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Aufgelesen bei 'derwesten.de': Über drei Jahre hat ein stadtbekannter Neonazi in Dortmund offenbar Fördermittel für die Gründung seiner „Ich-AG” bekommen. Dennis G. habe so erfolgreich ein Internet-Unternehmen an den Start gebracht: Er soll dort rechtsextremes Propagandamaterial und Waffen verkauft haben, die möglicherweise auch zum Einsatz kamen.
Von Andreas Winkelsträter, derwesten de
Die Agentur für Arbeit hat offenbar einen Neonazi beim Aufbau seines Internet-Unternehmens unterstützt. Er soll unter anderem Plakate mit rechtsextremen Parolen und „Resistore”-Aufkleber verkauft haben. Im Angebot waren aber auch Waffen wie Stahlkugelmunition oder Pfefferspray.
Seit drei Jahren können Neonazis aus ganz Deutschland auf das Angebot des Shops zurückgreifen und ihre Bestellungen in Sachen Propagandamaterial aufgeben. „Angesichts der Gewaltbereitschaft der Dortmunder Neonaziszene erscheint es besonders brisant”, betonte Kerstin Wiedemann, Sprecherin der Antifa Union Dortmund, „dass die Szene sich mit Unterstützung der Öffentlichen Hand mit potenziell tödlichen Waffen ausstatten kann.”
G. ist nach Einschätzung des Dortmunder Polizeipräsidenten einer der Rädelsführer der Ausschreitungen am 1. Mai . Er soll zusammen mit einem weiteren Kumpanen die Neonazis im Hauptbahnhof per Handzeichen aufgerufen haben, in die Stadt zu ziehen. Anschließend hatte die Meute die DGB-Kundgebung am Platz der alten Synagoge in der Dortmunder Innenstadt überfallen.
Der Polizei gelang es damals, rund 450 Neonazis festzusetzen. Gegen sie laufen Ermittlungsverfahren. Nach den Ausschreitungen hatte die Polizei Räumlichkeiten von Dennis G. wegen der Ausschreitungen am 1. Mai durchsucht
Waffen von Neonazis quasi vom Rechtsstaat gesponsert
„Der Nazi-Versandhandel bietet auch Stahlgeschosse und Zwillen an”, so Ulla Jelpke, Bundestagsabgeordnete der Partei „Die Linke”. „Es ist eine Horrorvorstellung, dass jene Waffen, mit denen Nazis gegen Demokraten vorgehen, quasi vom Rechtsstaat gesponsert werden.” Auf ihr Wahlkreisbüro waren zwei Anschläge mit solchen Stahlkugeln verübt worden. „Die Polizei muss nun überprüfen, ob die von diesem Versandhandel vertriebenen Stahlgeschosse vom gleichen Typ sind wie jene Stahlkugeln, mit denen im vergangenen Jahr zweimal die Scheiben meines Wahlkreisbüros beschädigt worden sind.” Dennis G. veröffentliche auf seiner Internetseite unverhohlen rechte Parolen. Ulla Jelpke will das Thema zum Gegenstand einer Anfrage im Bundestag machen.
„Als G. die Förderung beantragte, war er längst ein stadtbekannter Neonazi, der neonazistische Aufmärsche angemeldet sowie Flugblätter zu verantworten hatte”, so Jelpke. Er sei zudem schon bundesweit in den Medien als Führungsperson der „autonomen Nationalisten” bekannt gewesen. Daher sei es vollkommen unverständlich, warum G. die Förderung erhalten habe. Offenbar, so Kerstin Wiedemann, gebe es in der Stadt immer noch ein mangelndes Problembewusstsein.
Fördergeld-Rückzahlung?
Ein zuständiger Sprecher der JobCenter Arge sagte gegenüber derwesten.de auf Nachfrage: "Unverzüglich werden die gezahlten Fördergelder zurückgefordert, in der Hoffnung auf Erfolg”, so arge-Sprecher Christian Scherney. Ansonsten hätte man auch die damalige Förderung rechtlich nicht versagen können. „Die Rechtsstelle der Arge hat umgehend den Auftrag erhalten, die entsprechenden rechtlichen Schritte einzuleiten.” Dennis G., so Scherney weiter, sei seit zweieinhalb Jahren nicht mehr Kunde der Arge. Wie Scherney weiter mitteilte, nehme die JobCenter Arge den Vorfall zum Anlass, die Mitarbeiter weiter zu informieren und zu sensibilisieren. Außerdem sei ein Treffen mit dem Sonderbeauftragten des OB für Vielfalt, Toleranz und Demokratie, Hartmut Anders-Hoepgen, vereinbart worden.
Für Eberhard Weber, DGB-Chef Östliches Ruhrgebiet, zeigt der Vorfall, „wie weit die Rechtsextremen in die Alltagsstrukturen mit öffentlichen Fördermitteln eingebrochen sind.” Man müsse näher hinschauen, müsse sensibler hinschauen. Und das fordert auch der Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus, dessen Sprecher Weber auch ist.
Der Arbeitskreis hat schon vor Monaten in seinem Dossier „Am rechten Rand - Was ist los in Dortmund” auf den Internethandel des Dortmunder Neonazis Dennis G. hingewiesen. Dabei hatte man auch deutlich gemacht, dass man dort Waffen wie Steinschleudern oder Stahlkugeln kaufen kann.