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Ein Projekt des Magazins stern und der Amadeu Antonio Stiftung
Es ist schon viel über die Geschehnisse am Wochenende des 12. und 13. Februar über Dresden berichtet worden. Doch was genau ist wann und wo geplant? Welche Beteiligungsmöglichkeiten am Gegenprotest zur größten Alt- und Neonazidemonstration Europas gibt es?
Am 13. Februar jährt sich die Bombardierung Dresdens zum 65. Mal. Seit mehreren Jahren zieht das Gedenken Dresdens auch Alt- und Neonazis an, die ihren Geschichtsrevisionismus an diesem Tag verbreiten wollen. Die Junge Landsmannschaft Ostdeutschland hat für mehrere Jahre im Voraus „Trauermärsche“ in Dresden angemeldet. Getrauert werden soll um die Toten der Bombardierung. Dabei wird allerdings der historische Kontext völlig verdreht. Schlagwörter wie „Bombenholocaust“, benutzt von NPD-Mitglied Jürgen Gansel im Sächsischen Landtag, zeigen deutlich, was Geschichtsrevisionismus meint. „Die industrielle und geplante Vernichtung von Jüdinnen und Juden ist mit der Bombardierung Dresdens einfach nicht gleichzusetzen“, sagt Timo Reinfrank von der Amadeu Antonio Stiftung. Deshalb ruft die Amadeu Antonio Stiftung zusammen mit der AG „Kirche für Demokratie gegen Rechtsextremismus der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens“, Aktion Sühnezeichen Friedensdienste und dem Kulturbüro Sachsen e.V. zu einem interreligiösen Friedensgebet am 13. Februar um 11.30 Uhr am Postplatz auf.
Neonazi Trauermarsch
Seit Jahren steigt die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dem Nazitrauermarsch in Dresden. In den letzten zwei Jahren waren es um die 7000 Alt- und Neonazis, die durch die Dresdner Innenstadt marschierten. Zudemgab es zwei verschiedene Naziveranstaltungen. Eine genau am 13. Februar zum Jahrestag der Bombardierung und eine an dem nächst gelegenem Wochenende – auch für Nazis ist es leichter am Wochenende zu demonstrieren. In diesem Jahr fällt der 13. Februar auf einen Samstag und die Nazis können sich wieder zusammen tun. Insofern kann man auch davon ausgehen, dass die Zahl von ca. 7000 Personen mindestens gehalten, wenn nicht gar überboten wird.
Allerdings wurde von der Stadt Dresden der Trauermarsch nun zu einer Kundgebung zurechtgestutzt. Wo diese genau stattfinden wird, ist noch unklar. Das wird sich in den nächsten Tagen bis zum 13. Februar zeigen. Auch ob das generelle Demonstrationsverbot der Stadt den höheren gerichtlichen Instanzen standhält, bleibt abzuwarten. Ab 11 Uhr jedenfalls wollen sich die Neonazis sammeln.
Gedenken auf dem Heidefriedhof
Ebenso um 11 Uhr findet eine städtische Kranzniederlegung zum Gedenken an die Toten des Bombenangriffes auf dem Dresdner Heidefriedhof statt. Auf dem Friedhof befinden sich in einem Rondell Stelen, auf denen verschiedene Städte aufgeführt sind. Dort sind zum Beispiel Sachsenhausen, Buchenwald oder Auschwitz zu lesen. Auf einer Stele findet sich die Stadt Dresden wieder. So wird einmal mehr die Bombardierung Dresdens mit dem Holocaust gleichgesetzt. Dieses Gedenken zieht auch Nazis an. So waren im letzten Jahr die Vertreter der NPD aus dem sächsischen Landtag anwesend.
Und wo demonstriere ich jetzt?
„Wer pünktlich da ist, sichert sich die besten Plätze“, hörte man auf der Infoveranstaltung des Bündnisses "Dresden - Nazifrei" in Berlin. Um vor den Nazis auf der Straße zu sein, beginnen die Kundgebungen dieses Bündnisses ab 10 Uhr. Davon gibt es ganze fünf Stück – alle in der Nähe des Hauptbahnhofs. Eine Karte gibt es auf der Webseite des von "Dresden - Nazifrei". Mit diesen Kundgebungen wird versucht, die Nazikundgebung oder –demonstration einzukesseln, zu stören und zu blockieren. Das Bündnis mutmaßt, dass die Naziveranstaltung wohl vor dem Hauptbahnhof stattfindet, da es nur hier möglich sei, so viele Personen an einer Stelle anreisen zu lassen und zu sammeln. Das ist aber noch Spekulation. Die Entwicklungen der nächsten Tage müssen beobachtet werden. Auch das Eingangs erwähnte interreligiöse Friedensgebet um 11.30 Uhr findet in unmittelbarer Hör- und Sichtweite der Neonazis statt.
„Ein zivigesellschaftliches Anliegen“
In den vergangenen zwei Wochen hat die Kriminalisierung der Blockadepläne des Bündnisses „Dresden – Nazifrei“ bundesweit Protest hervorgerufen. Im Zusammenhang mit einem neuen Versammlungsrecht in Sachsen gibt es viele Diskussionen. Politisch und auch juristisch wurde die Entscheidung zum Verbot des Plakats in Zweifel gezogen. Doch selbst die Dresdner Staatsanwaltschaft rudert nun zurück. Der Dresdner Oberstaatsanwalt Christian Avenarius hält laut der TAZ den Blockadeaufruf zwar noch für strafrechtlich relevant, will aber derzeit keine weiteren Maßnahmen einleiten. Auch ein Blockadetraining des Bündnisses in Dresden wurde in zweiter Instanz vom Oberverwaltungsgericht wieder zugelassen, nachdem es zuerst untersagt worden war. „Allein mit ordnungspolitischen Maßnahmen kann man Neonazis eben nicht beikommen. Das ist ein zivilgesellschaftliches Anliegen“, sagt Grit Hanneforth vom Kulturbüro Sachsen, Mitveranstalter des Friedensgebetes. „Wann gelingt es der Stadt Dresden endlich, sich vereint gegen diesen Naziaufmarsch zu stellen?“, fragt Timo Reinfrank. „Auch die Stadt muss sich positionieren. Andere Städte haben das auch geschafft“. Bis dahin heißt es für den 13. Februar: Auf nach Dresden!
Von Nora Winter
Foto: Sitzblockade in Flensburg von MontyPython via flickr, cc