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Mittweidas Hakenkreuz-Fall kommt vor Gericht

Mittweida soll wieder sauber werden. "Wir sind keine Nazi-Stadt" betont der Bürgermeister und Sachsens CDU-Generalsekretär will aufdecken, "dass bewusst Linksextremisten am Werk waren.“ Der Hintergrund: Im November 2007 zeigte eine 17-jährige einen Überfall durch Rechtsextremisten an, die ihr ein Hakenkreuz in die Haut geritzt haben sollen. Doch Mittweidas Staatsanwaltschaft glaubt ihr nicht mehr. Mitte September soll nun der jungen Frau der Prozess gemacht werden, die bei ihrer Aussage bleibt.

Laut dpa hat das Amtsgericht Hainichen hat die Anklage im sogenannten Hakenkreuz-Fall von Mittweida zur Hauptverhandlung zugelassen. Der Prozess solle Mitte September beginnen, sagte ein Gerichtssprecher der Nachrichtenagentur am Donnerstag, den 11.Juli. Die 18-jährige müsse sich wegen Vortäuschens einer Straftat verantworten. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft soll sie im November 2007 einen Angriff von vier Neonazis fingiert haben. Sie hatte Anzeige erstattet, weil ihr auf einem Supermarktparkplatz angeblich ein Hakenkreuz in die Hüfte geritzt worden war. Die Staatsanwaltschaft Chemnitz ist jedoch überzeugt, dass sich die junge Frau selbst die Verletzungen zugefügt hat.

18-jährige bleibt bei ihrer Darstellung

Die 18-Jährige bleibt allerdings weiter bei ihrer Version des Geschehens. Demnach will sie am 3. November einem etwa fünf Jahre alten Mädchen aus einer Aussiedlerfamilie zur Hilfe gekommen sein, das von vier glatzköpfigen Männern herumgeschubst worden sein soll. Diese Aussagen hatten die Ermittler zunächst für glaubwürdig gehalten, zumal ein erstes rechtsmedizinisches Gutachten eine Fremdverletzung zumindest nicht ausschloss und auch ein kleines Mädchen gefunden wurde, dass das Geschehen bestätigte. Der Fall hatte auch deshalb bundesweit für Empörung gesorgt, weil damals angeblich zahlreiche Anwohner das Geschehen tatenlos von ihren Balkonen aus verfolgt haben sollen.

Als sich aber auch nach mehreren Aufrufen, zugesicherter Anonymität und einer ausgesetzten Belohnung keine Zeugen meldeten, wurden die Zweifel größer. Es stellte sich schließlich laut Staatsanwaltschaft heraus, dass das Kind zum Zeitpunkt der Tat nicht in Mittweida gewesen sein konnte. Ein zweites Gutachten eines Hamburger Experten für Selbstverletzungen sei zudem zu dem Ergebnis gekommen, dass die damals 17-Jährige sich die Verletzungen durchaus selbst zugefügt haben kann.

Schwiegen Zeugen aus Angst?

Die Staatsanwaltschaft betonte, dass ihre Anklageschrift gegen die junge Frau 28 Zeugen und zwei Sachverständige benenne. Der Rechtsanwalt der jungen Frau hatte die Ermittlungen hingegen stets als „halbherzig“ kritisiert und auf eine Einstellung des Verfahrens gedrängt. Dass sich keine Zeugen meldeten, hatte er damit begründet, dass die Menschen in Mittweida Angst vor den Neonazis hätten. Im April 2007 war die für zahlreiche Übergriffe in der Region verantwortlich gemachte Neonazi-Organisation „Sturm 34“ verboten worden.

Bürgermeister begrüßt Anklageerhebung


Mittweidas Bürgermeister Matthias Damm (CDU) begrüßte die Anklageerhebung. Der Fall habe die Anstrengungen der Stadt im Kampf gegen Rechtsextremismus auf den Kopf gestellt. „Mittweida hat seitdem einen Makel, ich hoffe, dass dieser im juristischen Verfahren ausgeräumt werden kann. Wir sind keine Nazi-Stadt.“ Der sächsische CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer forderte in einer Mitteilung die Aufklärung der Hintergründe: „Dieser Fall hat unser ganzes Land in Verruf gebracht (...) Interessant wird sein, ob dieses Mal bewusst Linksextremisten am Werk waren.“

Der Extremismusbeauftragte der Landkreises Mittweida, Manfred Lindemann, kritisierte insbesondere die „voreilige Preisverleihung“ an das vermeintliche Opfer. Die Jugendliche war Anfang Februar trotz der laufenden Ermittlungen für ihre vermeintliche Zivilcourage vom bundesweiten „Bündnis für Demokratie und Toleranz“ ausgezeichnet worden. „Das hätte man zurückstellen müssen, um den Preis nicht zu beschädigen.“ (Quelle: dpa).

www.mut-gegen-rechte-gewalt.de / hk / Foto: Abends in Mittweida (Indymedia)