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Schwerin: Neonazis griffen alternatives Zentrum an

Am Sonntagmorgen, dem 7. Dezember 2008, gegen ca. 4.00 Uhr, griff eine Gruppe von etwa 25 Neonazis das alternative Jugendzentrum Komplex Schwerin an. Dort besuchten etwa 200 Gäste eine Tanzveranstaltung. 

Laut Polizeiangaben kam die Gruppe Neonazis von der NPD-Demonstration "für ein nationales Jugendzentrum", welche am Vortag in Berlin stattfand. Sie verpassten angeblich den Anschlusszug nach Hamburg. Begleitet durch mindestens einen Streifenwagen hielten sie sich ab ca. 22.00 Uhr in der Schweriner Innenstadt auf. Gegen etwa halb vier spalte sich diese Personengruppe auf. Lediglich die kleinere Gruppe von ca. 10-12 Nazis wurde weiterhin von der Polizei eskortiert. Nach Augenzeugenberichten bewegte sich die Gruppe von der Körnerstrasse kommend in die Pfaffenstrasse, in der sich das Komplex Schwerin befindet. Offensichtlich durch einen Anführer geleitet, vermummte sich der Personenkreis auf Höhe des Eingangs, nachdem sie ein Ordner ansprach. Zielstrebig ging die Gruppe weiter zu einer Hinterhofeinfahrt des gegenüberliegenden Alten- und Pflegeheims. Dort beobachteten Ordner des Jugendzentrums die Neonazis, welche sich bei der Planung eines Überfalles offensichtlich gestört fühlten. Sie liefen weg und versuchten sich hinter Müllcontainer und Autos zu verstecken.

Durch diese Situation irritiert, begaben sich die Ordner zurück zum Eingang und informierten den Einlass über das Geschehene. Durch mehrere Personen unterstützt, begaben sich die Ordner zurück zur Einfahrt. Jetzt stürmten die Neonazis durch einen vermummten Rädelsführer angeheizt aus dem Hinterhof. Durch die tatsächliche Gruppengröße überrascht, zogen sich die Ordner zurück. Die nun etwa 25 bis 30 Personen verfolgten die Ordner in Richtung Komplex und begannen sofort Mauersteine, Flaschen, Ofenkacheln und Zaunlatten, zielgerichtet, nach den Flüchtenden zu werfen.

Den Gegenständen ausweichend, erreichten diese die Eingangstür. Die Tür wurde verbarrikadiert, um die Sicherheit der Gäste zu gewährleisten. Unterdessen wurden stetig Gegenstände gegen das Haus geworfen. Den gesamten Zeitraum über befand sich die begleitende Polizeistreife im Bereich der angrenzenden Friedrichstrasse und eine weitere an der Ecke Körnerstrasse/Pfaffenstrasse. Da die Polizeibeamten vor Ort nicht eingriffen, forderten die Veranstalter über den Notruf weitere Polizeikräfte an. Nach Eintreffen dieser versprengten sich die Neonazis in Richtung Friedrichstrasse und Körnerstrasse. Dort nahm die Polizei etwa 15 Neonazis im Alter von 17- 25 Jahren aus dem Raum Schleswig- Holstein vorläufig fest. Während der Ingewahrsamnahme schrien die Neonazis lautstark Parolen. Der Rest, der aus Richtung Pfaffenteich kommenden Angreifer, gesellte sich belustigt zu den Festgenommenen, ohne von der Polizei behelligt zu werden.

Glücklicherweise kamen weder Gäste, noch Veranstalter zu Schaden. Auch Sachschäden, außer einem kaputten "Katzenauge" an einem Fahrrad waren nicht zu verzeichnen.

Es ist davon auszugehen, dass es sich um einen geplanten Angriff von Neonazis aus Schleswig-Holstein unter Einbeziehung lokaler Strukturen handeln muss, da fundierte Ortskenntnisse für die Durchführung von Nöten gewesen waren. Anscheinend ist das Komplex den Schweriner Nazis ein Dorn im Auge, dessen Bekämpfung jetzt auch den Einsatz von Gewalt legitimiert. Ohne Bedenken nehmen Nazis in Kauf, dass Menschen zu Schaden kommen! Jeder und jede kann von Nazigewalt betroffen sein!

Für uns als Betreiber des Komplex stellen sich folgende Fragen: Wie ist es möglich, dass sich eine offensichtlich gewaltbereite ca. 25- 30 Personen starke Gruppe von Neonazis, trotz einem Beobachtungszeitraum von etwa 6 Stunden, unter den Augen der Polizei, zu einem ihr bekannten, alternativen Veranstaltungsort bewegen kann, ohne das präventiv eine mögliche Eskalation verhindert wird? Diente das Komplex der Polizei als eine Art "Eskaltionsobjekt", um der Nazis habhaft zu werden? Wurden hier bewusst von der Polizei Personen- und Sachschäden in Kauf genommen? Warum wurden nicht alle Neonazis festgenommen, obwohl die vom Pfaffenteich kommende Gruppe offensichtlich mit dazu gehörte?

Wir fordern von der Polizei Aufklärung über die Umstände dieses gescheiterten Einsatzes und persönliche Konsequenzen für die Verantwortlichen! Durch diesen Vorfall sehen wir uns als Betreiber des Komplex nur in unserer Arbeit bestätigt und werden weiter politische und kulturelle Alternativen bieten, um die Bekämpfung von Antisemitismus, Neofaschismus und Nationalstolz in der ostdeutschen Provinz fortzuführen. Wir sind weder eingeschüchtert in unserem Engagement, noch werden wir uns zukünftig von gewaltbereiten Neonazis einschüchtern lassen.

Quelle: Pressemeldung des
www.komplex-schwerin.de
Zum Thema: Polizei hebt Waffenlager bei niedersächsischen Rechtsextremisten aus (welt.de, 8.12.2008)

www.mut-gegen-rechte-gewalt.de / hk / Grafik: Fachhochschule Dortmund

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