Sie sind hier

Chronik des Hasses

Den Krieg in Gaza haben Rechtsradikale in Deutschland verstärkt für ihre antisemitische Propaganda genutzt. Duchkreuzte Israelfahnen im Internet, beschädigte Mahnmäler, bedrohte Menschen. Doch ist das so neu? Die Redaktion 'blick nach rechts' hat  aktuell aufgelistet, wie viele antisemitische Vorfälle alleine im vergangenen Jahr gemeldet wurden - noch bevor der neue Nahost-Krieg ausbrach.

Zusammengestellt von Anton Maegerle


Januar 2008:

Ein Mitarbeiter des Lapidariums am Jüdischen Friedhof in der Schönhauser Allee in Berlin entdeckte am 9. Januar ein durch einen Pflasterstein demoliertes Fenster. Auch an einer jüdischen Einrichtung in der Straße Am Rupenhorn wurde ein Fenster − vermutlich mit einer Luftdruckpistole − beschädigt. (Junge Welt v. 10.1.) Im Zeitraum vom 10. bis 16. Januar wurde der Jüdische Friedhof von Günterberg in der Nähe von Angermünde (Uckermark) geschändet. Grabsteine wurden umgeworfen und Hakenkreuze darauf geschmiert, zwei Grabsteine völlig zertrümmert. (Märkische Oderzeitung v. 17.1.) Das Arbeitsgericht Frankfurt wies am 21. Januar die Kündigungsschutzklage einer Angestellten zurück. Im Verlauf einer verbalen Auseinandersetzung am Arbeitsplatz hatte die Frau zu ihrer jüdischen Kollegin gesagt: „Die anderen sind doch schon tot. Heil Hitler“. (dpa/Frankfurter Rundschau online v. 21.1.) In Sömmerda/Thüringen bemerkte eine Polizeistreife in der Nacht zum 27. Januar, dass die Gedenktafel, die an den Todesmarsch der Buchenwald-Häftlinge und der jüdischen Frauen im KZ-Außenlager erinnert, mit Hakenkreuzen beschmiert und mit dem Wort „Gas“ überzogen war. (Thüringer Allgemeine v. 6.2.) Am 27. Januar entdeckte die Polizei Schmierereien an einem Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus in Premnitz (Havelland). Unbekannte hatten den Gedenkstein mit Farbe besprüht und ein beschriebenes Stofflaken aufgehängt. (dpa/Berliner Morgenpost v. 28.1.) Polizeiangaben vom 29. Januar zufolge wurde ein Schaukasten am Mahnmal Wenzelnberg in Solingen (NRW) zerstört. Das Mahnmal erinnert an 71 Menschen, die am 13. April 1945 in der Wenzelnberg-Schlucht von den Nazis erschossen worden waren. (Solinger Tagblatt v. 29.1.)

