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Die fünf absurdesten Vorurteile gegen Flüchtlinge - stimmen sie?

Im Facebook-Profil von Til Schweiger wurde heftig gestritten, nachdem er zur Hilfe für Flüchtlinge aufrief. Viele Kommentare enthielten gängige Vorurteile. Der stern hat sie genauer unter die Lupe genommen. 

Von Matthias Jauch und Beke Detlefsen

Die Resonanz war enorm: Nachdem Til Schweiger auf Facebook seine Fans auf eine Hilfsaktion für Flüchtlinge aufmerksam machte, entlud sich der Hass gegen Asylanten und Einwanderer auf seiner öffentlichen Seite im Netzwerk. "Meine Bitte an Hamburg: Alle mitmachen!!!", schrieb Schweiger am Samstagnachmittag. Kurz darauf erhielt er die ersten ausländerfeindlichen Sprüche und Klischee-Antworten: "Flüchtling ist eben nicht gleich Flüchtling und das Boot ist nunmal auch irgendwann voll", schreibt ein User. "Lieber tief im braunen Sumpf als stehengeblieben im gutmenschenmorast", schreibt ein anderer, als die Debatte auf der Seite schon wild entbrannt ist.

Es sind die gängigen Sätze, die man seit Monaten in den sozialen Netzwerken lesen kann, sobald es um Flüchtlinge geht. Viele Posts sind rassistisch. Noch viel mehr Kommentare werfen mit Vorurteilen zu Ausländern nur so um sich, die keiner ernsthaften Überprüfung mit Fakten standhalten. Mit der Realität von Flüchtlingen und Einwanderern insgesamt haben die Vorurteile wenig zu tun. 

Vorurteil 1: "Flüchtlinge und Einwanderer wollen nur nach Deutschland"

Das Boot sei nun mal irgendwann voll, schreiben einige Nutzer auf der Schweiger-Seite. Tatsächlich nimmt Deutschland in Europa die meisten Asylanträge entgegen. Im Jahr 2014 waren es mehr als 200.000. Genauso ist die dauerhafte Zuwanderung nach Deutschland 2014 so stark gestiegen wie in keinem anderen Industrieland. Nur die USA sind laut einer OECD-Studie beliebter.

Laut der OECD kamen 2013 etwa 465.000 Menschen dauerhaft nach Deutschland. In den USA sind es fast eine Million Menschen. Allerdings befinden sich weltweit derzeitig zwischen 40 und 50 Millionen Menschen auf der Flucht. Die meisten Flüchtlinge bleiben nahe ihrer Herkunftsländer. Pakistan, Libanon oder die Türkei liegen hier ganz vorne, da sie sich nahe an Krisenherden befinden. Deutschland nimmt letztlich nur einen Bruchteil der vielen Flüchtlinge auf.  

Vorurteil 2: "Das sind doch alles Wirtschaftsflüchtlinge"

"Schon mal daran gedacht, dass sie 7000 Euro bezahlen für den Schlepper? Woher haben sie das Geld?" Das schreibt eine Nutzerin am Montag unter den Post von Til Schweiger. Oft steht der Vorwurf im Raum, dass Flüchtlinge nur nach Deutschland wollen, um hier ein besseres Leben zu führen. Wirft man einen Blick in die Asylgeschäftsstatistik des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) fällt allerdings auf, dass Länder wie Syrien, Afghanistan, der Irak oder Nigeria im Ranking der häufigsten Herkunftsländer vordere Plätze einnehmen. Es sind Länder, die seit Jahren von Krisen oder Unruhen geprägt sind, wo unzählige Menschen ums Leben gekommen sind. Bei diesen Herkunftsländern ist die Anerkennungsquote hoch. Bei den Balkanstaaten, etwa Serbien, Mazedonien oder Bosnien und Herzegowina, ist die Anerkennungsquote dagegen fast bedeutungslos - seit diese drei Länder als "sichere Herkunftsstaaten" gelistet werden. Insgesamt wurden im Jahr 2014 rund 40.000 Asylanträge anerkannt, also nur etwa ein Drittel aller Anträge.  

