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Wie in Dresden findet in Lübeck jährlich ein „Trauermarsch“ von Neonazis statt. Mit etwa 350 Teilnehmerinnen und Teilnehmern ist er zu einem wichtigen Treffpunkt der Neonaziszene gewachsen. Ein breites Bündnis stellt sich dagegen. Am 27. März auf nach Lübeck.
Seit 2006 findet in Lübeck jährlich ein Aufmarsch der NPD und der freien Kameradschaften statt. Wie in Dresden soll der deutschen Opfer des Bombenkrieges gedacht werden. Was den Lübecker Aufmarsch so besonders macht ist die Tatsache, dass er die einzige regelmäßig stattfinde Treffpunkt der norddeutschen Neonaziszene ist. In den vergangenen Jahren gelang es ihnen, etwa 350 Teilnehmer/innen zu den Demonstrationen zu versammeln. Die gemeinsame Mobilisierung entspricht einer stärker werdenden Vernetzung der Szene.
Mobilisierungen seit dem Herbst
Am 27. März werden die rechtsextremen unter dem Titel: "Kein Vergeben, kein Vergessen" erneut versuchen, nur den deutschen Opfern des Zweiten Weltkriegs zu gedenken. Bereits im Herbst des vergangenen Jahres begannen die Organisatoren auf einschlägigen Internetseiten den Aufmarsch zu organisieren und zu bewerben. Manche Medien gehen sogar davon aus, dass dieses Jahr auch Unterstützung aus der Rockerszene kommt. Es wird deutlich, dass sich mit dem regelmäßigen Aufmarsch in Lübeck ein wichtiger Treffpunkt der Neonaziszene im Norden etabliert. Damit nichts schiefgehen kann, ist der Veranstaltungsleiter in diesem Jahr der bundesweit bekannte Nazi Thomas "Steiner" Wulf.
Immer wieder „Trauermärsche“
"Kein Vergeben, kein Vergessen", die Nazis sprechen eine deutliche Sprache. Der Vorwurf des Geschichtsrevisionismus ist hier mehr als begründet. Die Szene versucht erneut den alliierten Bombenangriff von 1942 zu nutzen, um ein einseitiges Opfergedenken salonfähig zu machen. Als Versammlungsleiter des Aufmarsches wird Wulf dann wahrscheinlich mit Themen, wie "Deutsche als Opfer" oder durch Begriffe wie "Bombenholocaust" die Gruppe anheizen. Natürlich ist dabei der Kontext des Zweiten Weltkrieges kein Thema, genauso wenig wie der Holocaust.
"Wir können sie stoppen"
Auf Grund der Naziaufmärsche hat sich in Lübeck eine rege zivilgesellschaftliche Gegenbewegung formiert. Seit Jahren schließen sich im Vorfeld einer Neonazidemo Kirchen, Parteien, Gewerkschaften und antifaschistische Initiativen zu einem Bündnis gegen die Ewiggestrigen zusammen. Neben der Demonstration werden auch Vorträge und Diskussionsveranstaltungen zur Bombardierung von Lübeck und zum Thema Neonazismus angeboten. Am Anfang des 20. Jahrhunderts lebten mehrere hundert Jüdinnen und Juden in Lübeck, die durch die Nationalsozialisten deportiert wurden. Die Stadt verlor damit ihre große und lebhafte jüdische Gemeinde. Die Bürgerinnen und Bürger von Lübeck und besonders die Jugendlichen unter ihnen sollen für die Geschichte ihrer Stadt und der daraus folgenden Bombardierung sensibilisiert werden.
Von Tilman Tzschoppe