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Berlin: Nazis traten 22-jährigen beinahe zu Tode

Schwere Verletzungen erlitt ein 22-Jähriger am Sonntag früh, als er in Berlin-Friedrichshain in eine Schlägerei mit vier Neonazis aus Brandenburg  im Alter von 20, 22, 24 und 26 Jahren geriet. „Es ist ein Wunder, dass er überlebt hat“, sagen die Ermittler. 
Endgültig geklärt ist der Tatablauf aber noch nicht.

Wie berichtet, hatten vier Männer aus der rechten Szene den Neuköllner am Sonntag früh geschlagen und getreten, bis er das Bewusstsein verlor. Die Tatverdächtigen sind 20, 22, 24 und 26 Jahre alt und in rechten Kreisen einschlägig bekannt. Der 26-jährige Haupttäter zog das Opfer auf den Fahrradweg, legte es mit dem Gesicht nach unten und trat ihm heftig gegen den Hinterkopf. Gegen die vier Männer erging am Montagabend Haftbefehl wegen versuchter Totschlags und gefährlicher Körperverletzung. Zwei der Männer bestritten eine Beteiligung, zwei äußerten sich zunächst nicht zum Tathergang.

Die mutmaßlichen Täter aus Königswusterhausen, die, wie es die Berliner Polizei meldet, "offensichtlich der rechten Szene zuzuordnen sind" waren gegen 5 Uhr 45 auf einem Verbindungsweg zwischen dem U-Bahnhof und dem S-Bahnhof Frankfurter Allee zunächst mit etwa 9 oder 10 jungen Männern aus dem linken Spektrum in Streit geraten, der in eine Schlägerei mündete. Dabei erlitt ein 26-Jähriger aus der vierköpfigen Gruppe eine Platzwunde. Ursprung des Streites war nach ersten Ermittlungen die einschlägige Kleidung von einem der vier Männer, der Thor Steinar Klamotten trug.

Nachdem die 10 vermeintlich „Linken“ verschwunden waren, suchten ersten Erkenntnissen zufolge die vier Schläger grundlosen Streit mit Passanten. Vier Unbekannte junge Männer wurden von ihnen mit Schlägen und Tritten angegriffen. Sie flüchteten vor den aggressiven Angreifern, die in dem 22-Jährigen Jonas K. ein weiteres Opfer fanden. Der Neuköllner sei einen Verbindungsweg entlang gekommen. Ob er selber zuvor an der Schlägerei beteiligt war, blieb bis zum Dienstag unklar, mittlerweile gehen die Ermittler aber davon aus. Dennoch mindert das nicht die Schwere des Mordversuchs an ihm.

Festnahmen noch am Tatort


Auf Jonas K.  traten und schlugen die Täter jedenfalls so lange ein, bis er das Bewusstsein verlor. Von unbeteiligten Passanten alarmierte Polizisten nahmen die vier vermeintlichen Schläger noch am Tatort fest. Der 22-jährige Mann kam mit einem Jochbeinbruch, schweren Prellungen und Hirnblutungen in ein Krankenhaus. Er befände sich noch immer "in kritischem Zustand", hieß es am Dienstag.

Da von einer politischen Tatmotivation auszugehen ist, hat der Polizeiliche Staatsschutz beim Landeskriminalamt die Ermittlungen zu dem versuchten Totschlag übernommen. Wichtige Zeugenaussagen erhoffen sich die Ermittler insbesondere von den vier Unbekannten, die von den Schlägern angegriffen wurden und dann flüchten konnten.

Dass der Haupttäter den Kopf seines Opfers auf den Gehweg legte und zutrat, erinnert an eine Bordsteinkick-Szene im US-Film „American History X“, in dem es um rechte Gewalt geht, Neonazis verehren diesen Film. Ähnlich wurde 2002 der 16-jährige Marinus Schöberl im brandenburgischen Potzlow von Neonazis getötet.

Demonstration am Samstag


Der JUSO-Vorsitzende Björn Böhning reagierte als erster Politiker auf den rechten Übergriff und erklärte: "Der Kampf gegen rechte Gewalt muss kontinuierlich geführt werden. Ich setze mich daher für die Verstetigung der Bundesprogramme gegen Rechts ein. Damit die Arbeit dieser Initiativen, wie z.B. die mobilen Beratungsteams oder auch der Opferberatung, gesichert ist, muss eine Bundesstiftung für demokratische Kultur gegründet werden". Am Montagabend fand, initiiert durch die „Initiative gegen Rechts Friedrichshain“, am Tatort eine Schweigedemonstration statt, eine weitere soll am Samstag folgen. Mehr Infos dazu folgen.


Zeugin: "Es war Horror" (taz, 16.7.)
War das Opfer selber ein Täter? (Tagesspiegel und bild, 14.7.)

Zum Thema Nazigewalt:
Das Echo auf die Mordtat von Dresden

Hilfe für Opfer rechter Gewalt: Der Opferfonds Cura


www.mut-gegen-rechte-gewalt.de / Quellen: Tagesspiegel und
Polizei Berlin / hk

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