Februar 2008:
In der Nacht zum 8. Februar wurden die Eingangstüren der Frauenkirche in Grimma (Sachsen) mit rechtsextremen und antisemitischen Aufschriften wie „Juden raus“ und einem Hakenkreuz neben einem Davidstern besudelt. (Neues Deutschland v. 9./10.2.) Unbekannte beschmierten in der Nacht zum 8. Februar die alte Synagoge in Wittich (Rheinland-Pfalz) mit NS-Symbolen- und Parolen. (dpa/Rhein-Zeitung v. 11.2./Neues Deutschland v. 9./10.2.) Angaben der Mitteldeutschen Zeitung vom 9. Februar zufolge sollen die NPD-Abgeordneten im Kreistag des Burgenlandes nicht mehr mit T-Shirts auftreten dürfen, die Irans Präsidenten und den Schriftzug „Mein Freund ist Inländer“ zeigen. Die Hemden seien antisemitisch, so Sachsen-Anhalts Innenstaatssekretär Rüdiger Erben. In der Nacht zum 10. Februar informierte ein Anrufer die Polizei über die Schändung einer Jüdischen Gedenkstätte in Berlin-Steglitz. An der so genannten Spiegelwand auf dem Hermann-Ehlers-Platz waren mehrere Kränze und ein Buch zerstört worden. Die Gedenkstätte erinnert u.a. an eine ehemalige Synagoge und von den Nazis in Vernichtungslager deportierte Juden. (ddp v. 10.2.) Am Wochenende des 16./17. Februar wurden in Erbach und Michelstadt in Hessen an mehr als 20 Stellen ausländerfeindliche und antisemitische Symbole und Parolen aufgesprüht. (Hessischer Rundfunk v. 20.2.) In der Nacht zum 20. Februar sprühten Unbekannte Hakenkreuze und „Juden Raus“-Parolen an eine Gedenkstätte für das KZ Neuengamme in Bremen-Blumenthal. (TAZ v. 22.2.) Unbekannte beschmierten das Jüdische Mahnmal in der Levetzowstraße in Berlin-Moabit. (ddp v. 18.2.) An einer der Stelen der Gedenkstätte für die ermordeten Juden Europas in der Nähe des Brandenburger Tors in Berlin wurden am 22. Februar rechtsextreme Schmierereien entdeckt. (dpa/Tagesspiegel v. 23.2./Bild am Sonntag v. 24.2.) In der Nacht zum 24. Februar wurde eine Kranzschleife von der Dessauer Gedenkstele gestohlen und mit einem Hakenkreuz versehen am Tor des Jüdischen Friedhofs angebracht. Auf dem Jüdischen Friedhof in Köthen (Sachsen-Anhalt) wurde eine Gedenktafel geschändet sowie eine antisemitische Parole auf eine Mauer gesprüht. (Kanal8 v. 27.2.) Unbekannte beschmierten am 27. Februar ein Schaufenster in der Innenstadt von Rottweil (Baden-Württemberg) mit rechtsextremer Propaganda. Die Täter sprühten ein Hakenkreuz und „Jude“ auf die Fensterscheibe. (Südkurier v. 28.8.2)

März 2008:
In der Nacht zum 1. März wurde ein weiteres Schaufenster eines Wohn- und Geschäftshauses im thüringischen Pößneck eingeworfen. Das Aktionsbündnis Courage aus Pößneck geht von einer antisemitischen Reaktion auf die Ankündigung aus, dass vor dem Gebäude „Stolpersteine“ in Erinnerung an eine jüdische Familie verlegt werden sollten. (Ostthüringer Zeitung v. 4.3.) In der Nacht vom 1. auf den 2. März wurden 16 Grabsteine des Jüdischen Friedhofs in Thallichtenberg (Kreis Kusel, Hessen) umgeworfen, Einfassungen beschädigt und Gedenksteine mit NS-Parolen-und Symbolen besprüht. Als Täter ermittelte die Polizei zwei junge Männer im Alter von 15 und 23 Jahren. Als Tatmotiv nannte der polizeibekannte 23-jährige Arbeitslose, er könne „die Israelis nicht leiden“. Er gab zudem die Schändung eines jüdischen Friedhofs im saarländischen Sötern bei St. Wendel zu. Dort waren zehn Grabsteine umgestoßen und an mehreren Stellen des Friedhofs Runen, Hakenkreuze und andere NS-Symbole sowie an der Friedhofsmauer der Spruch „Blutig heidnischer Terror“ angebracht worden. (ddp v. 18.3./AP v. 4.4./SWR v. 30.4./Jüdische Allgemeine v. 3.4.) In der Nacht auf den 9. März wurden der Jüdische Friedhof und ein jüdischer Gedenkstein in Rheine (NRW) mit Hakenkreuzen und rechtsextremen Parolen beschmiert, auf eine Mauer des Jüdischen Friedhofs der Satz „Glaubt nicht ihre Lügen“ gesprayt sowie Stolpersteine übersprüht. (Westfälische Nachrichten v. 11.3./Grevener Zeitung v. 11.3.) In der Nacht zum 11. März wurde die Außenmauer der Gedenkstätte Sachsenhausen bei Berlin in der Nähe der „Jüdischen Baracken“ mit Hakenkreuzen besudelt. (dpa/Hamburger Abendblatt v. 11.3.) Am späten Abend des 14. März grölten sieben junge Männer im Alter zwischen 18 und 21 Jahren vor einem Lokal in der Würzburger Innenstadt antisemitische Lieder, zeigten den Hitlergruß und brüllten „Sieg Heil“. In der Nacht zum 16. März wurde der Jüdische Friedhof in Neustrelitz (Mecklenburg-Vorpommern) geschändet. Laut Polizei rissen Unbekannte des Tor zum Friedhof aus den Angeln und stießen Grabsteine um. (Spiegel online v. 16.3.) Am 20. März beschmierten Unbekannte in Stuttgart-Degerloch mehrere kurz zuvor eingearbeitete Stolpersteine und sprühten mit Hilfe einer Schablone „stoppt Israel“ auf den Gehweg. (Stuttgarter Wochenblatt v. 27.3.) Beim Spiel der Fußball-Niedersachsenliga zwischen dem MTV Gifhorn und dem TuS Celle FC am 22. März wurde im Gifhorner Fanblock zweimal das „U-Bahn-Lied“ angestimmt: „Wir bauen eine U-Bahn von Celle bis nach Auschwitz“. (Cellesche Zeitung v. 27.3.) Am 24. März gab die Polizei die Schändung einer Gedenkstele auf dem Gelände des Jüdischen Friedhofs in Rostock mit rechtsextremen Symbolen bekannt. Mehrfach wurde unter Verwendung einer Schablone das Zeichen „C 18“ (Chiffre für „Kampfgruppe Adolf Hitler“) aufgesprüht. (ddp v. 25.3.) Am Rande eines Fußballspiels zwischen dem Adlershofer BC und dem jüdischen Verein TuS Makkabi am 29. März in Berlin rief ein 44-Jähriger nach Abpfiff rechtsextreme Parolen und zeigte den Hitlergruß. Zudem beleidigte ein 38-Jähriger eine 58-jährige Betreuerin von TuS Makkabi. (ddp v. 31.3.) Fans des Halleschen FC gölten am letzten März-Wochenende beim Spiel mit der Zweiten Mannschaft von Carl Zeiss Jena in Halle wiederholt „Juden Jena“. (Spiegel online v. 2.4.)

April 2008:
Am 8. April teilte die Polizei die Beschädigung einer Gedenkstele im ehemaligen Konzentrationslager Barth in Mecklenburg-Vorpommern mit. Mehrere Häftlingsfotos wurden zerkratzt, auf ein Foto SS-Runen eingeritzt. (ddp v. 8.4.) In der Nacht zum 5. April wurde eine Gedenktafel am Standort der ehemaligen Synagoge in Wriezen (Brandenburg) so stark beschädigt, dass sie entfernt werden musste. (Märkische Oderzeitung v. 18.4.) Sechs Jugendliche grölten am 15. April vor dem Spiel VfL Wolfsburg gegen Bochum den Spruch „Buchenwald, Buchenwald, wir machen alle Juden kalt!“. (Wolfsburger Allgemeine v. 19.4.) Rund ein Dutzend mit Thor Steinar T-Shirts gekleidete Personen stimmten bei der Partie des VfR Roßla (Sachsen-Anhalt) gegen den SV Höhnstedt am 19. April mehrfach das Lied „Wir bauen eine U-Bahn von Roßla bis nach Auschwitz“ an. (Mitteldeutsche Zeitung v. 22.4.) Am 25. April teilte die Polizei mit, dass Unbekannte den Jüdischen Friedhof in Liebenau (Niedersachsen) geschändet und sechs Grabmale umgeworfen hätten, zwei der hohen Sandsteingrabmale waren zerbrochen. (dpa/greenpeace magazin v. 25.4./Pressemitteilung der Polizei Nienburg v. 25. 4.) In der Nacht zum 27. April wurde der Jüdische Friedhof in Berlin-Weißensee geschändet. Die Täter stießen 23 Grabsteine und 10 Stelen um. (ddp v. 29.4.) In der Innenstadt von Nienburg wurde in der Nacht zum 30. April unter anderem eine jüdische Gedenktafel mit schwarzer Farbe beschmiert. (Pressemitteilung der Polizei Nienburg/Schaumburg v. 5.5.) Die zweite Nacht hintereinander schändeten Unbekannte den Jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee. Am 30. April wurde entdeckt, dass 33 Grabsteine und 19 Grabsäulen umgeworfen waren, am Tag zuvor fand man 30 umgekippte Grabsteine und Stelen. (AP v. 30.4.)

