Das Portal
für Engagement
Ein Projekt des Magazins stern und der Amadeu Antonio Stiftung
In Dresden hat am 20. Juli 2009 der Prozess gegen mehrere Neonazis begonnen, die vor einem Jahr den stern-Fotografen Stanislav Krupar überfielen.
Der tschechische Fotograf Stanislav Krupar verfolgt seit 2002 Treffen von Neonazis in seinem Heimatland und in Deutschland. "Man muss die rechte Szene einfach beobachten und fotografieren, um diesen Teil der Gesellschaft zu dokumentieren. Mich überrascht vor allem immer wieder die Gewaltbereitschaft dieser Leute", sagt der 37-Jährige, der unter anderem für die Agentur Zeitenspiegel arbeitet. "Ich arbeite an Langzeit-Projekten über die Neonazi-Szene und besuche viele Veranstaltungen der Rechten." Am 21. Juni 2008 reist Kurpar nach Dresden zum so genannten "Sachsentag", einer der größten Neonazi-Versammlungen in Deutschland.
Stanislav Krupar erlitt bei dem Angriff Schürfwunden an Armen und Beinen, sein ganzer Körper war mit blauen Flecken übersäht, er hatte starke Schmerzen im Knöchel und an der Halswirbelsäule. Mit Hilfe eines Polizeibeamten konnte er kurz nach der Prügelei einige seiner Peiniger entdecken, darunter auch die wegen Körperverletzungsdelikten bereits auffällig gewordenen Christian L. und Marco E.
Rund ein Jahr nach der Attacke auf Stanislav Krupar stehen jetzt Christian L., Marco E., der 19-jährige Kay N. und der 23-jährige Alex R. in Dresden vor Gericht. Am Montag, 20. Juli 2009, beginnt vor dem Jugendschöffengericht der Prozess gegen die Männer, die Staatsanwaltschaft wirft ihnen gefährliche Körperverletzung vor. Der Strafrahmen hierfür reicht von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Haft. Der Prozess ist auf fünf Tage angesetzt, insgesamt sind 22 Zeugen geladen. Drei der Angeklagten, die alle aus der Dresdner Region stammen, befinden sich derzeit in Untersuchungshaft.
Nicht der einzige Tatvorwurf
Der Angriff auf Stanislav Krupar ist nicht die einzige Tat, die den Männern vorgeworfen wird. Am 25. Juni 2008 soll Christian L. in Dresden vor einem Döner-Laden zusammen mit einem weiteren Komplizen einen Mann verprügelt haben. Am 9. März 2009 sollen die vier Angeklagten ein drittes Opfer geschlagen haben
Die Staatsanwaltschaft Dresden beruft sich in ihrer Anklage vor allem auf die Aussagen der Opfer und Augenzeugen. Zudem existiert ein Videofilm der Attacke auf den Fotografen Krupar, der offensichtlich von Neonazis selber im Internet veröffentlicht wurde. Die Angeklagten Christian L. und Marco E. seien drauf gut zu erkennen, heißt es von der Staatsanwaltschaft. Doch Christian L. leugnet, bei dem Angriff auf Krupar beteiligt gewesen zu sein, bei dem Überfall an dem Döner-Laden habe es sich um Notwehr gehandelt. Auch seine Komplizen Marco E. und Alex R. bestreiten, bei den Taten dabei gewesen zu sein. Kay N. schweigt zu den Vorwürfen.
Die Neonazi-Szene feiert den Angriff auf den Fotografen: "Keine Angst, das war nur ein Vorgeschmack dessen, auf was sich jetzt die Antifa und Pressefotografen einstellen dürfen", heißt es in einem rechten Internet-Forum
Stanislav Krupar reiste zu dem Prozess in Dresden aus Tschechien an. Er hofft auf Gerechtigkeit. "Ich glaube, dass jeder Journalist, der sich in der rechten Szene bewegt, schon üble Erfahrungen gemacht hat. Ich selber wurde schon öfter während meiner Arbeit von Neonazis angegriffen, aber noch nie so brutal. Ich hoffe deshalb, dass diese Männer hart bestraft werden. Denn sie müssen begreifen, dass man niemanden einfach so verprügeln darf."
Stern.de-Fotoserie von Stanislav Krupar
www.mut-gegen-rechte-gewalt.de / Text: stern.de / hk