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Während alle über „Extremisten“ und „Demokraten“ reden, um über Fördergelder zu entscheiden, droht dem Antidiskriminierungsbüro Sachsen das Aus. Durch Kürzungen der Stadt Leipzig, Abschluss der Finanzierung vom Jobcenter und durch Bundesprogramme fallen vier von sechs Stellen weg. Der zuständige Bürgermeister schweigt.
Von Nora Winter
„Das Büro ist bundesweit zum Vorbild für sinnvolle Arbeit gegen Diskriminierung geworden“, sagt Prof. Dr. Susanne Baer, vom Lehrstuhl Öffentliches Recht und Geschlechterstudien an der Humboldt Universität zu Berlin, die 2010 auch zur Richterin am Bundesverfassungsgericht gewählt worden ist. Baer ist eine von vielen Fürsprecherinnen und –sprechern des Antidiskriminierungsbüros Sachsen (ADB). Seine Existenz ist aber bedroht. Die Stadt Leipzig will 60 Prozent der Zuschüsse für das ADB kürzen. Außerdem fallen die Finanzierungen des Jobcenters und die Unterstützung durch das Modellprojekt „Fair in der KITA“ weg. Damit müssen vier der sechs Stellen gestrichen werden. Im November war das ADB noch für den Sächsischen Förderpreis für Demokratie nominiert. „Wenn nicht mindesten drei bis vier Stellen gerettet werden können, werden wir das ADB schließen müssen“, sagt Sotiria Midelia, nun ehrenamtliche Mitarbeiterin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des ADB. Ehrenamtlich, da die bisherigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nicht mehr finanziert werden können, trotzdem ehrenamtlich weiterarbeiten, um zumindest einen Teil der Struktur aufrecht zu erhalten. Beratungen für Betroffene können momentan nur Donnerstags angeboten werden. Der zuständige Bürgermeister der Stadt will sich zur Situation des ADB zunächst nicht äußern.
Leipzig – „Ort der Vielfalt“?
Die Stadt Leipzig rühmt sich seit 2008 „Ort der Vielfalt“ und eine Stadt der „Weltoffenheit und Internationalität“ zu sein. „Leipzig ist zwar auf einem guten Weg, aber es fehlt ein Konzept, das dem Label ‚Ort der Vielfalt‘ wirklich gerecht wird“, sagt Midelia. „Diskriminierung gibt es auf vielen Ebenen. Sie findet alltäglich statt. Um dem zu begegnen, braucht es tragfähige Strukturen. Und auch andere Vereine und Anlaufstellen sind von Kürzungen bedroht“, so Midelia weiter.
Diskriminierung auf unterschiedlichen Ebenen entgegnen
Seit 2004 ist das ADB zentrale Anlaufstelle für von Diskriminierung Betroffene. Dabei schränkt das ADB seinen Fokus nicht ein, sondern setzt auf allen Ebenen von Diskriminierung an und ist damit bundesweit einzigartig. Bei Benachteiligungen durch rassistische oder ethnische Zuschreibungen, aufgrund des Geschlechts oder der sexuellen Identität, einer Behinderung, des Lebensalters oder der Religion bzw. Weltanschauung können Betroffene sich an das ADB wenden. Dabei verschließt das ADB auch nicht die Augen vor Mehrfachdiskriminierungen. Niemand ist nur Mann oder Frau, nur Schwarz oder weiß. Um Diskriminierung auf verschiedenen Ebenen zu bekämpfen, berät und unterstützt das ADB nicht nur Betroffene, sondern schult auch Behörden oder Unternehmen und leistet Aufklärungsarbeit.
Noch nichts entschieden
Das Sozialamt der Stadt Leipzig, das bisher die Förderung des ADB ausgereicht hat, beruft sich auf den Vorschlagscharakter der 60 prozentigen Kürzung. Die letztendliche Entscheidung komme dem Stadtrat zu. Außerdem sei das Antidiskriminierungsgesetz Bundesrecht und ebenso die Länder haben ein Interesse an seiner Umsetzung. Dem stimmt auch das ADB zu: „Wir wollen, dass auch der Bund und das Land Sachsen Verantwortung übernimmt“, so Midelia. „Aber mit einer Kürzung durch die Stadt auf 18.000 Euro für das Jahr 2011 ist unsere bisherige Arbeit nicht mehr möglich“, sagt Midelia. Während also über „Extremismus jeglicher Coleur“ geredet wird und Demokratieerklärungen unterschrieben werden sollen, droht einer Einrichtung, die sich umfassend gegen Diskriminierung einsetzt, das Aus.
Foto: E-Cards für das ADB. Betty Pabst, c