Mai 2008:
Am 1. Mai gröhlte eine Gruppe von 20 jungen Männern auf dem Marktplatz in Colditz (Sachsen) antisemitische Parolen. Dabei wurde auch ein Megaphon benutzt. Später wiederholten einige der Rechtsextremisten ihre Parolen aus einem fahrenden Auto heraus. (mephisto v. 2.5.) Anfang Mai sprühten Unbekannte ein Hakenkreuz auf das Todesmarsch-Denkmal in Icking bei Dorfen (Bayern). Das Mahnmal erinnert an die Leiden der KZ-Häftlinge in den letzten Kriegstagen. (Isar-Loisachbote v. 20.5.) In der Nacht zum 8. Mai wurden in Hildburghausen (Thüringen) Stolpersteine mit Hakenkreuzen beschmiert, außerdem die Schriftzüge „6 Mio. Lüge und „Wer glaubt noch dran?“ angebracht. Die Stolpersteine waren erst am 5. Mai verlegt worden. (dpa/Thüringer Allgemeine v. 8.5./ Freies Wort v. 9.5.) In der Nacht zum 8. Mai wurde ein Ehrenmal zum Gedenken an die Häftlinge des Konzentrationslagers Neuengamme in Boizenburg (Mecklenburg-Vorpommern) geschändet. Die Täter beschmierten den Gedenkstein mit einem Hakenkreuz sowie einem weiteren NS-Symbol und beschädigten das Ehrenmal. (ddp v. 9. 5.) Die Polizei stellte am 8. Mai in Grevesmühlen (Mecklenburg-Vorpommern) mehrere CDs mit volksverhetzendem Inhalt sicher. Unbekannte hatten die CDs, die laut Polizei antisemitische Filmszenen beinhalten, in Briefkästen verteilt. (ddp v. 9.5.) In der Nacht zum 11. Mai brachten Unbekannte im baden-württembergischen Burladingen und in Ringingen an öffentlichen Gebäuden rechtsextreme und antisemitische Parolen und Symbole an. (Schwarzwälder Bote v. 16.5.) Am 22. Mai wurde am Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin-Mitte erneut eine Hakenkreuz-Schmiererei entdeckt. (ddp v. 23.5.2008) Das Amtsgericht Nürnberg verurteilte am 26. Mai den 60-jährigen Phyiker Oleg S. wegen Holocaustleugnung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 15 Euro. Im Internet hatte er unter anderem Sätze wie „Nirgendwo gab es die industrielle Massenvernichtung von Juden“ verbreitet. (Nürnberger Zeitung v. 27.5.)

