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Zum wiederholten Mal will die NPD am 1. Mai in Greifswald aufmarschieren. Ihr diesjähriges Motto „Unsere Heimat – unsere Arbeit! Fremdarbeiterinvasion stoppen“ reiht sich in ihre polenfeindliche Politik ein. Neben Heilbronn und Bremen ist Greifswald eine der drei Städte im Bundesgebiet in denen Neonazis am diesjährigen 1. Mai demonstrieren wollen. Fünf Wochen im Vorfeld bildet sich erster Protest.
Von Tim Armbruster
Neben Heilbronn (Baden-Württemberg) und Bremen hat die NPD auch im mecklenburgischen Greifswald eine Demonstration angemeldet. 500 Neonazis haben sind laut Anmeldungsunterlagen angekündigt. Als Redner sollen der wegen Volksverhetzung frisch verurteilte Fraktionsvorsitzende Udo Pastörs und das Bindeglied zwischen freien Kameradschaften und NPD Tino Müller auftreten. 10 Jahre nach ihrem letzten Aufmarsch in Greifswald versucht die NPD erneut den „Tag der Arbeit“ als Projektionsfläche für ihre rassistische Hetze zu nutzen.
Greifswald: Einer von drei Aufmärschen am 1. Mai
Nachdem die NPD in den letzten Jahren ein dezentrales Demonstrationskonzept für den 1.Mai verfolgte, soll es dieses Jahr zentrale Demonstration in Bremen, in Heilbronn und in Greifswald geben. Auch wenn die Demonstration in Bremen als zentraler Aufmarsch angekündigt wird, ist die angekündigten 500 Demonstrantinnen und Demonstranten in Greifswald nicht unrealistisch. Vor allem Neonazis aus den ostdeutschen Bundesländern werden erwartet, ihnen ist der Weg nach Bremen zu weit. Zudem erhoffen sie sich einen Aufmarsch wie in Rostock im vergangenen Jahr. Am 1. Mai 2010 konnten die Neonazis unerwartete 600 Anhänger in die Hansestadt mobilisieren. Eine Strassenblockade von Gegendemonstranten konnte einfach umgangen werden.
Wieder nur klassische Fremdenfeindlichkeit
Neben der traditionellen Hetze gegen „kriminelle Ausländer“ konzentrieren sich die Neonazis diesmal auf den neuen Beschluss der Arbeitnehmerfreizügigkeit. Ab dem 1. Mai 2011 dürfen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus den ehemaligen Ostblockstaaten in anderen EU Mitgliedsstaaten ein Arbeitsverhältnis eingehen. Die klassischen Ängste vor einer angeblichen Überfremdung, sinkendem Lohnniveau und sozialem Abstieg werden zu Anknüpfungspunkten für ihre menschenverachtende und antidemokratische Propaganda. Auf die komplexen Probleme der Region und die Ängste der Bevölkerung reagiert die NPD in ihrem Wahlkampf mit verkürzten Forderungen nach „stationären Grenzkontrollen“ und dem „Ausstieg aus dem europäischen Währungssystem“.
Der 1. Mai – eine Wahlkampfveranstaltung?
Ein wichtiger Grund für den Aufmarsch ist die anstehende Landtagswahl im September. Der Wahlkampf der Partei ist in Mecklenburg-Vorpommern eine Mischung aus scheinsozialem Kümmern und offenem Rassismus.
Kinderfeste mit braunen Keksen sind fast schon zur Routine geworden und sollen eine Bürgernähe herstellen. Für den Nachwuchs, die Zukunft Deutschlands, scheint man sich in der mecklenburgischen NPD besonders zu interessieren: Anfang März wurden in Gößlow/Lübtheen Postwurfsendungen mit der Forderung „Todesstrafe für Kinderschänder“ verteilt. Kay Bolick von der Opferberatung LOBBI MV sagt dazu: „Die Forderung ist menschenverachtend und aus fachlicher Sicht völlig kontraproduktiv für die Opfer“
Das Motto der Demonstration „Unsere Heimat – unsere Arbeit! Fremdarbeiterinvasion stoppen“ ist Teil ihres antipolnischen Wahlkampfes. Vergangenen Dezember marschierten Parteianhänger im grenznahen Löcknitz auf, um gegen ausländische LKWs zu protestieren. Dass die Grenzregion um Löcknitz vom Fernverkehr lebt wird dabei völlig ignoriert. Mit den Plakaten „Polen-Invasion stoppen“ aus dem vergangenen Jahr katapultierte sich die NPD auf ein Neues mit rassistischen Slogans in die Öffentlichkeit. Das Plakat wurde nach einem langen Rechtsstreit vom Bundesverfassungsgericht verboten.
