Die Besuchermenge des Konzertes zum Gedenken des von Neonazis in Templin ermordeten Bernd K. war am vergangenen Samstag überschaubar. Gerade einmal 250 Menschen waren gekommen. Selbst für eine 17.000-Einwohner-Gemeinde wie Templin war dies ein eher dürftiger Zuspruch. Auch Bürgermeister Ulrich Schoeneich zeigte sich enttäuscht, dass so wenige Templiner anwesend waren. Seine Rolle bei der Veranstaltung hatte in Vorfeld zu erheblichen Kontroversen geführt. Und auch jetzt blieb er seiner Linie treu und sprach in seiner Rede weiterhin nur allgemein von Gewalt, ohne den rechtsextremistischen Hintergrund der Tat zu erwähnen.
Von Sarah Köneke
Das Konzert mit dem Motto "Gesicht zeigen gegen Gewalt" fand auf dem Parkplatz vor einem Irish Pub in Templin statt. Das Lokal gehört dem Neffen des Ermordeten. Er war es auch, der ursprünglich die Idee zu dem Konzert gehabt hatte. Es waren lokale Bands eingeladen, die Livemusik spielten. Und es gab eine Lichterkette mit der Templiner und extra für das Konzert angereiste Antifa-Mitglieder dem Opfer gedachten. Die Atmosphäre war entspannt und locker.
Die Rede des Bürgermeisters Schoeneich wurde mit großer Spannung erwartet. Er hatte letztendlich dieses Konzert erlaubt und sich bereit erklärt auch zu sprechen. Die Veranstaltung bot ihm die Chance, sich nun doch endlich in der Öffentlichkeit eindeutig zu positionieren und das Problem mit der rechten Szene in Templin anzuerkennen – genutzt hat er diese Chance nicht. Schoeneich appellierte lediglich an die Templiner, bei der anstehenden Kommunalwahl nicht für rechtsextreme Parteien zu stimmen. Er sprach allerdings weiterhin allgemein von „Zeichen, die Templin gegen jede Form von Gewalt setzen“ müsse. Er sprach weder von rechter Gewalt, noch brachte er den Mord an Bernd K. mit der Existenz einer rechten Szene in Templin in Verbindung. Es sei kein Unterschied, ob „die Gewalt von rechts, links oder aus der Mitte“ komme. Ein einziges Eingeständnis machte Schoeneich an diesem Abend, als er zugab, dass die Stadt überfordert sei und dringend Hilfe bräuchte. Lediglich vier hauptamtliche Sozialarbeiter gebe es, aber das genüge eben nicht. Mehr seien aber nicht zufinanzieren. Die Verantwortung schob er somit erneutr von sich: „Das Problem gewalttätiger Jugendlicher gehört in die Hände des Staates“.
Durch seine Rede verpasste Schoeneich die Chance, sich zu positionieren und die Kritiker zu besänftigen. Mit diesem Auftritt erreichte er genau das Gegenteil. Johanna Kretschmann vom Verein Opferperspektive kennt die Situation in Templin besser. Ihr Verein hat im letzten Jahr allein 12 Taten registriert, die von Rechtsextremen verübt wurden. Sie warf dem Bürgermeister vor, weiterhin die Augen zu verschließen: „Templin hat ausschließlich ein Problem mit rechten Jugendlichen“.
Die geforderte staatliche Hilfe soll Templin nun bald bekommen. Für den 8. September ist ein Treffen mit Vertretern des Verfassungsschutzes, der Polizei und des Mobilen Beratungsteams geplant, um grundsätzliche Fragen zu erörtern. Jürgen Lorenz vom Mobilen Beratungsteam erklärte: „Wir werden die Verantwortlichen in der Stadt zunächst einmal für das Thema sensibilisieren und aufklären, was rechte Strukturen überhaupt sind.“ Danach solle vor Ort, wie zum Beispiel in Betrieben oder Schulen, aufgeklärt und gegen rechts geworben werden. Lorenz gab sich dabei optimistisch: „Gerade in den Fällen, wo das Wachküssen sehr schwer gefallen ist, hat sich die spätere Zusammenarbeit als besonders gut herausgestellt“.
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