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10.06.2016 - 00:06, Lingen

Ein 21-Jähriger hat am Nachmittag aus seiner Wohnung im dritten Stock mit einem Luftgewehr auf das Gelände eine Asylunterkunft geschossen. Dabei verletzte er eine Frau und einen Mann, die in der Unterkunft wohnen. Einige Tage später verletzte der Tatverdächtige erneut zwei Bewohner*innen der Unterkunft, darunter ein 5-jähriges Mädchen. Die Staatsanwaltschaft Osnabrück bestätigte Recherchen der "Antifaschistischen Aktion Lingen", wonach es sich bei dem Täter um einen Rechtsradikalen mit Verbindungen zur NPD und zur regionalen Neonazi-Szene handelt.
 
Justiz Watch hat den Prozess beobachtet und fasst die Verhandlung folgendermaßen zusammen:
"Der Neonazi Moritz H. schießt mit einem Luftgewehr aus dem Fenster seiner Wohnung auf Geflüchtete. Die Schüsse verletzen drei Personen, darunter ein fünfjähriges Kind. Am 11. Januar 2017 steht der rassistische Schütze in Lingen vor Gericht. Verurteilt wird er zu einem Jahr und zehn Monaten Haft, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung. Die Verhandlung verläuft katastrophal. Die Geschädigten nehmen aus Angst vor dem Täter nicht an der Verhandlung teil. Das rassistische Motiv wird kaum thematisiert, der Angeklagte stellt sich selbst als unpolitisch dar. Sein angebliches Tatmotiv: Frust über seine Arbeitslosigkeit. Anstatt die Schutzbehauptungen des Angeklagten zu entkräften, greift der Richter diese in seiner Urteilsbegründung auf: die Kontakte zur NDP und in die rechte Szene seien kein Beleg für politische Überzeugungen. Darüber hinaus bedient der Richter selbst rassistische Diskurse: der Angeklagte stehe mit seiner Ablehnung gegenüber „Wirtschaftsflüchtlingen“ nicht alleine da. Allerdings sei es nicht seine Aufgabe, eine Unterscheidung zwischen Kriegsflüchtlingen und „Schmarotzern“ – so der Richter wörtlich – selbst durchzusetzen. Auch habe der Angeklagte mit den Schüssen gerade die Falschen getroffen: nämlich Kriegsflüchtlinge und keinen Anis Amri [Attentäter von Berlin] oder Sexualstraftäter. 
Prozesse wie diese verharmlosen rassistische Gewalttaten. Die erschreckenden Äußerungen des Richters machen deutlich, dass die Diskursverschiebung nach rechts längst in der Justiz angekommen ist und menschenverachtende Reden von „Schmarotzern“ auch im Gerichtssaal salonfähig sind."