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Duisburg hat ein Problem mit Israel

Dass Kritik an Israel mitunter auch mit Antisemitismus einhergeht, zeigt sich immer wieder. Mehrere Vorfälle aus Duisburg offenbaren, wie notwendig dort ein Diskurs über die Grenzen zwischen legitimer Kritik an politischem Handeln in Israel und israelbezogenem Antisemitismus ist. Im Vorfeld einer schon heftig diskutierten Veranstaltung zu diesem Thema ein Situationsbericht aus Duisburg.

Vom Bündnis gegen Antisemitismus Duisburg

In Duisburg läuft vieles schief. Die Kulturszene hat seit Jahren massive Probleme mit den Behörden, nicht erst seit dem Unglück bei der Loveparade, die Arbeitslosigkeit ist hoch und die Kassen sind leer. Aber hat die Stadt auch ein besonderes Problem mit Antisemitismus – und zwar von links? Einiges deutet darauf hin. Seit Jahren jagt ein Schlagzeile die nächste, und immer spielt der Hass auf Israel und teils offener Antisemitismus eine Rolle. Etwa im Frühling diesen Jahres, als auf der Homepage des Duisburger Kreisverbandes der Linkspartei ein Flugblatt auftauchte, in dem über eine sogenannte „Judenpresse“ geschimpft und der Davidstern mit einem Hakenkreuz verflochten dargestellt wurde.

Doch dies war nur der jüngste Vorfall in einer langen Reihe ähnlicher Skandale. Auch der sogenannte „Duisburger Flaggenstreit“, der sich während des Gazakrieges 2009 ereignete, war Thema in der internationalen Presse. Damals stürmten Polizisten unter dem Jubel von 10.000 Demonstrantinnen und Demonstranten, die in Pogromstimmung waren, eine Wohnung, um eine Flagge Israels herunterzureißen. Dieses antisemitische Fanal ging international durch die Presse – ein Diskurs in der Stadt entstand aber nicht.
Stattdessen agiert hohe Mitarbeiter aus Politik, Verwaltung und Polizei auch weiterhin als Steigbügelhalter der Hetzer. So rief der Oberbürgermeisterkandidat der Linken, Hermann Dierkes wenig später in Räumen der Volkshochschule zum Boykott israelischer Waren auf und brüskierte sich über das „läppische Existenzrecht“ Israels. Norman Paech wurde an die Universität eingeladen, wo er von seiner Feindfahrt auf der Mavi Marmara berichten konnte und die revisionistische „Nakba-Ausstellung“ wurde in städtischen Räumen gezeigt.

Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen

Das allgemeine Klima in der Stadt ist als also, vorsichtig formuliert, israelkritisch. Und so gibt es auch keine Berührungsängste mit islamistischen Gruppen wie dem Verein „Human Dignity and Rights“ (HDR) oder Milli Görüs. Der linksradikale Verein Initiativ e.V. zum Beispiel, der im Laufe des Irakkrieges mit der Aktion „10 Euro für den irakischen Widerstand“ [eine Sammelaktion von Geld u.a. für den „militärischen Widerstand“, also auch für Terroraktionen gegen amerikanische Besatzer im Irak] zweifelhafte Berühmtheit erlangt hatte, bildet mit den Islamisten vom HDR das „Bündnis gegen Rechts“. Dort wiederum marschieren neben Gruppen wie „MLPD“ auch die „Rote Antifa“ mit, die, anders als es der Name vermuten lässt, in weiten Kreisen der antifaschistischen Bewegung ausdrücklich unerwünscht ist. Ihr Hass auf Israel, der auch von lokalen Verschwörungstheoretiker wie der Band „Die Bandbreite“ geteilt wird, ist so vehement wie irrational, und hat sich schon mehrfach in handfesten Übergriffen auf Vorträge und Andersdenkende geäußert. Sie führen auf der Straße aus, was Politiker wie Dierkes im Ratssaal predigen, und bilden andererseits den Bodensatz einer Stadt, in der eine allgemeine Ablehnung westlicher Staaten im Allgemeinen und Israel im Besonderen zum Lebensgefühl zu gehören scheint.

Dr. Werner Jurga (Deutsch-Israelische Gesellschaft Duisburg) hatte Duisburg einst mit den drei Affen verglichen, die nichts (Böses) sehen, nichts (Böses) hören, nichts (Böses) sagen wollen. Eine Metapher, die das Verhalten der Stadt zutreffend charakterisiert. Der besonders hohe Anteil an muslimischen Migrantinnen und Migranten mag eine gewisse Rolle spielen, in den starken islamistischen Vereinen ist das auch sicherlich der Fall – doch ohne eine eindimensional israelfeindliche, sich als links verstehende Öffentlichkeit blieben diese Bestrebungen isoliert. Entsprechende Beispiele für krude Bündnisse und antisemitische Vorfälle in der Stadt würden den Rahmen dieses Artikels sprengen.