Juni 2008:
In der Nacht zum 5. Juni wurde ein Anschlag auf das Todesmarschmuseum im Belower Wald (Brandenburg) verübt, außerdem ein Blumenkübel vor dem Gedenkstättengebäude umgestoßen und ein Zaunfeld demoliert. Bei einem noch immer nicht aufgeklärten Brandanschlag auf die Gedenkstätte im September 2002 war das Museum fast zerstört worden. Museum und Mahnmal bei Wittstock erinnern an die Opfer der Räumung des KZ Sachsenhausen im April 1945. Damals hatte die SS rund 33 000 Häftlinge auf verschiedene Märsche Richtung Norden gezwungen. (Märkische Allgemeine v. 6.6./AP v. 5.6.) Bei einem Landesligaspiel im brandenburgischen Forst am 7. Juni wurden aus einer 40-köpfigen Gruppe heraus Sprüche wie „Wir bauen eine U-Bahn von Cottbus bis nach Auschwitz“ skandiert. (Lausitzer Rundschau v. 9.6.) In der Nacht vom 10. auf den 11. Juni schändeten Unbekannte in Berlin mindestens 29 Stolpersteine. Mit einer weißen Flüssigkeit wurden die Texte auf den Stolpersteinen unleserlich gemacht. In einem Bekennerschreiben an das rechtsextreme Internetportal Altermedia hieß es u.a.: „Um ein dauerhaft gutes Verhältnis zu Israel zu schaffen, müssen wir der eigenen Opfer mindestens gleichwertig gedenken und eine moralische Erpressung nicht mehr zulassen.“ (Altermedia v. 13.6.) Am 16. Juni wurde ein Pflasterstein in den Betsaal der Jüdischen Gemeinde Pinneberg (Schleswig-Holstein) geworfen. Nach der Tat brüllte ein junger Mann am Telefonanschluss des Gemeindebüros: „Sowas kann öfter passieren, ihr habt keine Ruhe. Sieg Heil.“ (Hamburger Abendblatt v. 18.6.) Zwischen dem 16. und 22. Juni wurde der Zwangsarbeiter-Friedhof im Pleidelsheimer Wäldle (Kreis Ludwigsburg) geschändet, 12 Holzkreuze und der Zaun zerbrochen. (Ludwigsburger Kreiszeitung v. 5.7.) Am 18. Juni wurde die Schändung des Jüdischen Friedhofs in Hachenburg (bei Koblenz) entdeckt. Acht Grabsteine waren umgeworfen worden, einer der Grabsteine zerbrach. (Pressemitteilung der Polizei Rheinland-Pfalz) In der Nacht zum 26. Juni wurde in Magdeburg eine Mauer des Jüdischen Friedhofs mit einem Hakenkreuz beschmiert. (ddp v. 27.6.)

Juli 2008:
Der MDR berichtete am 4. Juli über die Schändung des Jüdischen Friedhofs in Dessau-Roßlau. Am 6. Juli wurde eine männliche Person von Zeugen bei einer Sachbeschädigung am Totenhaus der Jüdischen Gemeinde Elmshorn bemerkt. Der Täter wollte eine Doppelflügeltür aufbrechen, um ins Innere des Totenhauses zu gelangen. Er soll sich antisemitisch geäußert haben. (Pressemitteilung der Polizei Itzehoe v. 10.7./Elmshorner Nachrichten v. 11.7.) Ein 28-Jähriger beschmierte am 8. Juli vier Stelen am Holocaust-Mahnmal in Berlin mit rechtsextremen Sprüchen. (ddp v. 9.7.) Am Abend des 8. Juli sprühte der 28-jährige Rechtsextremist Matthias T. aus Sachsen, NPD-Kandidat bei den sächsischen Kommunalwahlen, die Ziffern „884“, ein Symbol für „Heil Hitler Deutschland“ auf eine Stele des Holocaust-Mahnmals. (Bild v. 9.7./Berliner Morgenpost v. 21.7.) In Frankfurt/Oder drangen in der Nacht zum 12. Juli Unbekannte in die Räume der Jüdischen Gemeinde ein. Neben Geld wurde ein Computer entwendet, in dem die Personaldaten sämtlicher 217 Gemeindemitglieder gespeichert waren. Am 10. Juli war zudem bei der Jüdischen Gemeinde zum wiederholten Mal ein anonymer Drohbrief eingegangen. (http://de.news.yahoo.com v. 14.7./Märkische Oderzeitung v. 14.7.) Am 17. Juli berichtete die Jüdische Allgemeine, dass Unbekannte im sauerländischen Lennestadt-Elspe vier Stolpersteine mit teerähnlicher Farbe geschwärzt hatten. Am Tatort sollen Flyer mit rechtsextremen Parolen verteilt worden sein. Am 17. Juli wurde die Schändung des Jüdischen Friedhofs in Güstrow bemerkt. Acht Grabsteine waren mit