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In Sachsen und Sachsen-Anhalt kam es am Wochenende des 4. Advent erneut zu mehreren Übergriffen rechsradikaler Täter. Überfälle wurden aus Dessau, Oschersleben und Leipzig gemeldet - aber auch aus Braunschweig in Niedersachsen.
Eine Bilanz von Keven Nau und Holger Kulick
Ein 17 Jahre alter Jugendlicher wurde am Freitagnachmittag in Oschersleben, in der Nähe von Magdeburg auf offener Straße brutal zusammengeschlagen. Nach Angaben der Polizei waren die Täter und das Opfer auf einem Gehweg aneinandergeraten, weil keiner Platz für den anderen machen wollte. Die 22 und 23 Jahre alten Männer sollen sofort auf das wehrlose Opfer eingeschlagen haben, so dass es zusammenbrach. Die beiden Tatverdächtigen sollen den 17-Jährigen mit ihren Schuhen auf den Körper und den Kopf des Jugendlichen bis zur Bewusstlosigkeit eingetreten haben. Zeugen kamen dem Opfer zur Hilfe. Daraufhin ergriffen die Täter die Flucht.
Der 17-Jährige wurde mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus gebracht. Nach Angaben der Polizei sollen die mutmaßlichen Haupttäter der rechten Szene angehören, seien aber bisher nicht als Gewalttäter in Erscheinung getreten, heißt es weiter. Das Opfer gehöre der linken Szene an. Nach einer Fahndung durch die Polizei konnten die Tatverdächtigen in Oschersleben vorläufig festgenommen werden, befinden sich aber wieder auf freiem Fuss. Die Staatsanwaltschaft sah keine Gründe für einen Haftantrag.
Ohne Vorankündigung haben auch in Dessau-Roßlau am Samstagnachmittag bis zu zehn Rechtsextreme vier Menschen angegriffen und verletzt. Die 18 bis 23 Jahre alten Opfer stammten aus dem linken Spektrum. Die Täter seien vermummt und dunkel bekleidet gewesen. Der Staatsschutz ermittelt.
Rechte Gewalt auch in Leipzig
Neonazis randalierten in der Nacht zum Sonntag auch in Leipzig-Lindenau und griffen Polizisten mit Flaschen und Feuerwerkskörper an. Außerdem sei Reizgas versprüht worden, teilte die Polizei mit. Gegen vier Männer im Alter von 25 bis 28 Jahren wurden Strafverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung, Widerstandes, Beleidigung und Sachbeschädigung eingeleitet.
Die Polizei war von einem Anwohner gerufen worden, der sich über laute Musik von einer Party der neonazis beschwert hatte. Auf dem Grundstück war im November ein NPD-Büro eingerichtet worden, gegen das Anwohnerinitiativen protestieren. Vertreter von Initiativen waren daraufhin in den vergangenen Wochen mehrfach von Neonazis bedroht worden Zunächst sei die Lage ruhig geblieben, gegen 3 Uhr eskalierte sie jedoch. Partygäste verfolgten zunächst zwei Passanten. Als die Polizei einschritt, kam es zum Krawall.
Gewaltmeldungen auch aus dem Westen
Ein MUT-Leser schickte indessen folgende Mail an die MUT-Redaktion, die ein Schlaglich auf Gewalt von vermeintlich Rechtsextremen auch im Westen wirft. In der Mail heißt es:
"...bei uns im Bereich Uferstr. in Braunschweig kommt es immer wieder zu Übergriffen von Rechten gegen Anwohner, es gibt Brandstiftungen in Häusern und Autos, sowie Hakenkreuze in den Lack gekratzt. So ist es am 4. Dezember gegen 22:30 Uhr in Braunschweig zu einen übergriff gekommen. Drei vermutlich aus der rechten Szene stammende
junge Männer griff einen jungen Mann an, der mit einer Farbigen und einer aus Thailand stammenden Frau unterwegs war. Nach der ersten Attacke zogen sie sich zurück, die Neonazis verfolgten sie. Als die zweite Attacke der drei kam, ging ich dazwischen... Ich konnte zumindest durch meinen Einsatz schlimmeres verhindern".
Auf die Rückfrage, wieviel davon in der regionalen Presse landet, antwortetet der MUT-Leser:
"Unsere Hofberichterstattung bringt darüber nichts. Rechte Gewalt wird hier totgeschwiegen und wenn man der Presse hier glauben schenk gibt es die gar nicht....".
Nicht nur in Braunschweig ist das so.
Schon 5 Todesfälle 2008 (MUT-Bericht 9.12.)
Seehofer will nach Gewalttat von Passau NPD-Verbot (spiegel.de 21.12.)
www.mut-gegen-rechte-gewalt.de / hk / Illustration: Schülerbild aus Neuruppin