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NPD träumt von der Achse Dresden-Magdeburg-Schwerin


Das Jahr 2011 könnte das Ende von Schwarz-Gelb in Berlin einläuten – und die anstehenden Wahlen sind auch für die NPD richtungsweisend. In Sachsen-Anhalt will die Neonazi-Partei den Einzug in den Landtag erreichen, in Mecklenburg-Vorpommern erneut ins Schweriner Schloss einziehen. Scheitert die Neonazi-Partei in den beiden Ländern, dürfte sie vorerst in der Bedeutungslosigkeit versinken. Ist die NPD erfolgreich, könnte sie sich konsolidieren und eine Sogwirkung im extrem rechten Milieu entwickeln. Der zweite Teil der Übersicht zu den Wahlen im kommenden Jahr.


Von Patrick Gensing, auch erschienen auf npd-blog.info

Am 22. Mai 2011 findet nach den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz die vierte Abstimmung auf Landesebene statt. In der Hansestadt Bremen sind kleine bis größere Erfolge von rechtsextremen Parteien keine Seltenheit gewesen, diese profitierten von einer Besonderheit im hiesigen Wahlgesetz. 2007 hatte die DVU in dem Stadtstaat kandidiert – und 2,7 Prozent der Stimmen geholt, was der siechenden Partei noch einen Sitz einbrachte. Doch Siegfried Tittmann verließ noch 2007 die DVU und sitzt seitdem als parteiloser in der Bürgerschaft. Inwieweit die rechtsextremen Parteien in Bremen punkten können oder ob eine rechtspopulistische Partei wie die putzigen „Bürger in Wut“ möglicherweise von den aktuellen, vor Ressentiments strotzenden Debatten gegen Migranten und Arme profitieren können, lässt sich kaum abschätzen. Auf jeden Fall spielt der Landesverband der NPD keine nennenswerte Rolle – und die Neonazi-Partei will sich auf Sachsen-Anhalt konzentrieren.

Ganz wichtig wird es dann für die NPD im dritten Quartal 2011. Bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus in Berlin dürfte es für die Neonazis nichts zu holen geben: Der Zustand des Landesverbandes gilt bereits seit geraumer Zeit als desaströs. Legendäre Schlammschlachten, zahlreiche Abgänge sowie eine enge Verzahnung mit der militanten Neonazi-Szene prägten die vergangenen Monate und Jahre. Hier kann die Partei nur auf einen Überraschungserfolg hoffen, rechtsradikale Wähler dürften allerdings eher bei einer bürgerlichen Rechtspartei ihr Kreuz machen.

In Mecklenburg-Vorpommern laufen hingegen die Planungen bei der NPD für die Landtagswahl im September 2011 auf Hochtouren. Denn Mecklenburg-Vorpommern ist neben Sachsen die Modellregion der Neonazis. Bei der Landtagswahl 2006 erhielt die NPD 7,3 Prozent der Stimmen und damit sechs Sitze im Schweriner Landtag. Seitdem können Udo Pastörs und seine Fraktion ganz offiziell ihre rassistische und antisemitische Hetze betreiben. Militante Kameradschaften setzten dabei den Kampf um die Parlamente auf der Straße mit äußerster Brutalität fort, die Präsenz der NPD im Landtag verstehen sie als Ermutigung. Dass die NPD-Strategie der kommunalen Verankerung funktioniert, zeigte sich erneut bei der Kommunalwahl im Juni 2009.

Besonders in den östlichen Gebieten (Uecker-Randow-Kreis, Ostvorpommern) erreichte die neonazistische Partei mehrfach Wahlergebnisse von mehr als 20 Prozent. Gerade Jungwähler geben in Mecklenburg-Vorpommern vermehrt der NPD ihre Stimme. Die regionale Arbeit der NPD profitiert von den Ressourcen, die der Partei durch den Landtagseinzug zur Verfügung stehen und die sie an die Szene weitergibt.

Die NPD baut gezielt Medienangebote auf, arbeitet eng mit regionalen Neonazi-Strukturen zusammen, bzw. ist aus diesen erst entstanden. Obwohl die Partei laut einer Umfrage beispielsweise in Anklam von 34 Prozent der Bürger als normale Partei angesehen wird und hier ungestört marschieren kann, regt sich auch breiter Widerstand gegen die NPD.

