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Neue Gewalt, vorbildlicher Mut und ein Prozess wegen Nazigewalt in Magdeburg

Ein 24-jähriger rettete einen Schwarzafrikaner vor prügelnden Neonazis

PM/hk

In Magdeburg haben am Wochenende zwei Jugendliche einen Asylbewerber aus Sierra Leone angegriffen und verletzt, ehe sie von einem couragierten Autofahrer vertrieben wurden. Wegen ähnlicher rassistischer Gewalt gegen einen Iraker begann tags darauf in Magdeburg ein Prozess gegen einen Rechtsextremen.

Beide Angreifer hatten den 31-jährigen Afrikaner am Samstagabend nach Darstellung der Polizei mit Gesten und einem ausländerfeindlichen Spruch beleidigt. Einer der beiden Rechtsextremen griff den Afrikaner mit mehreren Faustschlägen an. Der zweite Jugendliche beteiligte sich - ermutigt von seinem Freund - ebenfalls an der Attacke. Das Opfer flüchtete, wurde aber eingeholt und erneut verprügelt. Ein Autofahrer hielt an und versuchte, die Schläger von ihrem Opfer abzubringen. Der 24-jährige Fahrer alarmierte die Polizei und verfolgte zusammen mit dem Opfer die Täter etwa 800 Meter. Die 18 und 19 Jahre alten Jugendlichen wurden laut Polizei zunächst festgenommen. Der 18-Jährige wurde später freigelassen, der 19-Jährige wegen Schwarzfahrens und Schulschwänzens in das Jugendgefängnis in Halle eingewiesen.
Die Täter sollen zum Tatzeitpunkt rund zwei Promille Atem-Alkohol gehabt haben und konnten erst nach ihrer Ausnüchterung am Sonntag vernommen werden. Dabei gaben sie keine Gründe für die Tat an. Die beiden Jugendlichen seien der Polizei bereits wegen anderer Delikte, dem Staatsschutz aber nicht als Teil der rechtsextremen Szene in Magdeburg bekannt. Ihnen werden gefährliche Körperverletzung und Beleidigung vorgeworfen.
Innenminister Holger Hövelmann (SPD) verurteilte die Tat. "Die Jugendlichen haben ein völlig verschobenes Wertebild, wenn sie überhaupt eins haben; Respekt und Ansehen anderer Menschen scheint zumindest bei einem Teil der Jugendlichen nicht gegeben", sagte Hövelmann der Deutschen Presse-Agentur dpa. Er bedauere, "die Politik hat keinen Schalter, den man umlegt und die Menschen sind ab morgen vernünftig." Mit Blick auf die Wertesituation in Sachsen-Anhalt stehe der Politik ein «jahrelanger Weg mit langem Atem» bevor. "Wir sind leider keiner Ausnahme in Deutschland, was das Stattfinden solche Verbrechen und Ereignisse angeht", sagte der Innenminister.

Prozess begann am Montag

In der Nacht vom 25. auf den 26. August 2007 gegen 1 Uhr 30 wurde unter ähnlichen Umständen ein 36jähriger Iraker in Magdeburg an der Haltestelle Klosterwuhne, wo er  auf dem Weg nach Hause auf die Straßenbahn wartete, von einem
Rechtsextremen angegriffen. Martin S. ging plötzlich auf den Flüchtling los und beleidigte ihn zunächst mit rassistischen Sprüchen. Dann folgte tätliche Gewalt.

Der Betroffene konnte die ersten Schläge abwehren, woraufhin der Täter verschwand. Er kehrte jedoch kurze Zeit später mit einem großen Hund  zurück, den er auf den Betroffenen hetzte. Dieser versuchte zu fliehen,  wurde jedoch von dem Hund zu Fall gebracht und stürzte zu Boden. Während  er versuchte, sich gegen die Bisse des Hundes zu wehren, schlug der Angreifer mit einer Holzfackel auf ihn ein.

Erst als nach ca. 15 Minuten  eine Frau aus einem nahegelegenen Imbiss herauskam, die Situation  erkannte und anfing laut zu schreien, ließ Martin S. von seinem Opfer ab und flüchtete. Der Betroffene musste aufgrund seiner Verletzungen an Kopf, Nacken,  Rücken und Beinen im Olvenstedter Krankenhaus ambulant behandelt werden.

"Dieser Angriff zeugt von einer erschreckenden Brutalität. Die  ausländerfeindliche und menschenverachtende Einstellung des Täters kommt  hier ganz deutlich zum Ausdruck. Der Betroffene ist traumatisiert und  vermeidet es, in die Gegend des Tatortes zu fahren.", so eine Sprecherin  der Mobilen Beratung für Opfer rechter Gewalt. Die Polizei konnte Martin S. wenige Tage später, nach einem Raubüberfall  gemeinsam mit einem Freund aus der rechten Szene, verhaften. Der  Magdeburger ist der Polizei seit mehreren Jahren u.a. wegen  Volksverhetzung, dem Tragen verfassungswidriger Symbole und  Körperverletzungen bekannt und ist bereits einschlägig vorbestraft.

Am Montag, den 29.10.2007 begann vor dem Amtsgericht Magdeburg der  Prozess gegen den einschlägig vorbestraften Rechtsextremen Martin S.  wegen Volksverhetzung und gefährlicher Körperverletzung. Mehr darüber demnächst.


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www.mobile-opferberatung.de 
Mutiger Bürger rettet Mann aus Sierra Leone in Magdeburg vor Neonazis: >klick

© www.mut-gegen-rechte-gewalt.de & www.mobile-opferberatung.de - 30.10.2007

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Foto: Wanderausstellung von Todes-Opfern rechter Gewalt in Magdeburg 2006