NS-Symbolen, darunter Hakenkreuzen, SS-Runen sowie dem Kürzel „c 18“ (= Combat 18) beschmiert worden. (ddp v. 17.7.) In der Nacht vom 19. auf den 20. wurde bei einer Geburtstagsparty in Gummersbach (NRW) am Sportplatz Rospe ein 17-jähriger Jugendlicher aufgrund seiner jüdischen Herkunft von mehreren Tätern krankenhausreif geprügelt. Die Täter brüllten „Du dreckige Judensau“, bedrohten auch die Schwestern des Opfers und zeigten mehrfach den Hitlergruß. (Kölnische Rundschau v. 22.7./Oberberg-Aktuell v. 21. und 23.7.) Am 23. Juli meldete Radio Bremen, dass die Bremer Staatsanwaltschaft Anklage wegen Volksverhetzung gegen den dortigen NPD-Landesvorsitzenden Horst Görmann erhoben habe. Der langjährige NPD-Funktionär soll laut Anklage im November 2007 auf der Homepage der Bremer NPD jüdische Bürger/innen beschimpft und verunglimpft haben. In Passau zogen Neonazis am 26. Juli nach der Beerdigung des Alt-Neonazis Friedhelm Busse mit einer Spontan-Demonstration durch die Innenstadt. Skandiert wurden NS-Parolen wie „Deutschland erwache!“ und einmal wurde „Deutsche macht euch frei, von der Juden-Tyrannei“ gebrüllt. (www.netz-gegen-nazis.de v. 27.7.) Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Frankfurt/Oder sagte am 28. Juli, dass die dortige Jüdische Gemeinde erneut einen Drohbrief mit antisemitischem Inhalt bekommen habe. (dpa v. 28.7.) Am 28. Juli wurde die Schändung des Jüdischen Friedhofs in Cottbus entdeckt. Zwölf Grabsteine waren umgestürzt worden. (Lausitzer Rundschau v. 28.7.)

August 2008:
Bei einem Neonaziaufmarsch am 2. August in Bad Nenndorf in Niedersachsen hetzte Constant Kusters, Vorsitzender der Nederlandse Volks-Unie: „Zionisten, packt eure Koffer und geht weg aus Europa!“. (redok v. 5.8.) Beim DFB-Pokalspiel gegen Tennis Borussia Berlin am 9. August randalierten Anhänger des Bundesligisten FC Energie Cottbus. Sie brüllten antisemitische und rassistische Parolen, griffen Ordner an und verletzten 15 Polizisten. (Tagesspiegel v. 11.8.) Am 14. August standen drei rechte Jugendliche vor dem Hünfelder Jugendrichter. Sie hatten in Eiterfeld (Hessen) eine Gedenktafel für die ehemalige jüdische Gemeinde abgeschraubt und in einen Müllcontainer gelegt. (Fuldaer Zeitung v. 15.8.) Bei der Partie des Drittligisten FC Rot-Weiß Erfurt gegen Carl Zeiss Jena am 15. August im Erfurter Steigerwaldstadion wurden von der Haupttribüne mehrfach „Juden Jena“-Rufe gebrüllt. An dem Gebrüll waren 400 bis 500 Personen beteiligt. (MDR v. 21.8./Spiegel online v. 16.8.) Der 51-jährige arbeitslose Physiker Michael Winkler wurde in einer Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Würzburg wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 1200 Euro verurteilt. Auf seiner Homepage hatte er unter der Überschrift „Das Undenkbare“ die Zahlen der ermordeten Juden klein geredet und das Tagebuch der Anne Frank als „Fälschung“ bezeichnet. (Mainpost v. 21.8.) Am 23. August teilte die Polizei mit, dass das Mahnmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin geschändet worden war. An sieben Stelen wurden elf Hakenkreuze in roter und schwarzer Farbe angebracht. (ddp v. 23.8.) In der Nacht zum 29. August stahlen Unbekannte vom neuen Jüdischen Friedhof in Mainz einen vergoldeten Davidstern. (AP v. 1.7.) Bei einer Wahlkampfveranstaltung der bayerischen NPD am 30. August in Eggenfelde äußerte Udo Pastörs über Michel Friedman: „Fast hätte ich gesagt, dieser Zigeunerjude“. (Süddeutsche Zeitung online v. 2.9.) Im Zeitraum zwischen dem 30. August und dem 3. September wurde der Jüdische Friedhof im fränkischen Bechhofen geschändet. Zwei Grabsteine wurden umgeworfen und vier weitere zerbrochen. (Fränkische Landeszeitung v. 10.9.)

