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Viel Repression – wenig Zivilgesellschaft

Schon vor der Veröffentlichung der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU und FDP in Sachsen sorgten sich Initiativen gegen Rechtsextremismus um die Zukunft des Landesprogramms „Weltoffenes Sachsen“. Die gestern veröffentlichte Vereinbarung ist kaum in der Lage, die Gemüter zu beruhigen.
 
„Das ist alles sehr vage und wirkt wenig durchdacht.“ sagt Melanie Haller, Geschäftsführerin des Netzwerks für demokratische Kultur (NDK) in Wurzen, „das klingt nach viel Repression und wenig Zivilgesellschaft.“
 
Tatsächlich taucht das Wort Zivilgesellschaft, auf der knappen Seite, die die frisch gebackenen Koalitionspartner dem „Kampf gegen Extremismus“ widmen, genauso wenig auf, wie ein Verweis auf die langjährige Arbeit der bestehenden Initiativen und ihren Kampf gegen Rechtsextremismus. In Bezug auf das Landesprogramm „Weltoffenes Sachsen“, mit dem seit 2004 lokale zivilgesellschaftliche Initiativen gefördert werden, heißt es in dem Papier lediglich, man wolle es fortführen. Die „Präventionsarbeit der Polizei“ soll demgegenüber weiter verstärkt werden. Haller dazu: „Die Höhe der finanziellen Mittel und die inhaltliche Ausrichtung, die das ‚weltoffene Sachsen’ in Zukunft haben soll, bleibt völlig unklar.“
 
Insbesondere die inhaltliche Ausrichtung ist dabei ein kritischer Punkt. Das Sachsen, wie von dem parlamentarischen Berater der FDP-Fraktion, Steffen Pawlik, noch am Mittwoch gegenüber MUT bestätigt, ein „Schwerpunkt rechtsextremer Aktivitäten“ sei, wird in der Koalitionsvereinbarung ignoriert. In dem Papier heißt es: „Wir verteidigen unsere freiheitlich – demokratische Grundordnung gegen Extremismus von links und rechts.“ Dass Gewalt von Neonazis sich nicht auf den Kampf gegen die „freiheitlich – demokratische Grundordnung“ beschränkt, sondern konkrete Menschen betrifft, die nicht in das Weltbild der Neonazis passen, wird übergangen. Genauso wie die subkulturelle Verankerung der Rechtsextremen im Freistaat übergangen wird, wie Friedemann Bringt vom Kulturbüro Sachsen gegenüber der ddp betonte.
 
Sebastian Reißig von der Aktion Zivilcourage Pirna, ein Projekt, das ebenfalls aus dem Landesprogramm gefördert wird, hebt positive Aspekte des Papiers hervor. So sei es allein schon ein Erfolg, dass das Programm in der Koalitionsvereinbarung einen eigenen Absatz erhält. Er sehe auch darüber hinaus, zum gegenwärtigen Zeitpunkt, keinen Grund zur Besorgnis: „Wenn Modifizierungen des Landesprogramms auf Grundlage der bestehenden Evaluierungen stattfinden, sehe ich da kein Problem.“
 
Zweck des Programms »Weltoffenes Sachsen« sind Zuwendungen für Projekte und Maßnahmen, die die demokratische Kultur in Sachsen fördern, die örtliche und regionale Vernetzung vorantreiben. Insgesamt fördert der Freistaat im Jahr 2008 Projekte in Höhe von etwa 1,7 Millionen Euro, wie beispielsweise die regionalen Mobilen Beratungsteams des Kulturbüro Sachsens, Netzwerk für Demokratie und Courage in Sachsen oder die RAA Sachsen e.V. mit der Opferberatung.

 

Links zum Thema:

- 2 Millionen für NPD – Projekte gegen Rechtsextremismus vor unsicherer Zukunft

- Forderungen von Initiativen zu den Bundesprogrammen

 

Foto: Polizeirepression gegen Demokraten bei einer NPD-Wahlveranstaltung in Dresden (Sebastian Brux); Text: Martin Hünemann