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für Engagement
Ein Projekt des Magazins stern und der Amadeu Antonio Stiftung
Mut gegen rechte Gewalt war im Jahr 2015 wichtiger denn je. Die gemeinsame Chronik flüchtlingsfeindlicher Vorfälle von der Amadeu Antonio Stiftung und PRO ASYL dokumentierte allein im Jahr 2015 557 Angriffe auf Unterkünfte von Asylsuchenden, davon 131 Brandanschläge. Nicht nur deswegen unterstützen wir auch weiterhin Projekte und Initiativen die sich für Vielfalt und gegen Ausgrenzung einsetzen. Die von uns unterstützten Projekte reichten letztes Jahr von lautstarken Festivals gegen Rechts über Ausstellungen hin zu Projekten von Geflüchteten für Geflüchtete. Damit wir auch 2016 weiterhin (junge) Menschen und ihre kreativen Projekte für mehr Zivilcourage unterstützen und fördern können, benötigen wir Ihre Hilfe!
Von Niels Schaffroth
Ein starkes Zeichen gegen rechte Gewalt
© Jamel rockt den Förster
Schon zum neunten Mal jährt sich das Open Air Festival „Forst Rock“ in Jamel. Auch dieses Jahr konnten wir das unkommerzielle und von Ehrenamtlichen organisierte Festival finanziell unterstützen. Diesjähriges Motto: „Für eine Bunte Welt“.
Im Vorfeld des am 28.-29. August stattfindenden Festivals kam es zu einem Brandanschlag mit vermutlich extrem rechten Hintergrund auf die Scheune von Horst und Birgit Lohmeyer. Das Ehepaar stellt nicht nur ihren Hof zur Verfügung, sondern sie sind die eigentlichen Initiatoren des Musikfestivals. Seit sich die beiden 2004 in Jamel niedergelassen haben, werden sie von den dort lebenden Nazis bedroht und eingeschüchtert. Das in Mecklenburg-Vorpommern liegende Dorf wird nämlich zum Großteil von Rechten bewohnt. Es soll als „nationalsozialistisches Musterdorf“ dienen.
Doch auch der Brandanschlag konnte die Beiden nicht einschüchtern, denn sie antworteten mit einem „Jetzt erst recht!“.
Das Festival war ein voller Erfolg. 1200 Menschen haben nach Jamel gefunden, um ein Zeichen für Demokratie und Menschenrechte zu setzen. So viele wie nie zuvor. Musikalisch hatte es vor allem rockiges zu bieten. Fans von Punk, Ska, Rock und Soul dürften definitiv ihren Spaß gehabt haben. Als Überraschungsgast kamen die Toten Hosen, auch sie hatte die Nachricht der abgebrannten Scheune erreicht, woraufhin sie nach Jamel kamen, um ein Zeichen zu setzen.
Empowerment von Flüchtlingskindern
Der Verein Refugees Emancipation arbeitet schon seit 15 Jahren daran, selbstorganisierte und selbstverwaltete Internetcafés in Geflüchtetenunterkünften zu errichten und Computerkurse anzubieten. Für Geflüchtete in Deutschland ist es oftmals schwierig, Zugang zum Internet zu bekommen. Unterkünfte sind in den seltensten Fällen mit Internetzugängen ausgestattet. Diese wären für die Menschen allerdings sehr nützlich, denn so könnten sie Informationen über das Asylrecht recherchieren, Kontakt zu Familie und Freunden aufrechterhalten und Übersetzungsprobleme lösen. Der Verein ist von Geflüchteten für Geflüchtete und setzt dementsprechend auf eine Selbstermächtigung anstatt über deren Köpfe hinweg zu entscheiden.
Kinder und Jugendliche von Asylsuchenden in Potsdam und Umgebung sind mit der Bitte um mehr Unterstützung und Hilfe an den Verein herangetreten. Damit sie in der Schule am Ball bleiben können und Probleme wie zum Beispiel Sprachschwierigkeiten überwinden können, bedarf es mehr Unterstützung. Refugees Emancipation e.V. ermutigte die Kinder und Jugendlichen dazu, selbst nach Lösungen zu suchen. Das Ergebnis: Es finden nun dreimal in der Woche Nachhilfestunden in Mathe, Deutsch und Sachkunde statt, die von Studierenden der Universität Potsdam gegeben werden. Des Weiteren gibt es weiterhin eine Vermittlung von Medien- und Computerkompetenzen, um eine gleichberechtigte Teilhabe in der Gesellschaft zu ermöglichen und zu fördern. Dies sichert auch den Schulerfolg. Aber auch im Alltag organisiert der Verein Exkursionen und Besuche von Museen, Kinos und historischen Sehenswürdigkeiten an, nicht nur für die Kinder und Jugendlichen, sondern für die ganze Familie.
