucht, den Bundesparteitag zu verhindern? Waren Proteste erfolgreich?

Reinfrank: Ursprünglich wollte Pro Deutschland ihren Bundesparteitag schon Anfang Juni, zur Gründung des Landesverbandes Berlin, im Schöneberger Rathaus abhalten. Demokratische Parteien verhinderten dies jedoch über Wochen, indem sie den Tagungsraum immer wieder für Sitzungen reservierten. Doch nach einem Urteil des Verwaltungsgerichtes wurde das Bezirksamt Schöneberg verpflichtet, der Partei wegen des Gebotes der Gleichbehandlung mit anderen Parteien einen Sitzungssaal zur Verfügung zu stellen.

Mut: Was ist für Samstag geplant?

Reinfrank: Das große zivilgesellschaftliche Ziel ist es, den Parteitag zu verhindern. Es wird mehrere Aktionspunkte rund um das Rathaus geben, eine große Bühne mit Redebeiträgen und Musik. Wir hoffen auf einen breiten Protest anknüpfend an den erfolgreichen Protest in Köln, der den Antiislamisierungskongress von Pro Deutschland weitgehend lahmlegte. Wir hoffen, dass die Berliner Bürgerinnen und Bürger ebenso entschlossen „Nein“ sagen zu antiislamischer Hetze wie die Kölnerinnen und Kölner.

Alle Infos zu den vielfältigen Protesten am Samstag finden sich hier.

Das Interview führte Lisa Doppler
Foto: Pro Köln, Moritz*, via Flickr
 

Mit Erfolg gegen Rechtsextremismus

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