September 2008:
Am 6. September wurden in Kleinlinden (Hessen) antisemitische Pamphlete an den Türen der evangelischen Kirche und der Johanneskirche entdeckt. (Gießener Anzeiger v. 9.9.) Ein 30-jähriger Mann beschädigte am 8. September in Berlin-Marzahn einen Informationsstand der Zeugen Jehovas und beschimpfte die beiden Standbetreuer antisemitisch. (dpa/Welt online v. 9.9.) Der NPD-Funktionär Janus Nowak erklärte zur Eröffnung einer Grundschule für jüdische Kinder am 8. September in Stuttgart: „Besonders dreist ist die Tatsache, dass es nicht darum ging, ob überhaupt eine Privatschule für jüdische Kinder errichtet werden soll, sondern wer diese finanziert“. Nowak weiter: „Ministerpräsident Oettinger steht nach seinem Kniefall vor Frau Knobloch ‘Gewehr bei Fuß’.“ (Pressemitteilung des NPD-Regionalverbandes Böblingen-Stuttgart-Ludwigsburg v. 9.9.) Am 8. September wurde die Wohnung eines 36-jährigen Münchner Taxifahrers von der Polizei durchsucht. Gefunden wurden unter anderem eine Hitlerbüste und eine Hakenkreuzfahne. Der Mann soll 180 Briefe mit rechtsextremem Inhalt an jüdische Kultusgemeinden verschickt haben. (ddp v. 9.9.) In der Nacht zum 24. September wurde die Geschäftsstelle der LINKEN in Gadebusch (Mecklenburg-Vorpommern) mit antisemitischen Hassparolen beschmiert. Auf die Fensterscheiben waren Hakenkreuze, „Wehrt Euch“ sowie „Judenrepublik“ geschmiert. (Schweriner Volkszeitung v. 24.9.) In der Nacht zum 26. September wurde der Jüdische Friedhof in Westerstede (Niedersachsen) geschände. Grabsteine wurden umgeworfen und mit Hakenkreuzen beschmiert. Rechtsextreme Parolen und Zeichen fanden sich auch an einer Schule, der Stadtbücherei und zwei Autos. Drei Tatverdächtige wurden vorläufig festgenommen. (www.nwzonline.de v. 27.9.) In der Nacht zum 29. September wurde eine Info-Tafel des Jüdischen Friedhofs in Berlin-Mitte mit antisemitischen Parolen besudelt. Der Jüdische Friedhof war erst wenige Tage zuvor wieder eröffnet worden. (dpa v. 29.9.)

