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Der Frust muss tief gesessen haben, als der damalige Bundesvorsitzende der NPD, Udo Voigt, vor Gericht zog. Voigt, selbst nicht gerade dafür bekannt, für Toleranz einzutreten, fühlte sich wegen seiner politischen Gesinnung diskriminiert und verklagte deshalb das Wellness-Hotel Esplanade in Bad Saarow. Der Bundesgerichtshof fällte nun eine Entscheidung.
Von Tobias Krafft
Der ehemalige NPD-Parteichef Voigt hatte Ende 2009 für sich und seine Frau in dem Hotel in Bad Saarow für vier Nächte reserviert, um nach einem anstrengenden Wahlkampfjahr Wellness-Luft zu schnuppern. Vielleicht hatte die Hetze gegen Ausländer und „Systemparteien“ auch ihn selbst ermattet. Doch aus den Erholungstagen am idyllisch gelegenen Brandenburger Scharmützelsee wurde nichts. Stattdessen scharmützelte der NPD-Stratege sich nach entgangenen Badefreuden durch alle Instanzen bis vor den Bundesgerichtshof.
Nachdem Hoteldirektor Heinz Baumeister bemerkte, wessen Besuch da ins Haus stand, stornierte er Voigts Reservierung und sprach vorsorglich ein Hausverbot aus – per Einschreiben. Dem Anwalt des Parteivorsitzenden der NPD schrieb die Hotelleitung: „Die politische Überzeugung von Herrn Voigt ist mit dem Ziel unseres Hauses, jedem Gast nach Möglichkeit ein exzellentes Wohlfühlerlebnis zu bieten, nicht zu vereinbaren.“ In der Tat kann man sich überlegen, ob das Frühstücksei nicht einen etwas fahlen Beigeschmack bekommt, wenn am Nachbartisch ein Mann sitzt, der Adolf Hitler für einen „großen Staatsmann“ hält und am Holocaust-Mahnmal in Berlin Wahlplakate mit dem Slogan „Gas geben“ aufhängen lässt.
Mit seiner couragierten Entscheidung befand sich Hoteldirektor Baumeister übrigens auf einer Linie mit dem Hotel- und Gaststättenverband Brandenburg. Die Hoteliers und Gastwirte hatten sich in einer Vereinbarung mit der Brandenburger Landesregierung bereits 2009 zum Engagement gegen Rechtsextremismus verpflichtet.
Voigt reagierte auf seine Ausladung mit einer Klage. Er wollte nicht akzeptieren, dass man ihn wegen seiner rechtsextremen Gesinnung vor die Tür gesetzt hatte und verlangte den Widerruf des Hausverbots. Es handle sich um einen Verstoß gegen das 2006 in Kraft getretene Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und gegen das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes, so Voigt.
Unterstützung erhielt Privatmann Voigt von seiner Partei, die die Chance auf eine Inszenierung ihres Vorsitzenden als einem politischen Märtyrer des Kurbetriebs wohl nicht ungenutzt lassen wollte. So vermutete der Bundespressesprecher der NPD, Klaus Beier, der Ort Bad Saarow sei ein Refugium von Altkommunisten und ehemaligen Stasioffizieren. Überdies sei durch das Hausverbot „zugleich Frau Voigt die Möglichkeit genommen, in diesem Hotel zu gastieren.“ Die Verweigerung privaten und familiären Glücks in einer Wellness-Oase als das politische Martyrium des Parteivorsitzenden Voigt – so darf man das wohl verstehen.
Voigt selbst rief „nationale und konservative Bürger“ dazu auf, das Hotel Esplanade zu boykottieren. Dabei blieb natürlich die Frage offen, was Voigts „national orientierte“ Kameraden in einem Hotel überhaupt wollten, das „Weltoffenheit vor den Toren Berlins“ verspricht.
Immerhin, vor dem Bundesgerichtshof erstritt Voigt nun einen Teilerfolg. Das Gericht hob das Hausverbot für die von Voigt reservierten Tage auf, denn ein Hotelier könne von seinem Hausrecht nach Buchungsbestätigung und Vertragsschluss nur noch in besonderen Fällen Gebrauch machen, etwa wenn ein Gast sich grob daneben benimmt.
Viel wichtiger aber ist die Feststellung des Gerichts, dass Voigt sich nicht auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und eine etwaige Diskriminierung wegen seiner politischen Ansichten berufen kann. Hotelbesitzer können erleichtert aufatmen: Rechtsextreme muss man nicht ins Haus lassen.