Mit der Kampagne „Kein Ort für Neonazis“ wollen Bürgerinnen und Bürger, zivilgesellschaftliche Initiativen und vor allem Jugendliche in Mecklenburg-Vorpommern den Wiedereinzug der NPD in den Schweriner Landtag verhindern. Ziel der Kampagne ist es im Rahmen einer größeren Bewegung aller demokratischen Kräfte die weitere Verankerung der rechtsextremen Szene in Mecklenburg-Vorpommern dauerhaft zu verhindern. Dazu wird auch die bundesweite Unterstützung aller demokratischen Parteien und weiterer zivilgesellschaftlicher Organisationen notwendig sein. Denn die Fraktionen in den Landtagen von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern sind für die Neonazi-Strukturen von elementarer Bedeutung. Hier können Kader beruflich Neonazi sein, es fließen beträchtliche Summen aus den öffentlichen Kassen in die Neonazi-Infrastruktur. Durch eine höhere Wahlbeteiligung und Widerstand gegen die Neonazis könnte der erneute Einzug verhindert werden.

Nord-Süd-Gefälle in Sachsen-Anhalt

Dies muss auch das Ziel für Sachsen-Anhalt sein, wobei hier das Abschneiden besonders schwer abzuschätzen ist: eine geringe Wahlbeteiligung sowie schwach ausgeprägte Parteienbindungen machen eine seriöse Prognose schwierig. Der Wissenschaftler Thomas Weber von der Hochschule Magdeburg-Stendal, der für die wertvolle Langzeitstudie „Die NPD in den Kommunalparlamenten von Sachsen-Anhalt“ mitverantwortlich ist, sagte auf Anfrage des Autors zu den Erfolgsaussichten der NPD: „Vor dem Hintergrund der schwachen Ergebnisse bei den letzten Kommunal- und Bundestagswahlen (etwa zwei Prozent) hege ich die Hoffnung, dass die Partei es nicht schafft.“ Auch spreche ihre organisatorische Verfasstheit dagegen, so präge weiterhin ein starkes Süd-Nord-Gefälle den NPD-Landesverband. Einen breiten gesellschaftlichen Widerstand gegen die NPD könne Weber derzeit allerdings auch nicht erkennen. Keine der demokratischen Parteien habe bisher auch nur angefragt, um über die Ergebnisse der erwähnten Studie und mögliche Konsequenzen daraus zu diskutieren. Bemerkenswert – und nach einem möglichen Einzug der NPD ist das Gejammere und der Aktionismus groß.

Die NPD selbst geht allerdings bereits fest davon aus, dass die von JN-Kadern geprägte Landesliste den Sprung in den Landtag schafft. Zudem hofft die Partei auf öffentliche Aufmerksamkeit, beispielsweise durch den Siebten auf der Landesliste, Lutz Battke – bekannt als Kaminkehrer und Jugendfußballtrainer. Entscheidend werde sein, so der Wissenschaftler Weber, ob die NPD Nichtwähler mobilisieren könne.

Nach den Wahlen in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern wird die NPD entweder fast flächendeckend in Ostdeutschland in Landtagen vertreten sein, eine Achse Dresden-Magdeburg-Schwerin aufbauen können – oder die Neonazi-Partei stagniert – und Sachsen sowie Mecklenburg-Vorpommern bleiben ihre Modellregionen. Sollte die NPD aber weder in Sachsen-Anhalt noch in Mecklenburg-Vorpommern in den Landtag einziehen, wird die Neonazi-Szene nachhaltig geschwächt, Konflikte in der Szene brechen erneut auf – und der organisierte Rechtsextremismus könnte auch im Nordosten zurückgedrängt werden. Für dieses Ziel bedarf es aber einer breiten Mobilisierung der demokratischen Kräfte – um die Hegemoniebestrebungen von Neonazis in einigen Regionen sowie den Einfluss der NPD zurückzudrängen, damit der braune Spuk auch hier ein Ende hat und sich eine bunte, tolerante und demokratische Gesellschaft entwickeln kann.

Foto: Udo Voigt am 18. September 2010 in Berlin
 

Die NPD träumt - Teil 1