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Ein Projekt des Magazins stern und der Amadeu Antonio Stiftung
Bürger Courage aus Dresden erhalten Sächsischen Förderpreis für Demokratie. AKuBiZ aus Pirna lehnen Ehrung aufgrund der Extremismus-Klausel ab. Projekte sollten erklären, dass ihre Projektpartner sich zum Grundgesetz verpflichten.
Von Robert Fähmel
Der Preisträger Bürger.Courage e.V. aus Dresden ist eine ehrenamtlich und überparteilich arbeitende Bürgerinitiative für Demokratie. Ihr Ziel ist es, vor allem auch die „bürgerliche Mitte“ zu sensibilisieren und zu mobilisieren. Mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen versucht das Bündnis, die Dresdner Bürger immer wieder aufzurütteln und zum Nachdenken anzuregen. Dabei sucht der Verein immer wieder nach Einzelpersonen, städtischen Akteuren oder Unternehmen für Engagement für Demokratie und gegen Rechts. Vor 200 geladenen Gästen in der Dresdener Frauenkirche würdigte Laudatorin Gesine Schwan, Präsidentin der School of Governance und ehemalige Präsidentschaftskandidatin, das vielfältige Engagement der verschiedenen Preisträger. Insbesondere das Bemühen von Bürger Courage, für das Problem von Rassismus in der „Mitte der Gesellschaft“ zu sensibilisieren und diese zu Aktionen gegen Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung zu mobilisieren stellte Schwan als ehrungswürdig heraus. Hierfür erhielt der Verein aus Dresden den mit 10.000 Euro dotierten Sonderpreis des Ministerpräsidenten.
Klausel keine Grundlage für erfolgreiche Demokratiearbeit
Den ebenfalls mit 10.000 Euro dotierten Preis von Amadeu Antonio Stiftung, Freudenberg Stiftung, Kulturstiftung Dresden der Dresdner Bank und Stiftung Frauenkirche Dresden lehnte der vorgesehene Preisträger AKuBiZ e.V. aus Pirna ab. Auslöser für diese Entscheidung war die geforderte Unterzeichnung einer Extremismus-Klausel. Die für den Förderpreis nominierten Projekte sollten im Rahmen ihrer Möglichkeiten und auf eigene Verantwortung „dafür Sorge (zu) tragen, dass die als Partner ausgewählten Organisationen, Referenten etc. sich ebenfalls zu den Zielen des Grundgesetzes verpflichten.“ Als mögliche Informationsquelle gab das Innenministerium, welches die Unterzeichnung der Klausel forderte beispielsweise den jährlichen Verfassungsschutzbericht und Behördenkontakte an.
In einer Erklärung zur Ablehnung des Preises durch das AKuBiZ heißt es dazu: „Praktisch bedeutet dies, dass wir gezwungen werden zu all unseren Partner_innen [..] Anfragen bei den genannten Institutionen zu stellen. Eine solche Regelanfrage würde zur permanenten gegenseitigen Überprüfung führen und somit die Vertrauensgrundlage für unsere bisher erfolgreiche Demokratiearbeit in Frage stellen.“
„Aus dem Selbstverständnis und den Zielen unseres Vereins ergibt sich zwangsläufig, dass wir ausschließlich mit Kooperationspartner_innen zusammenarbeiten, die sich den Menschenrechten und humanistischen Grundsätzen verpflichtet fühlen.“ führt das AKuBiZ aus. Der Verein betont, dass „Initiativen sich mutig und vor Ort für den Schutz und die Etablierung demokratischer Normen und Werte ein(setzen)“ und berichtete von einem Brandanschlag auf das Auto eines Mitarbeiters durch Neonazis. In diesem Zusammenhang könne man nicht verstehen, warum nichtstaatliche Initiativen unter Generalverdacht gestellt werden. Inhaltlich unterstützt wurde der Verein durch Gesine Schwan, die in Reaktion auf die Kritik von Regierungssprecher Johann-Adolf Cohausz, der eine fehlende Geschäftsordnung des Sächsischen Förderpreis kritisierte, den Extremismus-Ansatz kritisch beleuchtete. Sie selbst sei eine streitbare Antikommunistin, müsse jedoch inzwischen einräumen, dass der Radikalenerlass, den sie selbst seinerzeit befürwortete, nicht sinnvoll sei, weil damit Menschen ohne geschlossenes Gedankengebäude in eine Ecke gedrängt werden. Demokratie brauche Vertrauen, man dürfe daher nicht mit Unterstellungen arbeiten, betonte Schwan.
Reaktion des AKuBiZ bestätigt Jury-Entscheidung
Beim Entschluss, die Auszeichnung nicht anzunehmen, wussten die Projektmitglieder noch nicht, dass sie mit dem Hauptpreis ausgezeichnet werden sollten. Zwar unterschrieben sie die geforderte Extremismus-Klausel, entschieden sich jedoch kurz vorher, davon zurückzutreten. Schon am Eingang zur Frauenkirche verteilten sie Flyer an die Gäste, in denen sie ihre Entscheidung zur Ablehnung des Preises begründeten. Auf einer gesonderten Pressekonferenz fernab der offiziellen Feierlichkeiten zum Sächsischen Förderpreis verteidigte das AKuBiZ seine Entscheidung. Auch andere nominierte Initiativen kritisierten schon im Vorfeld der Preisverleihung die geforderte Erklärung. „Mit unserer Arbeit wollen wir [..] menschenfeindlichen Einstellungen [..] in allen gesellschaftlichen Bereichen entgegenwirken“ heißt es in einer Erklärung des Antidiskriminierungsbüros Sachsen. „Wir halten den Extremismusansatz deshalb nicht für ein geeignetes Mittel gegen Diskriminierung. Er delegiert gesamtgesellschaftliche Probleme an „extreme“ Ränder und versperrt dadurch die Sicht auf weitverbreitete diskriminierende Einstellungen [..] .“
Die Amadeu Antonio Stiftung bedauert die Ablehnung des Hauptpreises durch das AKuBiZ, weil die Jury das Projekt explizit wegen seiner guten und ehrungswürdigen Arbeit ausgesucht hat. „Wir können die Entscheidung des AKuBiZ gut nachvollziehen“, so Anetta Kahane, Vorsitzende des Vorstands der Amadeu Antonio Stiftung. „Wir haben im Vorfeld einen langen Kampf geführt, dass der Förderpreis überhaupt stattfinden kann.“ Im Nachgang der Jury-Sitzung habe es Diskussionen gegeben, in deren Konsequenz die Stiftung beinahe vom Förderpreis zurückgetreten wäre. Als Konsequenz der Diskussionen entschied sich das Innenministerium, die Extremismus-Klausel von den Projekten unterschreiben zu lassen. „Wir hätten dagegen Einspruch erheben sollen, aber der Zeitdruck und die Aufregung um die Diskussion waren zu groß. Die Stiftungen wurden für die Extremismus-Klausel instrumentalisiert.“, so Kahane weiter. Dabei liegt das Problem nicht in dem Bekenntnis zur Freiheitlichen Demokratischen Grundordnung, das ohne Weiteres unterzeichnet werden kann. Problematisch ist vielmehr die Überprüfung der Gesinnung von potentiellen Projektpartnern. „Die Reaktion des AKuBiZ zeigt, dass wir genau den richtigen Preisträger ausgewählt haben.“
Erklärung zur Ablehnung des Förderpreis durch AKuBiZ e.V.
Foto: Trey Ratcliff via flickr, cc