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Am 13.08.2011 versammelten sich rund 700 Menschen, um gegen eine geplante NPD-Kundgebung zum 50. Jahrestag des Mauerbaus zu protestieren. Geschichtsverdrehung und selektives Gedenken sollten in Berlin kein Gehör finden.
Von Paul Grins
Eine ganze Stadt gedachte heute, am 50. Jahrestag des Mauerbaus, den Mauertoten und stellt sich damit klar gegen das Vergessen und für eine Verarbeitung des Geschehenen. Entgegen diesem Anspruch versammelten sich zeitgleich 60 Neonazis am ehemaligen Grenzübergang Bornholmer Straße auf der Bösebrücke. Ziel ihrer wenig besuchten Ansammlung war eine Geschichtsumdeutung und das selektive Gedenken an ausschließlich deutsche Opfer.
Anstatt den Mauerbau als menschenverachtende Verletzung der Freiheitsrechte der damaligen Bürgerinnen und Bürger zu sehen, wurden die tragischen Einzelschicksale genutzt, um eine Trauer um das stilisierte „deutsche Volk“ zu kreieren. Anmelder war mal wieder der bekannte Neonazi Sebastian Schmidtke. In der Vergangenheit fiel dieser als Besitzer des Naziladens „Hexogen“ in Schöneweide, Strippenzieher des Internetportals „nationaler Widerstand“ und eben auch stellvertretender Landesvorsitzender der NPD Berlin auf. Damit dient er als Scharnier zwischen der militanten Szene und der organisierten Partei.
Dass sich die Berlinerinnen und Berliner eine solche Provokation nicht gefallen lassen war zu erwarten. Und so versammelten sich bei schönem Wetter rund 700 Gegendemonstrantinnen und Gegendemonstranten an der Bösebrücke.
Sowohl auf der Brückenseite zum Prenzlauer Berg hin, als auch auf der Gegenseite war eine bunte Menschenmenge anzutreffen. Zu den Gegenprotesten aufgerufen hatten sowohl Antifa-Gruppen und andere zivilgesellschaftlichte Akteure, als auch die SPD, die Grünen und die Linke.
Die bunte Menschenmasse genoss die fast idyllische Situation auf grünem Rasen und unter roten sowie grünen Protestballons und gedachte so auf ihre Art und Weise den Toten der Mauerjahre.
Auch eine Schweigeminute wurde abgehalten, die mit der Aufforderung endete, die geplante Schweigeminute der NPD lautstark zu stören. „Wir lassen uns nicht von einer NPD, die den Gedenktag umwandeln will, unseren Gedenktag nehmen“, sagte dazu eine der vielen Rednerinnen und Redner unter denen auch Renate Künast, die Spitzenkandidatin der Grünen für die Abgeordnetenhauswahl am 18. September, war.
Alles in Allem war die Demonstration ein kraftvolles Zeichen für ein tolerantes, demokratisches und nazifreies Berlin.