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Die Mitgliederversammlung des überparteilichen Vereins "Gegen Vergessen - Für Demokratie", die am 17. November 2007 im Bayerischen Landtag stattfand, hat sich in einem Appell an die Bundesregierung gewandt, im Kampf gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus effizientere Maßnahmen zu entwickeln. Zwar seien mittlerweile die neuen Förderprogramme 'Vielfalt tut gut' und 'Förderung von Beratungsnetzwerken -- Mobile Intervention gegen Rechstextremismus' angelaufen, "die diese Programme flankierenden Leitlinien zur Umsetzung erschweren aber eine erfolgreiche Durchführung von zivilgesellschaftlichen Projekten und bürgerschaftlichem Engagement", heißt es in einer Erklärung des mehr als 2100 Mitglieder zählenden Vereins unter Vorsitz des ehemaligen Stasiunterlagen-Beauftragten Joachim Gauck.
In dem einmütig verabschiedeten "Münchner Appell" wird gefordert, dass der Kampf gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit "zu einer Aufgabe von gesamtstaatlicher Bedeutung" erklärt werden soll, "wie das bereits für die Förderung der Gedenkstätten und der Erinnerungspolitik geschehen ist." In seiner Zielrichtung bleibt der Appell aber relativ allgemeinverbindlich und was seine Umsetzung betrifft, leider etwas unkonkret. Dennoch ist er ein hoffentlich hilfreicher Schritt, der Bundesregierung zu verdeutlichen, dass die dem Familienministerium zugeordneten bisherigen Maßnahmen überhaupt nicht ausreichen. In der Tat muss Rechtsextremismus viel grundsätzlicher angepackt werden. In diesem Sinne erläutert auch der Geschäftsführer des engagierten Vereins, Dr. Andreas Eberhardt, das Anliegen des Appells:
"Die Grundlagen der Förderpolitik sind durch die jetzt geltende "Anregungsfunktion" des Bundes bestimmt, der nicht in Länderhoheiten eingreifen und daher nur (inhaltlich und zeitlich) begrenzt fördern darf. Ähnliches galt für die Förderpolitk im Bereich der Erinnerungskultur bis zum Jahr 1999 - in diesem Jahr wurde sie zur "gesamtstaatlichen Aufgabe" erklärt und ein entsprechendes Förderinstrument geschaffen, die Gedenkstättenkonzeption des Bundes. Damit ist sowohl institutionelle als auch Projektförderung (aber nicht nur im Rahmen von "Modellen") unter Einbezug der Länder möglich geworden“. In diese Richtung zielt nun, wenn auch zurückhaltend formuliert, der Aufruf.
Hier der Wortlaut des Münchner Appells:
"Demokratie leben heißt, sich zu engagieren. Zahlreiche kleine und große Beispiele im ganzen Land legen beredtes Zeugnis davon ab. Dieses Engagement bedarf der öffentlichen Unterstützung. Zur Bekämpfung antidemokratischer Entwicklungen sind mit den Bundesprogrammen „Vielfalt tut gut“ und „Förderung von Beratungsnetzwerken“ neue Initiativen der Bundesregierung erfolgt. Das begrüßen wir.
Die Ereignisse der letzten Zeit sind dennoch besorgniserregend. Die NPD ist inzwischen in Fraktionsstärke in zwei Landtagen sowie in zahlreichen kommunalen Gebietskörperschaften vertreten, die rechtsextremistische Ideologie greift weiter um sich. Weiteres Engagement ist vonnöten. Zahlreiche Beispiele zeigen, wie gemeinsames Handeln vor Ort antidemokratische Entwicklungen zurückdrängen kann. Wer aber diesen Einsatz von aktiven Bürgerinnen und Bürgern fordert, darf ihn nicht durch mangelnde Unterstützung und unverständliche bürokratische Hürden erschweren.
Die Bundesregierung, die Landesregierungen und die Kommunen werden hiermit aufgefordert, ihrer Verantwortung für die Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus gerecht zu werden. Diese Aufgabe hat gesamtstaatliche Bedeutung und deshalb fordern wir, dass die Förderpolitik geändert wird. Statt wie bisher kurzfristige Modellprogramme aufzulegen ist eine verlässliche Konzeption zu entwickeln, die Ländern, Gemeinden, vor allem aber den Bürgerinnen und Bürgern zur Seite steht."
Genau hier, wo es spannend wird, wäre eine noch weiterführende Konkretisierung wünschenswert. Vielleicht sollten sich dazu eine Reihe vergleichbarer Vereine und Vereinigungen mit "Gegen Vergessen - Für Demokratie e.V. zusammentun, um noch eindringlicher in die Bundesregierung hineinzuwirken. Aber ein Anfang ist gemacht.
Mehr unter gegen-vergessen.de
Bitte lesen sie auch: Was tun gegen Rechtsextremismus? Drei Fragen an Staatssekretär Hermann Kues und Innenminister Wolfgang Schäuble.
www.mut-gegen-rechte-gewalt.de 19.11.2007