Vorurteil 3: "Die Ausländer liegen uns auf der Tasche"

Dieses Klischee ist weit verbreitet. Tatsächlich aber profitieren die deutschen Sozialkassen von der Einwanderung sogar. Nichtdeutsche Geschäftsleute, ob aus der EU oder dem EU-Ausland, tragen zur deutschen Wirtschaftskraft erheblich bei.

Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung von 2014 belegt, dass Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit dem Staat im Schnitt 3300 Euro mehr an Steuern und anderen Abgaben zahlen, als sie Unterstützung erhalten. Die 6,6 Millionen in Deutschland lebenden Ausländer erwirtschafteten im Jahr 2012 dem Staatshaushalt demnach einen Überschuss von insgesamt 22 Milliarden Euro. Dazu sind sich Experten einig, dass Deutschland in Zukunft auf Zuwanderung angewiesen ist, um bei schrumpfender Bevölkerung das Rentenniveau halten zu können. 

Vorurteil 4: "Flüchtlinge sind faul und wollen nicht arbeiten"
 
"Ja Flüchtlinge können zu uns kommen, sollen aber bitte arbeiten und Geld verdienen. Und nicht einfach da sitzen und jeden Tag chillen und um 12 Uhr mittags Bier trinken" - ein typischer Post unter Til Schweigers Aufruf zu Flüchtlingshilfe. Das Bild des faulen Flüchtlings wird dadurch gefördert, dass viele Asylbewerber tatsächlich nicht arbeiten - weil sie es zunächst gar nicht dürfen. Während der ersten drei Monate gilt in einem laufenden Asylverfahren ein generelles Arbeitsverbot. Nach Ablauf dieser Frist müssen die zuständige Ausländerbehörde und die Arbeitsagentur ihre Zustimmung geben. Die Arbeitsagentur führt außerdem eine Arbeitsmarkt- und eine Vorrangprüfung durch. Beides soll sicherstellen, dass Asylbewerber keine Stelle besetzen, die ein deutscher Arbeitssuchender einnehmen könnte. Nur wenn diese negativ ausfällt, dürfen Asylbewerber arbeiten. 
 
Vorurteil 5: "Ausländer und Flüchtlinge sind gefährlich"
 
Nach der Polizeilichen Kriminalstatistik 2014 liegt der Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen bei 24,3 Prozent, bei einem Ausländeranteil in Deutschland von rund 9 Prozent. Das Bild des kriminellen Ausländers wird gern mit diesen Zahlen untermauert, doch die Statistik ist irreführend. Zunächst werden nur Tatverdächtige erfasst, nicht die Täterzahlen. Ein anderer Faktor, der die Statistik verfälscht: Als nichtdeutsche werden auch Touristen oder Geschäftsreisende geführt. Der Anteil der Migranten an Verbrechen wird also viel geringer sein, als die populären Zahlen behaupten. Tatsächlich konnten Studien bisher keinen generellen Zusammenhang zwischen Migrationshintergrund und Kriminalität belegen. 

Til Schweiger reagierte deutlich auf die rassistischen Kommentare und Vorurteile. Ein paar Stunden nach seinem Hilfeaufruf schrieb er: "Ihr seid zum Kotzen! Wirklich! Verpisst Euch von meiner Seite, empathieloses Pack!" Der Beliebtheit seines Profils hat es nicht geschadet. Im Gegenteil: In den letzten sieben Tagen hat er über 36.000 neue "Likes" gesammelt, ein Anstieg von fast 800 Prozent zur Vorwoche.
 

 

Til Schweiger rief in seinem öffentlichen Facebook-Profil zur Hilfe für Flüchtlinge auf. Viele Nutzer antworteten mit empathielosen oder rassistischen Kommentaren.