Die Redner: Biedermänner und freie Kameradschaften
Die angekündigte NPD-Prominenz Udo Pastörs und Tino Müller sind jedenfalls keine unbeschriebenen Blätter: Pastörs wurde im vergangenen Jahr wegen Volksverhetzung zu 10 Monaten Haft auf Bewährung und 6.000€ Geldstrafe verurteilt. Auf einer NPD Veranstaltung im Jahr 2009 hatte er die BRD als „Judenrepublik“ bezeichnet und türkische Männer als „Samenkanonen“ diffamiert. Der 32-jährige Tino Müller tritt hingegen eher schüchtern und zurückhaltend in der Öffentlichkeit auf. In der ostvorpommerischen Neonaziszene spielt er jedoch eine große Rolle. Dort, wo in manchen Wahlkreisen jede/r Dritte die NPD wählt, ist Müller das Bindeglied zwischen freien Kameradschaften und der Partei. Er gilt als zentrale Figur im „Sozialen und Nationalen Bündnis Pommern“, engagierte sich in der „Heimattreuen Deutschen Jugend“ und ist seit 2006 Vorsitzender des NPD-Kreisverbandes Uecker-Randow.
Greifswald 2001 – Greifswald 2011. Das Übel kehrt zurück.
Juli 2010: Die NPD kündigt einen Aufmarsch durch die ostvorpommerische Kreisstadt Anklam an. Die ortsansässigen Behörden reagieren mit einem Verbot für den Aufmarsch, wie auch für die Gegendemonstrationen. Das Verbot der Gegendemonstration wurde mit einer „Gefahr für die Öffentliche Sicherheit“ durch befürchtete Sitzblocken begründet. Vom Verwaltungsgericht Greifswald wird das Demonstrationsverbot für die Neonazis aufgehoben, die Gegenproteste werden vom Landkreis Ostvorpommern wieder genehmigt. In der Kürze der Zeit (2 Tage bis zum Aufmarsch) konnte jedoch kein Protest mehr organisiert werden. Das Resultat ist, dass 200 Neonazis gänzlich ungestört durch die 14.000 Seelen-Gemeinde marschieren können.
Nur 35 Kilometer weiter liegt Greifswald, eine Stadt in der die NPD bereits vor 10 Jahren marschierte. Hier schaut die Stadt nicht weg wenn Neonazis sich ankündigen, vielseitiger Protest wird derzeit vorbereitet. Beim letzten Aufmarsch 2001 konnte die NPD rund 350 Kameradinnen und Kameraden nach Greifswald mobilisieren, jedoch sammelten sich auch 7.000 Gegendemonstrierende um zu Protestieren. Eine Zahl die für Mecklenburg-Vorpommern eher ungewöhnlich war.
Oberbürgermeister Arthur König (CDU) sieht den Aufmarsch am 1. Mai als eine Provokation und lässt versammlungsrechtliche Schritte prüfen. Darüber hinaus verweist er auf den großen Protest von 2001 und lädt Vereine, Verbände, Initiativen und Einrichtungen ins Rathaus ein, um ein gemeinsames Gegenkonzept zu entwickeln.
Die Stadt Greifswald plant in Kooperation mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) ein Demokratiefest auf dem Markt. Der Oberbürgermeister blickt dem 1. Mai selbstsicher entgegen: „In Greifswald hat sich über Jahre hinweg ein breites demokratisches Bündnis unterschiedlichster Initiativen entwickelt, das es den Rechtsextremen bisher schwer gemacht hat“.
Foto: Wikipedia, Michael Sander, c