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Rechter "Trauermarsch" in Bad Nenndorf

In der niedersächsischen Kleinstadt Bad Nenndorf haben am Samstag, den 2.8. knapp 400 Rechtsextremisten einen „Trauermarsch“ veranstaltet. Die Polizei hatte mit deutlich weniger Teilnehmern gerechnet. Dennoch waren fast 1000 Beamte im Einsatz, um zu verhindern, dass der Zug auf die ca. 300 Gegendemonstranten trifft. Im Vorfeld hatte es große Befürchtungen gegeben, dass es zu Ausschreitungen kommen könnte. Deshalb sollte ein Aufeinandertreffen beider Seiten unter allen Umständen verhindert werden. „Ich denke, das haben wir auf jeden Fall erreicht“, sagte ein Polizeisprecher, „es ist so weit alles friedlich verlaufen, von beiden Seiten.“

Von Christopher Egenberger

Der Kurort im Kreis Schaumburg hat eine symbolische Bedeutung in der rechten Szene, weil hier nach dem Zweiten Weltkrieg ein britisches Militärgefängnis eingerichtet worden war. Der britische Journalist Ian Cobain fand im Jahr 2006 heraus, dass in dem geheimen und streng abgeschotteten Verhörlager systematisch gefoltert worden ist. 1947 wurde das Lager, in dem in erster Linie hohe Funktionäre des NS-Staates und Mitglieder der SS inhaftiert waren, aufgrund der katastrophalen Bedingungen geschlossen und die Verantwortlichen wurden zur Rechenschaft gezogen.

Die Zustände in Bad Nenndorf waren keineswegs die Regel in der britischen Zone, wurden aber wie die amerikanischen Rheinwiesenlager zu einem politischen Thema in Deutschland. Zahlreiche Neonazis behaupten noch heute, dass die Briten in den regulären Internierungslagern für Nazis dieselben Methoden angewandt hätten wie diese. Aus diesem Grund war das „Wincklerbad“, in dem das Gefängnis untergebracht war, bereits in den vergangenen Jahren das Ziel von Rechtsextremen. Im letzten Jahr waren es jedoch nicht einmal 200 Neonazis, die auf dem „Trauermarsch“ mitgingen. Nun scheint die kleine Kurstadt zu einem neuen Wallfahrtsort der rechten Szene zu werden.

Doch die Einwohner der Gemeinde bleiben davon unbeeindruckt. Nicht einmal 300 Antifaschisten aus der Region versuchten am Samstag, sich dem "Trauermarsch" in den Weg zu stellen. Die Polizei war von deutlich mehr ausgegangen. Den Gegendemonstranten gelang es nicht, in die Nähe der Rechtsextremisten zu gelangen, was auch an dem Großaufgebot der Polizei lag, das sich zum großen Teil auf die Gegendemonstration konzentrierte. Laut ‚redok’ hatten die Gegendemonstranten mit zahlreichen Repressionen zu kämpfen. Auch der erstmals in Bad Nenndorf aufgefahrene Wasserwerfer wurde ausschließlich auf die Linken gerichtet.

Und das, obgleich die Polizei im Vorfeld Erkenntnisse über etwa 70 gewaltbereite „Autonome Nationalisten“ aus Nordrhein-Westfalen hatte, die bereits an anderen Veranstaltungsorten für massive Probleme gesorgt hatten. Gekommen waren dann weitaus mehr Neonazis, die das Outfit der „Autonomen Nationalisten“ trugen und teilweise vermummt aus der Bahn stiegen. Angemeldet hatte den Aufzug Marcus Winter, ein führender Kopf der Schaumburger Kameradschaftsszene, der jedoch nicht vor Ort erscheinen konnte, da er gerade eine mehrmonatige Haftstrafe wegen Volksverhetzung absitzt. Bis 2010 sind jedes Jahr weitere Märsche angemeldet. Und nachdem nun auch der Deutsche Gewerkschaftsbund Handlungsbedarf erkannt hat, werden sich im nächsten Jahr hoffentlich mehr Menschen den Rechtsextremen und Revisionisten entgegenstellen.

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Bad Nenndorf