Die kommunale Politik besticht indes durch Indifferenz, durch Ignoranz und gar offene Sympathie für diese parteiübergreifende Obsession Israels und seinen Bürgerinnen und Bürger gegenüber. Dabei ist die Linkspartei sicherlich federführend auf kommunaler wie auch auf Bundesebene. In Duisburg ist sie gleichzeitig die wichtigste Mehrheitsbeschafferin für die Sozialdemokraten im Stadtrat und somit lässt sich auch teilweise erklären, wieso offizielle kommunale Institutionen, diesem antisemitischen Treiben keinen Riegel vorschieben.
Der „Duisburger Flaggenstreit“ verdeutlichte in eindringlicher Weise wie es in Duisburg schaltet und waltet: Nicht die unzureichende Vorbereitung der Polizei auf den Massenaufmarsch und das Einknicken des Rechtsstaats vor einem islamistischen Mob waren das eigentliche Problem, sondern die Chuzpe derer, die die Fahnen aufgehängt hatten. Galten sie doch als Störenfriede, als „Antideutsche“ und somit als Krawallmacher. Erst nachdem sich der Zentralrat der Juden eingemischt hatte, ruderten die Verantwortlichen, allen voran der damalige Polizeipräsident Rolf Cebin, drastisch zurück. Damalige Äußerungen des Duisburger Polizeisprechers, man hätte doch wissen müssen, dass „Südländer temperamentvoller sind“, lassen erahnen wie es im Duisburger Oberhaus zugeht. Ganz zu schweigen vom Verhalten des Oberbürgermeisters, den alle drei Affen zugleich bemächtigt hatten. Dass dann der Leiter für Zentrale Aufgaben der Duisburger Polizei bei einer Lesung von Dierkes zugegen war und durchaus Sympathien für seine Positionen aufbrachte, überrascht nicht. Ein Skandal, doch in Duisburg Teil der Normalität.

Nestbeschmutzer: Das Bündnis gegen Antisemitismus

Fahnen des jüdischen Staates in Duisburg zu zeigen, ist schlichtweg eine Provokation, eine Handlung, die es zu unterlassen gilt. Das Schwenken und Tragen von Hamas- und Hisbollahfahnen oder antisemitischen Plakaten ist hingegen stets Teil der alljährlichen Manifestationen in der Stadt. Wohl als Teil eines originären kulturellen Ausdrucks, der doch bitteschön zu tolerieren sei und der mal ignoriert, mal protegiert wird. An anderer Stelle zeigt man sich weniger zimperlich: Ein Vortrag zum Antisemitismus in Duisburg, der in den Räumen des städtischen Internationalen Zentrums stattfinden sollte, wurde vom Leiter der Einrichtung abgelehnt, da „der interkulturelle Charakter der Veranstaltung nicht erkennbar“ sei. Erst nach einer öffentlichen Intervention der Veranstalter wurde der Raum zugesagt.

Die Veranstaltung „Das Problem heißt Antisemitismus. Duisburg, die Linke und die 'Israelkritik'.“ findet daher am kommenden Mittwoch, den 5. Oktober, im Internationalen Zentrum (Flachsmarkt 15) in Duisburg statt und beginnt um 19 Uhr. Referenten sind der Geschichtswissenschaftler Olaf Kistenmacher und Sebastian Voigt, der Autor der Studie „Antisemiten als Koalitionspartner? Die Linkspartei zwischen antizionistischem Antisemitismus und dem Streben nach Regierungsfähigkeit“. Der Publizist Alex Feuerherdt wird als Moderator durch den Abend führen, Sebastian Mohr wird als Vertreter der Veranstalter, dem Bündnis gegen Antisemitismus Duisburg, am Podium teilnehmen.

Foto: Bündnis gegen Antisemitismus Duisburg
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In diesem Jahr beschäftigt sich ein Projekt im Vorfeld der Aktionswochen gegen Antisemitismus der Amadeu Antonio Stiftung mit israelbezogener Antisemitismus - eine, wenn nicht die derzeit gefährlichste und wirkungsmächtigste Form von Antisemitismus. Alles weitere zum Projekt, zu themenbezogenen Fortbildungen, zur Möglichkeit der Förderung eigener Projekte und vieles mehr findet Sie auf der Projektseite. Die Seite wird regelmäßig aktualisiert.
 

Marx21-Kongress diskutiert über Israel

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Bündnis gegen Antisemitismus Duisburg