Das Portal
für Engagement
Ein Projekt des Magazins stern und der Amadeu Antonio Stiftung
Wegen Körperverletzung und Volksverhetzung wurden in Mecklenburg-Vorpommern letzte Woche vier junge Männer zu Freiheitsstrafen zwischen 8 und 20 Monaten verurteilt. Wie LOBBI, eine Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt in Mecklenburg/Vorpommern berichtet, wurden die Strafen für zwei Jahre, bei einem Täter für drei Jahre, zur Bewährung ausgesetzt. Das Amtsgericht Pasewalk sah es demnach als erwiesen an, dass die vier Angeklagten aus dem Uecker-Randow-Kreis vor einem Jahr auf einem Usedomer Zeltplatz mehrere Jugendliche attackiert und antisemitische Parolen gebrüllt haben.
Die Angeklagten hatten in der Nacht zum 22. Juli 2008 mit weiteren Personen rechtsradikale Sprüche auf dem Gelände des Zeltplatzes Ückeritz gegrölt. So sangen sie unter anderem nach der Melodie der „Vogelhochzeit“ Textzeilen wie „in Buchenwald, in Buchenwald, da machen wir die Juden kalt“. In der Nähe zeltende Berliner Jugendliche, die dies hörten, stellten die vorpommernsche Gruppe zur Rede. In der darauffolgenden Diskussion leugneten die Angeklagten, dass während der Zeit des Nationalsozialismus überhaupt "Drecksjuden" ermordet wurden. Nachdem einer der Täter einen Countdown herunterzählte, schlugen die Angeklagten auf die Urlauber ein und verletzten drei von ihnen.
Die gleichen Täter umstellten auch eine weitere Berliner Campergruppe und pöbelten, dass sie „nicht arisch“ seien. Sie hatten eine arabische Wasserpfeife bei sich. Außerdem forderten sie von einem der Camper, er solle die englischsprachige Musik, die er von seinem Handy abspielte, löschen. Als er sich weigerte, schlugen die Täter ihn nieder und traten auf ihn ein.
Die Angreifer wurden noch in der Nacht von der Polizei festgenommen. In der Verhandlung am 21. Juli würdigte Richter Burgdorff-Bressem die Zivilcourage der jungen Leute und wies die Angeklagten auf die verheerende Wirkung der Taten auf Touristen und die jüdische Bevölkerung hin. Die weitgehend schweigenden Täter zeigten vor Gericht dagegen keinerlei Reue.
Das Gericht erhöhte mit seinem Urteil das von der Staatsanwaltschaft geforderte Strafmaß. Zwei Angeklagte wurden nach Jugendstrafrecht verurteilt und müssen zusätzlich 100 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten und einen Aufsatz über „Rechte Gewalt in der BRD“ schreiben. Die anderen Angeklagten wurden außerdem beauflagt, 800 Euro beziehungsweise 1200 Euro für den Geschichtsunterricht an den Förderverein des deutsch-polnischen Gymnasiums zu bezahlen. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.
Website der Landesweiten Opferberatung Beistand und Information für Betroffene rechter Gewalt in Mecklenburg-Vorpommern
www.mut-gegen-rechte-gewalt.de / fst / Foto: Amtsgericht Pasewalk (Wikipedia Commons)