Wir konnten 2015 dieses großartige Projekt finanziell unterstützen und möchten das auch 2016 weiterhin tun.
„Die verschwiegenen Toten“
© Leipziger Hoschulgruppe "Korrektiv Negativ"
In Mai letzten Jahres konnten wir eine Ausstellung mit dem Titel „Die verschwiegenen Toten – Opfer rechter Gewalt seit 1990 in Leipzig“ vom Initiativkreis Antirassismus in Kooperation mit der Leipziger Hochschulgruppe „Korrektiv Negativ“ ermöglichen. Ziel war es, auf die Todesopfer von rechter Gewalt aufmerksam zu machen. Denn seit 1990 zählt die Amadeu Antonio Stiftung mindestens 178 Todesopfer “rechter Gewalt” in Deutschland. In Leipzig wurden mindestens acht Menschen Opfer rechts-motivierter Gewalt; hinzukommen zwei Verdachtsfälle. Damit weist Leipzig im bundesweiten Vergleich die zweithöchste Zahl an rechtsmotivierten Morden auf.
Vor allem in Bezug auf die aktuellen rassistischen Angriffe auf Geflüchtete und Asylunterkünfte in ganz Deutschland, speziell in Sachsen, erfordern die einzelnen Fälle eine kritische Auseinandersetzung mit den Ursachen, die diese Taten erst ermöglicht haben. Die Ausstellung will einen Beitrag dazu leisten, den Opfern gedenken und den öffentlichen Umgang mit den Betroffenen und ihren Angehörigen aufzeigen. Durch Aufstellwände und mediale Unterstützung wurde auf die Hintergründe der Taten und die Opfer aufmerksam gemacht.
Über die Ausstellung hinaus fand eine Eröffnungsveranstaltung zur Kontextualisierung rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Leipzig, Sachsen und Deutschland statt. Dabei stand auch eine Sensibilisierung für die Kritik an der staatlichen Anerkennungspraxis im Fokus.
Der Initiativkreis Antirassismus erhielt 2015 für eben jene Ausstellung den Anerkennungspreis des Sächsischen Förderpreises für Demokratie.
Ein Fest für Toleranz und Vielfalt
© CSD Pirna e.V.
Nicht nur Geflüchtete und Menschen die sich gegen rechte Gewalt einsetzen sind von eben jener Betroffen. Auch Homo-, Trans- und Bisexuelle, sowie alle Andere, die nicht in das rechte Weltbild passen, sind von Übergriffen der extrem Rechten betroffen.
In weit über 50 Städten Deutschlands findet mittlerweile der Christopher Street Day (CSD) statt. Auch in Pirna, eine beschauliche Kleinstadt in der Sächsischen Schweiz. Eine Region, die überregional nicht nur für ihre wunderschönen Naturlandschaften, sondern auch als Hochburg neonazistischer Kräfte Bekanntheit erlangte. Immer wieder wurden Mitglieder der ersten schwul-lesbischen Initiative Opfer von rechter Gewalt. Der CSD in Pirna ist viel mehr als eine große Party mit bunten Kostümen und Techno-Musik. Die Veranstalter setzen ein Zeichen für die Rechte vom Homo-, Trans- und Bisexuellen und gegen homophobes, rassistisches und neonazistisches Gedankengut. Weil dies in einer Region, in denen Neonazis und Rassisten außergewöhnlich stark in der Gesellschaft verwurzelt sind, alles andere als selbstverständlich ist, wurde dem Verein CSD Pirna e.V. im Jahr 214 der Sächsische Förderpreis für Demokratie verliehen.
Um weiterhin junge Menschen in ihrem Engagement für Vielfalt und gegen Ausgrenzung im gesamten Bundesgebiet unterstützen zu können, brauchen wir Ihre Unterstützung. Vielen Dank für Ihre Spende!
Gefördert im Rahmen der Aktion "Mut gegen rechte Gewalt"