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Am 2. März finden in Bayern Kommunalwahlen statt. An den Start geht unter anderem eine "Bürgerinitiative Ausländerstopp", die auf puren Rassismus baut. Ihre Nähe zur NPD liegt nicht fern - auch beim Blick auf die Spitzenkandidaten.
Von Jörg Fischer-Aharon
Gleich zwei rechtsextremistische Listen werden an den Stadtratswahlen im März teilnehmen. Sowohl die "Bürgerinitiative Ausländerstopp" wie die "Bürgerbewegung Pro München" haben rechtzeitig mehr als 1000 Unterschriften von Unterstützern gesammelt, die für bisher nicht im Rathaus vertretene Gruppenbenötigt werden, um auf den Stimmzetteln zu erscheinen. Diese, so berichtet ‚jetzt.de’ am 22.1.2008 „vom Kreisverwaltungsreferat bestätigte Nachricht löste eine heftige Auseinandersetzung zwischen SPD und CSU aus. SPD-Chef Franz Maget hielt der CSU vor, mit ihrer "populistischen Kampagne über jugendliche Kriminelle" den "Rechtsextremen offensichtlich Wähler in die Arme" getrieben zu haben. Die Unterschriftenkampagnen der beiden Rechtsaußen-Listen "fanden besonderen Anklang, als der CSU-OB-Kandidat mit Gewaltpostern Angst in München verbreitete", erklärte Maget…“
Wie stark sich Roland Kochs Hessische Wahlkampkampagne gegen "kriminelle Ausländer" auch in München auswirkt, sei dahingestellt, noch interessanter ist ein Blick darauf, wer hinter der "Bürgerinitiative Ausländerstopp" und von "Pro München" steht und vom gegenwärtigen Boom des Themas profitieren will. An der Spitze von "Pro München" , so berichtet "jetzt.de", steht der 73-jährige Rüdiger Schrembs. Er bewegt sich seit Jahrzehnten im rechtsradikalen Milieu und saß noch bis vor wenigen Monaten im NPD-Landesvorstand. Auch der zweite Vorstandssprecher Stefan Werner hatte noch 2005 für die NPD für den Bundestag kandidiert. Nach dem Streit im Lager der Extremisten gründete sich mit Hilfe von NPD-Spitzenleuten die "Bürgerinitiative Ausländerstopp". Für den Verfassungsschutz gilt sie als "Tarnorganisation" der NPD. Ihr Spitzenkandidat ist Karl Richter, Publizist in rechtsextremen Organen und Mitarbeiter der sächsischen NPD-Landtagsfraktion.
Der 1962 in München geborene Karl Richter kann auf eine langjährige Karriere im braunen Dunstkreis zurückblicken. Von 1989 bis 1994 war er Referent für den damaligen Europaabgeordneten der rechtsextremen "Republikaner", der ehemalige NPD-Funktionär und "National-Zeitungs"-Redakteur Harald Neubauer. Richter zählte zu den engsten Vertrauten Neubauers, der zeitweilig Generalsekretär, Bundessprecher, Chefredakteur der Parteizeitung und bayerischer Landesvorsitzender der "Republikaner" war. Im Juli 1990 verließ Neubauer die "Republikaner", nachdem er sich bei innerparteilichen Machtkämpfen nicht gegen deren damaligen Vorsitzenden Franz Schönhuber durchsetzen konnte – Richter folgte ihm und verließ ebenfalls die Partei.
Als es 1991 unter Beteiligung Neubeuers und des jahrzehntelangen NPD-Bundesvorsitzenden Martin Mußgnug zur Gründung einer neuen rechtsextremen Partei, der "Deutschen Liga für Volk und Heimat", kam, engagierte sich Richter bei dieser, u.a. als Chefredakteur des inoffiziellen Parteiblattes "Deutsche Rundschau" und als Veranstaltungsredner. Laut einem Eintrag im Internet-Lexikon Wikipedia, Stand Mitte Januar 2008, soll Richter 1995 als presserechtlich Verantwortlicher des rechtsextremen Theoriemagazins "Nation und Europa" wegen des Abdruckes eines "Asylbewerbergedichtes" wegen Volksverhetzung (§ 130 StGB) verurteilt worden sein. Seit dem Einzug der NPD in den sächsischen Landtag im September 2004 ist er als Berater für deren dortige Landtagsfraktion tätig.
