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Am Abend standen auf dem Kornmarkt etwa 20 junge Geflüchtete rund 80 laut Polizei "augenscheinlich gewaltbereiten" Männern und Frauen gegenüber, die "in großer Zahl dem politisch rechten Spektrum zuzuordnen" sind. Laut Tagesspiegel berichteten rechte Gruppen auf Facebook, 250 Bautzener hätten sich "rumpöbelnden Asylbewerbern" entgegengestellt und sie aus der Innenstadt vertrieben. Andere Augenzeugen sagten, es seien 100 bis 150 rechte Demonstranten gewesen. "Sie skandierten Parolen, wonach Bautzen und der Kornmarkt den Deutschen gehören würde“, zitiert der MDR einen Polizeisprecher. Zeugen berichteten, es seien Flaschen geworfen worden. Die Polizei trennte beide Gruppen mit Polizeiketten. Weiter heißt es in einer Mitteilung der Polizei: "Aus der Gruppe der Asylbewerber wurden die Polizisten mit Flaschen, Holzlatten und anderen Gegenständen beworfen, worauf die Beamten Pfefferspray und den Einsatzmehrzweckstock einsetzten."
Andrea Kubank, die sich im Bündnis "Bautzen bleibt bunt" engagiert, war am Mittwochabend Augenzeugin der Geschehnisse. Dem Tagesspiegel sagte sie, sie habe sich bei den Geflüchteten aufgehalten, die sich schon seit Wochen regelmäßig auf dem Kornmarkt treffen und habe beobachtet, wie sich immer mehr Rechte zusammenrotteten. Nach ihrer Darstellung forderten acht bis zehn Polizisten nach Einbruch der Dunkelheit die Geflüchteten auf, den Platz zu verlassen. Diese widersetzten sich, einige seien dann gewaltsam auch gegen die Polizei vorgegangen. Diesen Moment habe der rechte Mob genutzt, sei an der Polizei vorbei auf die Flüchtlinge zugestürzt, dies unter Rufen wie "Das ist unser Bautzen", "Ausländer raus" und "Das ist unser Nazikiez". Kubank sagt: "Dann sind wir nur noch gerannt."
Die Geflüchteten wurden von den Neonazis unter "Wir sind das Volk"-Rufen durch die Stadt gejagt und bis zur ihrer Unterkunft verfolgt. Einer von ihnen erlitt Schnittverletzungen an den Armen, ein weiterer eine Verletzung am Kopf, wobei es im Polizeibericht heißt, der Geschädigte habe sich "mit einer Bierflasche offensichtlich selbst am Kopf verletzt".
Die Rechten hinderten einen angeforderten Krankenwagen bei der Anfahrt und bewarfen ihn mit Steinen. Er musste schließlich unter Polizeischutz zur Unterkunft fahren. Die Polizei war die ganze Nacht über mit einem Großaufgebot im Einsatz und patroullierte vor zwei Asylunterkünften.
Laut Tagesspiegel war auf einer Neonazi-Seite im Internet von "Pogromstimmung" die Rede. Pegida-Chef Lutz Bachmann erklärte, "mutige Bürger" hätten Zivilcourage gezeigt und "pöbelnde Asylbetrüger" friedlich aus der Innenstadt vertrieben.
Die Kriminalpolizei ermittelt wegen des Verdachts auf Landfriedensbruch und gefährliche Körperverletzung. Platzverweise gegen die Täter gab es offenbar ebenso wenig wie Festnahmen.