Mit Stimmungsmache gegen Minderheiten Mehrheiten gewinnen, das versuchen Rechtspopulisten nicht nur in Deutschland. Während im Oktober in Polen die nationalistisch-europafeindliche Regierungspartei ein Debakel erlebte, verzeichnete in der Schweiz die rechtspopulistische SVP einen beunruhigenden Stimmenzuwachs.
Von Jörg Fischer-Aharon
Für viele gilt die Schweiz als beschaulicher Staat und „Musterstaat“ der Basisdemokratie. Das der Schein nicht nur selten, sondern meistens trügt, konnten nicht nur politische Beobachter in den letzten Wochen bemerken. Die Schweiz erlebten den wohl härtesten Wahlkampf der letzten Jahrzehnte, wenn nicht sogar ihrer Geschichte. Der Grund: Die rechtsgerichtete „Schweizer Volkspartei“ versuchte mit einer gezielten Stimmungsmache gegen Migranten und Menschen mit dunkler Hautfarbe zu punkten. Skandalöse Wahlplakate sorgten selbst International für heftige Kritik. Nicht selten waren Wahlkampfversanstaltungen der SVP von heftigen, teilweise gewaltsamen Ausschreitungen und Protesten begleitet worden.
Über den von vielen als offen rassistisch kritisierten SVP-Wahlkampf berichtete die Berliner Wochenzeitung „Jungle World“ vor dem Urnengang in der Alpenrepublik: „ In diesem Wahljahr treibt es die SVP aber inhaltlich besonders derb. Seit Monaten überzieht sie das Land mit einer kostspieligen Inserate- und Plakatflut. Wer die Geldgeber sind, ist allerdings nicht bekannt. Im Visier hat die SVP Ausländern, die gerne als »Sozialschmarotzer« hingestellt werden, die die »Schweizer Sozialwerke«, insbesondere die Arbeitslosen- und die Invalidenversicherung, gefährden würden. Auf den Plakaten, die in ganz Europa für Skandal sorgten, kicken drei weiße Schafe ein schwarzes Schaf über die Grenze, der Text lautet: »Sicherheit schaffen«.“
2,3 Prozent zugelegt
Das auftreten rechtspopulistischer und rechtsextremer Parteien, die gerade auch mit fremden- und minderheitenfeindlichen Parolen auf Stimmenfang gehen, ist auch in traditionellen europäischen Demokratien keine Seltenheit, auch nicht, das sie damit durchaus teilweise beachtliche Wahlerfolge verbuchen können – Haider´s FPÖ in Österreich, Le Pen und seine „Front National“ in Frankreich, der zwischenzeitlich verbotene „Vlaams Block“ in Belgien sind nur Beispiele hierfür. Allerdings sind die Wahlerfolge der SVP in der Schweiz mehr als nur beachtlich. Bereits bei den Nationalratswahlen 2003 wurde die Partei von Justizminister Christoph Blocher mit 26,7 Prozent der Stimmen stärkste politische Kraft, 1999 war sie mit 25 Prozent noch gleichauf mit den Sozialdemokraten. Zwar blieb der von vielen befürchtete „große Sprung“ aus, aber immerhin konnte die SVP am vergangenen Sonntag 2,3 Prozentpunkte zulegen und kam auf 29 Prozent der Stimmen – der höchste Stimmenanteil, den eine Partei in der Schweiz seit der Einführung des Verhältniswahlrechts 1919 jemals auf sich vereinigen konnte. Gleichzeitig fielen die Sozialdemokraten weiter ab, verloren gut 4 Prozentpunkte und landeten unterhalb der 20-Prozent-Marke. Auf der politisch linken Seite konnten sich die Grünen von 7,6 Prozent auf 9,6 Prozent verbessern – was aber die potentielle Rechtslastigkeit des neuen Parlaments eher nicht ausgleichen werden kann.
Beachtlich war beim SVP-Wahlkampf nicht nur der unverhohlen aggressive Rassismus, sondern auch die Intensität der Materialschlacht. Nach Schätzungen von Wahlbeobachtern steckte die Partei etwa 5,5 Millionen Schweizer Franken – so viel, wie wohl alle anderen Parteien zusammen. Über die Herkunft der Gelder wird heftig spekuliert. Mit diesem Wahlkampfetat gelang es der Partei, die Themen im Wahlkampf vorzugeben und die öffentliche Diskussion faktisch zu dominieren. Den antirassistischen und demokratischen Kräften ist es im Wahlkampf augenscheinlich nicht gelungen, dieser Dominanz etwas entgegenzusetzen. Angesichts des Umstandes, das die SVP bereits seit geraumer Zeit von Wahl zu Wahl zulegen kann, zeigt sich am Beispiel Schweiz erneut, das eine langfristige, auf Kontinuität und Nachhaltigkeit angelegte Konzeption unerläßlich ist, will man mittel- und langfristig das Erstarken und Verankerung fremdenfeindlicher und rechtspopulistischer Parteien verhindern.
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