Die enge Verknüpfung mit der NPD belegten Richter und die die Aktion Ausländerstopp am 23.1 auch mittels einer Presseerklärung, nachdem Münches OB Ude öffentlich in die Kritik geraten war, weil München seinen Faschingsumzug in diesem Jahr auf den Holocaustgedenktag legte. Eine polemische Erklärung der Aktion Ausländerstopp dazu ("Pappnasen gegen rechts?") veröffentlichte - die NPD.
Nürnberg
In Nürnberg, Bayerns zweitgrößte Stadt und traditionelle SPD-Hochburg, ist die sogenannte "Bürgerinitiatve Ausländerstopp" (BIA) bereits seit den letzten Kommunalwahlen im Jahre 2002 im Stadtrat mit einem Mandat vertreten und tritt dort mit Parolen wie "Für ein wohnliches deutsches Nürnberg!" und "Die deutsche Kraft in Nürnberg" auf.
Da es bei den bayerischen Kommunalwahlen keine 5-Prozent-Klausel gibt, genügte der BIA bereits ein Stimmenanteil von 2,3 Prozent zum Einzug in das Kommunalparlament. Das war zwar nicht die von Kadern angekündigte Fraktionsstärke, die in Nürnberg bei mindestens 5 Mandaten liegt, aber immerhin zog mit dem BIA-Spitzenkandidaten Ralf Ollert erstmals seit ihrem Ausscheiden aus dem Nürnberger Stadtrat 1978 wieder ein NPD-Mitglied in das Parlament ein.
Der 1960 in Nürnberg geborene, gelernte Groß- und Außenhandelskaufmann kann auf eine jahrzehntelange Karriere im neonazistischen Spektrum zurückblicken. Bereits 1976 – also vor gut 32 Jahren – schloß er sich der rechtsextremen Szene an. 1982 wurde er zum bayerischen Landesvorsitzenden der NPD-Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten" (JN) gewählt und wurde somit auch gleichzeitig Mitglied des bayerischen NPD-Landesvorstandes. Bei den Nürnberger Stadtratswahlen 1984 und 1990 trat er erfolglos als Spitzenkandidat der NPD an, bei den verschiedenen Landtags-, Bezirkstags- und Bundestagswahlen in den 80er und 90er Jahren trat er immer wieder als Listen- und/oder Direktkandidat für die Partei an. Bei der Europawahl 2004 war Ollert unter den ersten 10 Kandidaten der bundesweiten Liste der NPD, bei der Bundestagswahl 2005 trat er als Spitzenkandidat der bayerischen Landesliste der NPD an.
Seit 2001 ist Ollert Landesvorsitzender der NPD Bayern. Innerparteilich gilt Ollert als Anhänger des "radikalen Flügels". In einem vor etwa 5 Jahren verbreiteten Rundschreiben wurde Ollert zusammen mit den bekannten Neo-Nazi-Kadern Steffen Hupka, Hans-Günter Eisenecker u.a. als Kandidaten für einen "revolutionären Parteivorstand" angepriesen – allerdings konnte sich dieser Flügel damals nicht gegen den immer noch amtierenden NPD-Bundesvorsitzenden Udo Voigt und seine Anhänger durchsetzen. Seit Ollert im Stadtrat sitzt, fällt er immer öfters durch unverhohlene antisemitische Ausbrüche auf. Zu seinen "Hauptfeindbildern" gehört vor allem der Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde in Nürnberg (IKG) und SPD-Stadtrat Arno S. Hamburger.
Fürth
In Fürth, Nürnbergs Nachbarstadt, bemüht sich die NPD unter ihrem eigenen Namen um die Beibringung der zum Wahlantritt notwendigen Unterstützungsunterschriften. Gleichwohl gehen Beobachter davon aus, dass die NPD den Schwerpunkt des Einsatzes ihrer finanziellen, organisatorischen und personellen Kräfte auf die Wahlantritte in den beiden größten bayerischen Metropolen, München und Nürnberg, konzentrieren wird, um so das Mandat von Landeschef Ollert zu halten und in München ihrer anderen Vorfeld-Liste zum Einzug in den Stadtrat zu verhelfen. Für die nicht besonders erfolgsverwöhnte bayerische NPD wäre ein Erreichen dieser beiden Ziele ein nicht unwichtiger Motivationsschub für den anstehenden Landtagswahlkampfes im Freistaat.
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