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Auftakt der Aktionswochen gegen Antisemitismus


Mit einer Pressekonferenz wurden heute die Aktionswochen gegen Antisemitismus der Amadeu Antonio Stiftung eröffnet. Mit mehr als 60 Projektpartnern und 170 Veranstaltungen handelt es sich um die bundesweit größte Kampagne gegen Antisemitismus. Schwerpunkt ist das Thema Israelfeindschaft.


Von Robert Fähmel und Christian Müller

In diesem November finden bereits zum siebten Mal die Aktionswochen gegen Antisemitismus, die mit 170 Veranstaltungen bundesweit größte Kampagne gegen Antisemitismus, statt. Ziel der Veranstaltungsreihe ist es, die Diskussionen über aktuellen und historischen Antisemitismus anzuregen. „Als wir vor sieben Jahren die ersten Aktionswochen gegen Antisemitismus veranstalteten, geschah dies, weil wir den Eindruck hatten, dass Erinnerungskultur und die Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus zunehmend in den Hintergrund geriet“, erläuterte Anetta Kahane, Vorsitzende des Vorstands der Amadeu Antonio Stiftung, zu Beginn der Pressekonferenz. „20 Jahre nach dem Mauerfall ist es nun wichtig, den aktuellen Antisemitismus in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken.“

„Antisemitismus hat über die Jahrhunderte die Kleider gewechselt. Heute ist Israelkritik oftmals das Trägermaterial für eigentlichen Antisemitismus“, erklärte Stephan Kramer, Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland. Aus diesem Grund gibt es in diesem Jahr erstmals einen inhaltlichen Schwerpunkt – Israelfeindschaft. Bei der Israelfeindschaft werden antisemitische Einstellungen als legitime Kritik am Staate Israel getarnt, so z.B. Vergleiche der aktuellen israelischen Politik mit dem Nationalsozialismus.

Antisemitismus nicht nur im rechten Spektrum verbreitet

„Nach wie vor herrscht eine antijüdische, antiisraelische Grundstimmung“, bestätigte auch Steffen Richter vom Alternativen Kultur- und Bildungszentrum e.V. in Pirna. Längst ist Antisemitismus kein Phänomen mehr, das sich nur auf Rechtsradikale beschränkt. Auch in der bürgerlichen Mitte und im linken Spektrum ist er etabliert. Zunehmend generiert er sich dabei aus einem erneuerten Antiimperialismus mit dem Feindbild Israels als dem verlängerten Arm der USA. Antisemitismus in muslimischen Milieus wurde in diesem Kontext lange akzeptiert und Israelfeindschaft in der Einwanderungsgesellschaft somit ebenso zu einem Problem wie in der Mehrheitsgesellschaft.

Im weiteren Verlauf der Pressekonferenz spielten die Nachwehen der Sarrazin-Debatte eine große Rolle. Cem Özdemir, Bundesvorsitzender der Grünen, erklärte in diesem Zusammenhang: „Etwas hält Einzug, was in höchstem Maße beunruhigend ist. Die Menschen, ihre Herkunft und ihre vermeintliche Religion werden in einen Topf geworfen und zu einer gefährlichen Masse verrührt. Das ist ein Rückfall in die integrationspolitische Steinzeit.“

Sarrazin-Debatte vor allem Debatte um Rassismus


Während deutsche Politiker eine jüdisch-christliche Leitkultur beschwören, werden Menschen mit islamischem Hintergrund auf ihre vermeintlich gemeinsame Religion reduziert und als homogene Einheit abgestempelt. Am Ende kommt ein verklärtes Bild des Islam heraus, in dessen Ergebnis sich Muslime als vermeintliche Frauenhasser oder Terroristen rechtfertigen müssen. Anetta Kahane erklärte dazu: „Eine Mehrheitsgesellschaft, die Minderheiten derart nötigt, kann kaum als offen, liberal und am Grundgesetz werteorientiert bezeichnet werden. Zwar werde die Sarrazin-Debatte unter dem Label 'Islam' geführt, doch gehe es nicht nur um den Islam, sondern um sichtbare Minderheiten - weshalb es vor allem eine Debatte um Rassismus sei. Und diese betrifft alle Minderheiten.

Allerdings dürfe die Tatsache, dass Antisemitismus auch im muslimischen Milieu verbreitet ist, Menschen, die sich gegen Rassismus einsetzen, nicht entzweien, betonte Anetta Kahane. Das eigene Urteilsvermögen dürfe dadurch nicht beeinträchtigt und die entschlossene Haltung gegen Rassismus gegenüber Muslimen und allen anderen Migrantinnen und Migranten nicht aufgeweicht werden.
 

Aktionswochen gegen Antisemitismus