Sie sind hier

Wenn Neonazis zündeln - Brandanschläge in Sachsen


In den letzten Monaten häuft sich in Sachsen die Zahl der Brandanschläge. Diese richten sich insbesondere gegen linke Einrichtungen sowie Wohnorte und Geschäfte von Migrant_innen. Die Täter_innen kommen höchstwahrscheinlich aus der rechten Szene und ihre Aktionen passen zur Einschüchterungs-Strategie der Neonazis, gegen unliebige Personen gewaltsam vorzugehen. Ermittlungsergebnisse liegen in den meisten Fällen nicht vor, obwohl vielfach Menschenleben gefährdet worden sind.


So auch am 26. Dezember 2009, als ein Wohnhaus in Klingenhain (Landkreis Nordsachsen) in Brand gesteckt wurde. Die Bewohner_innen gehören zu einer Sinti-Familie. Das Feuer zerstörte einen benachbarten Caravan-Handel und damit den Lebensunterhalt der Familie. Ähnliches trug sich im November in Dresden zu, wo eine neu eröffnete Autovermietung ausgebrannt ist. Unbekannte hatten einen Molotow-Cocktail durch eine Fensterscheibe geschmettert, auf der Werbung in arabischer Sprache zu lesen war.

Eine rassistische Motivation liegt im Falle eines angefackelten Döner-Imbisses in Zschopau ebenfalls nahe. Am 14. Februar wurde die Fassade mit einem Molotow-Cocktail beworfen, das Geschäft liegt im Erdgeschoss eines Wohnhauses. Einem Döner-Imbiss galt ein ähnlicher Anschlag am 24. Juni in Eilenburg. Hier hatten Unbekannte im Anschluss an das Fußball-WM-Spiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Ghana Feuer gelegt. Der Imbisswagen ist vollständig ausgebrannt und damit die Lebensgrundlage des Inhabers, der aus Tunesien stammt, zerstört worden. Schon vor zwei Jahren hatten Unbekannte versucht, den Imbiss anzuzünden.
Am 26. und 29. Juli dieses Jahres waren in Freiberg ein indisches und ein türkisches Restaurant von vergleichbaren Taten betroffen. Außerdem ist ein Asia-Imbisswagen am 29. Juli in Eilenburg wiederum von einem Feuer vollständig zerstört worden. Mit demselben Resultat endete ein Brandanschlag auf einen vietnamesischen Imbisswagen in Brandis am 5. September.
Ein weiterer Brandanschlag galt am 29. August 2010 dem Begräbnishaus des Neuen Jüdischen Friedhofs in Dresden-Johannstadt.

Die Ursachen einiger Brände in Asylbewerber_innen-Heimen liegen noch im Dunkeln: 1. November 2009 brannte es in Zwickau, am 23. November in Schneeberg und zuletzt, am 26. Februar 2010, in Oppach (Landkreis Görlitz). Dort war in einem Abstellraum Feuer ausgebrochen. Seitdem ist das Heim geschlossen, da unbewohnbar. Bereits am 13. September 2009 waren Molotow-Cocktails auf dieses Asylbewerber_innen-Heim geworfen worden.
Einige der verübten Brandanschläge galten offenbar auch politischen Gegner_innen. Schon am 22. Oktober 2009 detonierte ein Spezial-Feuerwerkskörper, der nicht frei verkäuflich ist, im soziokulturellen Zentrum in Mügeln. In einem anderen Fall ergibt sich das Tatmotiv wohl aus der zeitlichen Nähe zum alljährlichen Naziaufmarsch in der Landeshauptstadt: In der Nacht zum 13. Februar wurde eine brennende Spraydose auf das Gelände des Vereins „Roter Baum“ in Dresden-Pieschen geworfen, wo sie explodierte.

Wenige Tage später, am 18. Februar, wurde das Auto eines Linke-Politikers in Pirna angezündet. Zuvor war ein bekannter Dresdner Neonazis-Aktivist beobachtet worden, wie er das Auto fotografiert und des Wohnort des Besitzers ausgekundschaftet hat.
Den Aktivitäten linker Organisationen galt auch eine Brandstiftung im Eingangsbereich des Vereins „Roter Weg“ in Freiberg am 20. März. Das Feuer griff allerdings nicht auf ein angrenzendes Gebäude über, in dem ein Linke-Büro und die Redaktion einer Zeitschrift untergebracht sind.
Weiter ging die Anschlagsserie in Döbeln, wo in der Nacht vom 14. zum 15. Juli drei Autos von Mitarbeiter_innen und regelmäßigen Besucher_innen des soziokulturellen Vereins „Treibhaus Döbeln“ abgebrannt sind. Einer der Betroffenen wurde kurz vor dem Anschlag von einem Neonazi bedroht, dass man sein Auto anzünden werde. Erneut brannte es in Döbeln am 26. August, weil Unbekannte ein Transparent an der Hausfassade des Treibhaus-Vereins angekokelt hatten.

Explizit gegen linke Wohnprojekte richteten sich zwei Anschläge am 19. und 24. August. Zunächst traf es das Wohnprojekt „Praxis“ in Dresden-Löbtau. Einige Tage zuvor war dort ein Fenster mit einer Mülltonne eingeworfen worden. Kurz darauf wurde mittels Molotow-Cocktails ein Brandanschlag auf das antirassistische Wohnprojekt Robert-Matzke-Straße 16 in Dresden-Pieschen verübt. Schon seit einigen Monaten kursieren Nazi-Aufkleber, auf denen dazu aufgerufen wird, das Haus anzugreifen.
Ausnahmen sind all diese Taten nicht – und es hat sie auch in Leipzig schon gegeben. In der Nacht vom 23. zum 24. November 2008 wurde mittels Brandbeschleuniger ein Feuer im soziokulturellen Zentrum KOMM-Haus in Leipzig-Grünau gelegt. Einen Tag zuvor wurden am Gebäude Scheiben eingeschlagen und Nazi-Aufkleber angebracht. Ermittlungsergebnisse: keine. Die Verfahren gegen vier Nazis, die am 20. April 2008 einen Molotow-Cocktail auf ein Lokal in Leipzig-Connewitz geworfen hatten, wurden mittlerweile ganz eingestellt.

Zuerst erschienen bei Chronik.LE.
Foto: tbee via
flickr, cc
 

Falsch verbunden!