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Geht das Licht aus?

 

2009 verkündete die Familienministerin Schröder, dass sie die bestehenden Bundesprogramme gegen Rechtsextremismus auf Linksextremismus und islamistischen Terrorismus ausweiten will. Der Haushaltsentwurf sichert zwar die bisherigen Gelder zu, bringt aber auch Probleme mit sich.

Von Robert Fähmel

„Gewalttätige und extremistische Formen der politischen Auseinandersetzung nehmen wir nicht hin. Extremismen jeder Art, seien es Links- oder Rechtsextremismus, Antisemitismus oder Islamismus, treten wir entschlossen entgegen.“ Die einleitende Passage zur Extremismusbekämpfung im Koalitionsvertrag zwischen CDU und FDP liest sich wie ein entschlossener Schritt für die Sicherung einer demokratischen Kultur in Deutschland. Doch ein genaueres Hinschauen offenbart die dahinterstehende Absicht und die damit verbundenen Probleme. So heißt es im Koalitionsvertrag weiterhin: „Die Aufgabenfelder des Fonds für Opfer rechtsextremistischer Gewalt sowie des Bündnisses für Demokratie und Toleranz sollen auf jede Form extremistischer Gewalt ausgeweitet werden.“

Mittelzusicherung ist Lippenbekenntnis

Das Konzept der Bundesregierung sieht demnach vor, die Zuständigkeit der bisher auf Rechtsextremismus fokussierten Bundesprogramme „Vielfalt tut gut“ und „Kompetent für Demokratie“ auf jegliche Form des Extremismus auszudehnen. Die Regierung sichert zu, dass das bisherige Budget von insgesamt 24 Millionen Euro weiterhin zur Bekämpfung von Rechtsextremismus zur Verfügung steht. Die Mittel für alle anderen Extremismusformen sollen demnach aus einem separaten Budget bereitgestellt werden. Dass es sich hierbei nur um Lippenbekenntnisse handeln kann, zeigt die Absicht der Koalition, die Programme unter einem gemeinsamen Haushaltstitel laufen zu lassen.

Das neue Programm „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ ersetzt die Ende 2010 auslaufenden Programme und soll dann Projekte gegen jeglichen Extremismus fördern. Zwar soll die bisherige Fördersumme für die Bekämpfung von Rechtsextremismus erhalten bleiben, doch gleichzeitig werden die Aufgabenbereiche vergrößert. Hinzu kommt, dass bereits bestehende Projekte zum Teil nicht ausfinanziert sind – auch weil die Länder ihren Verpflichtungen zur Kofinanzierung oft nicht nachkommen können. Infolgedessen ist die Fortführung mehrerer Projekte bereits ab Oktober 2010 gefährdet. Dabei ist es essentiell für eine langfristig wirksame Präventionsarbeit, dass erfolgreich erprobte Konzepte fortgeführt und zum Laufzeitende in Regelstrukturen übernommen werden. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Demokratieentwicklung (BAGD), ein Bündnis verschiedener zivilgesellschaftlicher Akteure, fordert daher eine Verlängerung der Laufzeit der Modellprojekte auf 5 Jahre, um zukunftsfähige Konzepte nachhaltiger zu verfolgen.

Die alte Leier vom Extremismus

Auch die Einrichtung zweier Finanztöpfe kann nicht über das eigentliche Problem hinwegtäuschen, dass das Konzept der Bundesregierung auf einer fragwürdigen Gleichsetzung von Links- und Rechtsextremismus beruht. Seit geraumer Zeit kritisieren Opposition und zivilgesellschaftliche Akteure die von der Bundesregierung geführte Extremismusdebatte. „Durch die Extremismusverwirrungen von Ministerin Schröder wird Menschenfeindlichkeit in der „Mitte der Gesellschaft“ verharmlost und linke, antifaschistische Initiativen werden diskreditiert und kriminalisiert“, beklagt der Grünen-Abgeordnete Sven-Christian Kindler. Daher muss auch die Wirksamkeit von Programmen infrage gestellt werden, die zwei Extremismusphänomenen mit völlig unterschiedlichen Grundideen und Handlungsmustern mit gleichen Mitteln begegnen wollen. „Eine nachhaltige und durchgreifende Präventionsstrategie gegen Alltagsdiskriminierung wie auch gegen gewaltförmige Übergriffe kommt viel besser ohne den Extremismusansatz aus“, so Kindler.

