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„Für ein Europa der Vaterländer“: Europäische Vernetzung rechtsextremer Parteien

Die NPD ist für ihre ablehnende Haltung gegenüber der EU bekannt. Diese hindert sie nicht daran, für die Europawahlen im Mai dieses Jahres zu kandidieren; ein Bündnis mit anderen rechtsextremen Parteien ist geplant. Die europäische Vernetzung rechtsextremer Parteien ist jedoch nichts Neues.

Von Sophie Bose

Am 22. März 2014 veranstaltete die NPD-Jugendorganisation „Junge Nationale“ (JN) ihren „Europa-Kongress“ in Kirchheim, Thüringen. Der Bundesvorsitzende der JN Andy Knape sieht in dem Kongress „ein Symbol des Schulterschlusses der europäischen Rechten“. Bei dem Kongress ging es um die Vernetzung der europäischen Rechten insbesondere im Hinblick auf die Europawahl. Es kamen ungefähr 150 Vertreterinnen und Vertreter der jungen extremen Rechten Europas, zum Beispiel Nick Griffin, der Chef der British National Party, der faschistische „Blocco Studentesco“ aus Italien sowie einige Funktionäre der NPD. Es hatten sich jedoch auch rund 200 Menschen zum Protest unter dem Motto „Fackeln aus – Europäischen Nazikongress verhindern“ und „Europa solidarisch! Gegen Nationalismus und Rassismus in Europa“ in Kirchheim versammelt.

Ein „Nationales Bündnis“ für ein „Europa der Vaterländer“

Ursprünglich waren auch Vertreterinnen und Vertreter der ukrainischen Swoboda-Partei und des Rechten Sektors geladen, die bei den Protesten auf dem Maidan-Platz in Kiew maßgeblich aktiv waren und jetzt an der neuen Regierung der Ukraine beteiligt sind. Den Gästen aus der Ukraine wurde jedoch die Ausreise verweigert, was JN und NPD sehr bedauerten. Denn der Kontakt zwischen NPD und Swoboda besteht schon länger: Im Mai 2013 hatte es einen Besuch einer Swoboda-Delegation bei der NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag gegeben. Die tageszeitung (taz) vom 19.03.2014 zitiert den NPD-Bundeschef Holger Apfel: „Ich sehe gute Voraussetzungen der Zusammenarbeit [im] gemeinsamen Bestreben nach einem Europa der Vaterländer als Gegenmodell der EU-Diktatur der Brüsseler Eurokraten“. Vor drei Wochen hatten sich bereits Vertreterinnen und Vertreter aus fünf europäischen Ländern in Rom getroffen, um sich über einen Zusammenschluss im Europaparlament zu beraten. Sie wollen dabei nicht mit den großen rechten Parteien wie dem französischen Front National oder der niederländischen Partij voor de Vrijheid koalieren, die sich ohnehin bereits zu einem Bündnis formiert haben. Extrem rechte kleine Parteien planen ein „Zweites nationales Bündnis“, das sich durch noch radikalere rechte Positionen als ersteres auszeichnet.

Abschaffung der Drei-Prozent-Hürde bei den Europawahlen

Aufwind hat die NPD durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Februar 2014 erhalten, welches die Drei-Prozent-Hürde bei der Europawahl aufhebt. In Umfragen liegt die NPD bei einem bis zwei Prozent. Sie hofft daher, mit einem oder zwei Abgeordneten ins Europaparlament einzuziehen und dort in das Bündnis mit anderen rechten Splitterparteien einzutreten. Denn trotz aller Differenzen zwischen den rechtsextremen Gruppen und Parteien in den europäischen Ländern eint sie ihr Nationalismus, ihre rassistische Hetze und ihre Ideologie der Ungleichheit.
Europäischen Austausch soll es übrigens auch zwischen der rechtspopulistischen Jungen Alternative für Deutschland (AfD-Jugend) Nordrhein-Westfalen und der die EU ablehnenden UKIP (United Kingdom Independence Party) geben. Der Vorsitzende der UKIP und Präsident der nationalistischen und rechtspopulistischen EFD-Fraktion (Europa der Freiheit und Demokratie) im Europaparlament Nigel Farrage hat für den 27.03. ein Treffen in Köln angekündigt. Die AfD liegt laut Umfragen zur Europawahl im Moment bei über fünf Prozent.

Größen der europäischen Rechten in der Wiener Hofburg

Im Februar dieses Jahres hatte es in Wien ein ähnliches Treffen in anderem Gewand gegeben: Den Wiener Akademikerball. Er wird seit 2013 von der Landesgruppe Wien der rechten Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) ausgerichtet und ist der inoffizielle Nachfolger des Wiener Korporationsballs (auch Ball des Wiener Korporationsrings oder kurz WKR-Ball), welcher von 1952 bis 2012 jährlich von mehrheitlich schlagenden und farbentragenden, das heißt nationalistischen und rechtsextremen Hochschulkorporationen organisiert wurde. Er findet in einem der repräsentativsten Gebäude Wiens, der Hofburg, statt. Zum Wiener Akademikerball erscheinen jährlich rechte Größen Europas, um mitten in Wien unbehelligt zu tanzen und sich zu vernetzen. In diesem Jahr waren zum Beispiel Marine Le Pen, die Vorsitzende des französischen rechtsextremen Front National, Filip Dewinter vom belgischen Vlaams Belang, der NPD-Funktionär Jörg Hähnel und Vertreterinnen und Vertreter der italienischen Lega Nord prominente Gäste. Die Umbenennung des Balls war nötig geworden, nachdem es 2012 zu einem öffentlichen Eklat kam. Der Vorsitzende der FPÖ, Heinz-Christian Strache, hatte den Protest gegen den WKR-Ball mit der Jüdinnen- und Judenverfolgung bei den Novemberpogromen 1938 verglichen. Daraufhin wollte die Hofburg die Veranstaltung aus ihren Räumen verbannen. Unter neuem Namen, aber mit denselben Gästen, findet der Ball nun weiterhin dort statt und ruft nach wie vor massive Proteste hervor.

Bisher nur lose Netzwerke

In Deutschland gibt es noch weitere Veranstaltungen, die der europäischen Rechten zum Austausch dienen: Zum Beispiel das Pressefest der NPD-Zeitung „Deutsche Stimme“, das von der NPD veranstaltete „Fest der Völker“ in Thüringen und zahlreiche Nazi-Rock-Konzerte, die beispielsweise vom internationalen Netzwerk Blood and Honour organisiert werden. Bisher gibt es allerdings nur lose Verbindungen; langfristige und verbindliche Zusammenarbeit hat bisher kaum funktioniert, zumal die NPD im Vergleich zu rechtsextremen Parteien in anderen europäischen Ländern, wie zum Beispiel in Griechenland und Italien, relativ schwach ist. Es bleibt abzuwarten, was aus der neu angedachten europäischen Kooperation im Hinblick auf die Europawahlen im Mai in Zukunft wird.

Presseartikel zum JN-Europa-Kongress finden sich hier, hier und hier

Foto: Claude Troung-Ngoc (CCBY-SA 3.0)
 

Das Europäische Parlament: Ziel der NPD. Foto: © Claude Truong-Ngoc