Das Portal
für Engagement
Ein Projekt des Magazins stern und der Amadeu Antonio Stiftung
Das Schlimme im Leben hinterlässt immer mehr Eindrücke und Schmerzen als das Gute. Passiert etwas, ist die Aufregung groß - läuft etwas gut, kümmert es die Leute nicht sehr. Dieser Adrenalin-Logik folgen auch politische Beobachtungen und manchmal sogar die Politik selber. Nehmen wir das Thema Flüchtlinge, über das sich die Amadeu Antonio Stiftung schon seit Jahren sorgt. Momentan ist die öffentliche Wahrnehmung geprägt von Hass. Die Medien setzen sich mit dem rassistischen Hass auseinander: dem auf der Straße, in den sozialen Netzwerken, bei Gesprächen am Kaffeetisch.
Das ist auch wichtig, denn ohne diese Wahrnehmung geschähe, was Anfang der 1990er passierte. Der Hass würde hingenommen von einer ganzen Gesellschaft, er würde für das Politikmachen missbraucht und die Hasser ermutigen immer und immer weiterzumachen. Es gab Jahre, in denen bis zu 17 Menschen aus Hass ermordet wurden. Die Lichterketten in München und einigen anderen Städten waren beeindruckend, konnten aber dagegen nicht furchtbar viel ausrichten.
Doch die Gesellschaft hat gelernt. Heute ist die Stimmung ganz anders und darüber darf auch der scheinbar allgegenwärtige Hass nicht hinwegtäuschen. Die meisten Menschen erschrecken sich vor dem Hass. Sie beginnen sich für Flüchtlinge zu engagieren oder, falls sie dies schon lange für selbstverständlich halten, bringen andere Leute dazu es ihnen gleichzutun. Es ist wichtig, das zur Kenntnis zu nehmen. Nicht etwa um die Situation schönzureden, denn das ist sie nun wirklich nicht, sondern um handlungsfähig zu bleiben. Nur den Hass zu sehen, sich dem hinzugeben und darüber zu verzweifeln macht handlungsunfähig.
Und genau das wollen die Rassisten. Sie wollen, dass wir nur die Lauten wahrnehmen, die Stresser, die Rassisten und die Zyniker. Denn schon über Jahre wird das Wort Gutmensch als Diffamierung benutzt und es gibt Leute, die sich deshalb tatsächlich mit ihrem Engagement zurückhalten. Aber wissen Sie was? Es ist verdammt egal, was Menschen sagen, deren Weltbild auf Neid, Zynismus und Hochmut beruht. Deshalb brauchen wir viel mehr die Geschichten von Haltung, Anstand und Bereitschaft wirklich etwas zu tun. Es macht für die Menschen in unserer Gesellschaft einen bedeutenderen Unterschied als alle Erklärungen für Demokratie. Und vor allem anderen: es macht einen noch viel größeren Unterschied für die Flüchtlinge und alle anderen, die wegen ihrer Herkunft herabgesetzt werden.
Dieses Jahr jährt sich der Todestag von Amadeu Antonio zum 25. Mal. Aus diesem Anlass hat die Stiftung gemeinsam mit der Stadt Eberswalde einen Preis ausgeschrieben, der an Künstler gegeben werden soll. Die Kunst ist ein wichtiger Teil unserer ethischen Fundamente. Sie beschreibt, was die Gesellschaft bewegt, was sie besorgt aber auch wohin die Hoffnungen gehen. In ihr können Menschen ausdrücken, was sich der rohen und direkten Beschreibung entzieht. Und das gelingt in der Kunst oft sehr viel eindrücklicher als in den Bildern des realen Lebens. Gerade jene Themen, die uns jetzt besonders beschäftigen - wie Migration, Flucht oder Fremdheit - brauchen die künstlerische Narration.
Die Amadeu Antonio Stiftung und die Stadt Eberswalde wollen das Andenken an den 1990 ermordeten Amadeu Antonio dadurch ehren, dass Menschen mit und ohne Einwanderungserfahrung oder Fluchtgeschichte zu diesen Themen Arbeiten einreichen können. Die Künstler können sich selbst bewerben oder vorgeschlagen werden. Ob sie nun bildnerisch arbeiten oder Texte verfassen, ob sie Theater machen oder Filme, ob sie Filme machen oder Installationen ist egal. Nur die Auseinandersetzung mit den globalen Thema Migration, Fremdheit und Willkommen ist wichtig. Und eines ist ganz gewiss: unter den eingereichten Arbeiten wird nicht nur das Schlimme ausgedrückt werden. Sondern auch vieles von den guten Geschichten, die wir jeden Tag erleben. Wir werden vor dem Hass nicht kapitulieren. Kommt gar nicht infrage!