Auch wenn die ursprünglich angedachte Prüfung von Projektträgern durch den Verfassungsschutz inzwischen vom Tisch ist, gefährdet die Gleichsetzungslogik der Bundesregierung dennoch die Fortführung bereits etablierter Projekte. So gibt es bereits zahlreiche Projekte, die neben einer deutlichen Fokussierung gegen Rechtsextremismus auch demokratische Teilhabe und ziviles Engagement fördern. Gerade solche Projekte müssen in Zukunft stärker gefördert und unterstützt werden, anstatt sie unter Generalverdacht zu stellen, weil sie sich nicht gegen einen diffus definierten Extremismus wenden.

Menschenfeindlichkeit kein Problem von extremistischen Rändern

Zwar sind Rassismus, Antisemitismus und andere Formen der Menschenfeindlichkeit Standardrepertoire der Neonazis, doch alltägliche Diskriminierung ist nach wie vor ein Problem, das in der ganzen Gesellschaft vorkommt und nicht auf irgendwelche Ränder abgeschoben werden kann. Eben diese Tatsache wird durch das Bundesprogramm aber vernachlässigt. Die BAGD fordert daher die Thematisierung aller „Phänomenbereiche der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit und Demokratiefeindlichkeit“ durch das Bundesprogramm. Die Fokussierung der politischen Bildung „gegen Extremismus“ könne als „konzeptionelle Bankrotterklärung jeglicher politischer Bildungsarbeit“ bewertet werden.

Doch auch die Modellprojekte, die sich gezielt um alle Formen der Demokratiefeindlichkeit kümmern, werden zahlenmäßig um die Hälfte reduziert. Darüber hinaus müssen die bewährten Lokalen Aktionspläne (LAP) mit einer Mittelkürzung von 50 Prozent rechnen. Die kommunal aktiven LAP haben sich als bewährtes Mittel zur Einbeziehung lokaler Akteure erwiesen und müssen daher vom Bund langfristig finanziell abgesichert werden. Angesichts der vom Bund angestrebten Finanzierung bleibt diese Absicherung jedoch ungewiss.
Gerd Wiegel von der Fraktion Die.Linke: „Die angestrebte Finanzierung der Beratungsnetzwerke nach dem Gießkannenprinzip (je 250.000 Euro pro Jahr für jedes Bundesland) bedeutet für zahlreiche Beratungsnetzwerke, vor allem im Osten, dass sie Personal kürzen müssen, denn aus diesen Bundesmitteln müssen im Osten Mobile Beratung und Opferberatung finanziert werden und es ist völlig unklar, in welchem Maße die Länder kofinanzieren.“

Bundesprogramm verkennt Realität

„Wir fordern die Bundesregierung auf, endlich die Realitäten zur Kenntnis zu nehmen“, mahnt auch Monika Lazar von den Grünen. „Wir halten es für nicht vertretbar, dass Mittel für erfolgreiche Modellprojekte und die bewährten Lokalen Aktionspläne zugunsten ideologisch verblendeter, unausgegorener Maßnahmen gekürzt und somit die in den letzten Jahren gewachsenen Strukturen in der Bekämpfung des Rechtsextremismus geschwächt werden“, so Lazar mit Bezug auf die Forderungen aus dem Positionspapier des BAGD.

Weiterhin bemängelt Monika Lazar, dass die Bundestagsabgeordneten seitens der Bundesregierung nur unzureichend über die Ausgestaltung des künftigen Bundesprogramms informiert würden. „Auf diese Weise wird jede konstruktive Kritik am Programm bereits im Keim erstickt, Opposition und Zivilgesellschaft sollen offenbar vor vollendete Tatsachen gestellt werden.“
In den nächsten Tagen werden die Oppositionsfraktionen ihre jeweiligen Vorstellungen eines sinnvollen, zivilgesellschaftlich orientierten Bundesprogramms im Parlament zur Debatte stellen. Auch die zivilgesellschaftlichen Bündnisse werden weiterhin ihre aus der langjährigen Praxis entstandenen Positionen in die Diskussion einbringen. Sollte die Bundesregierung jedoch nicht bald von ihrem starren Kurs abkommen, wird wohl bereits ab Oktober 2010 bei einigen Projekten das Licht ausgehen.


Foto: Chamäleon, via flickr, cc

Schwächt neues Bundesprogramm den Kampf gegen Rechtsextremismus?
 

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