Oktober 2008:
Am 1. Oktober wurden auf einem Gehweg in Berlin-Lichtenberg antisemitische Schmierereien entdeckt. (Berliner Morgenpost v. 2.10.) Am 2. Oktober berichtete die Ostsee-Zeitung, dass Unbekannte in Wismar einen Stolperstein aus einem Gehweg entfernt hätten. Beim Fußball-Fünftligaspiel zwischen Lok Leipzig und Carl Zeiss Jena II am 4. Oktober in Jena wurde mehrfach aus dem Leipziger Fanblock „Juden Jena“ gebüllt. Das Sportgericht des Norddeutschen Fußballverbandes verurteilte den Klub wegen antisemitischer Parolen am 14. Oktober zu einer Geldstrafe von 1500 Euro. (Süddeutsche Zeitung v. 15.10.) Unbekannte beschmierten am 12. Oktober einen Stolperstein in der Innenstadt von Potsdam mit einem Hakenkreuz. (Welt v. 13.10.) Am 15. Oktober zündelten Unbekannte am Jüdischen Mahnmal für Deportationen in Berlin-Moabit. Sie legten Zeitungspapier zwischen die Granitblöcke und setzten es in Brand. (ddp v. 16.10.) Der parteilose Landtagsabgeordnete Klaus-Jürgen Menzel, zeitweilig sächsischer NPD-Landesvize, löste am 17. Oktober im sächsischen Landtag mit antisemitischen Parolen und einem Aufruf zur Gewalt einen Eklat aus. Menzel empfahl den Einsatz von Waffengewalt gegen „Zionisten, Freimaurer, Kriegstreiber und andere Psychopathen“. Gegen diese würden keine langen Reden mehr helfen, sondern „nur noch Handgranaten“. (MDR v. 17.10.) Mehrere Anhänger der NPD, darunter der Gemeindevertreter von Woltersdorf, Andreas Kavalir, störten am 20. Oktober das Jüdische Laubhüttenfest im brandenburgischen Schöneiche. (Märkische Allgemeine v. 20.10.) 12 bis 15 rechtsgerichtete Jugendliche aus Hildburghausen stürmten am 18. Oktober eine Geburtstagsparty im Schloss Weitersroda (Thüringen). Sie brüllten „Juden“ und „Schwule“ und schlugen auf die Gäste ein. (Freies Wort v. 21. u. 24.10.) Der NPD-Funktionär Ronnie Hellriegel wurde am 21. Oktober vom Stuttgarter Landgericht wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 2400 Euro verurteilt. Hellriegel wurde zur Last gelegt, bei dem „Anna-Scheufele-Fest“ in Stuttgart-Kaltental ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Kritik an der Regierung: 100 Euro; Kritik am Zentralrat: 1000 Euro; Holocau§tleugnung: Unbezahlbar“ getragen zu haben. (Http://www.npd-bw.de; eingesehen am 18. November) Das Bielefelder Landgericht verurteilte am 21. Oktober in zweiter Instanz die 79-jährige Ursula Haverbeck-Wetzel wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 1800 Euro. Haverbeck-Wetzel, vormals Vorsitzende des im Mai verbotenen Vereins „Collegium Humanum“ (CH), hatte in einem Artikel in dem CH-Blättchen „Stimme des Gewissens“ den Holocaust in Frage gestellt. (Mindener Tageblatt v. 22.10.) Am frühen Morgen des 23. Oktober wurde ein Feuer an der Mauer des Jüdischen Friedhofs in Berlin-Prenzlauer Berg bemerkt. Polizeibeamte fanden auf dem Gehweg an der Friedhofsmauer drei mit einer brennbaren Flüssigkeit gefüllte Kanister. (Pressemitteilung der Polizei Berlin v. 23.10.) Der einschlägig verurteilte Holocaust-Leugner Klaus Krusche (62) wurde am 28. Oktober vom Amtsgericht Berlin-Tiergarten wegen öffentlicher Holocaust-Leugnung im Februar 2006 zu einer Geldstrafe von 1500 Euro verurteilt. Krusche legte Berufung ein. (dpa v. 28.10.) In der Nacht zum 28. Oktober wurde der parteilose Bürgermeister von Schöneiche (Oder-Spree) mit antisemitischen Parolen beschimpft. Unbekannte hatten an seinem Wohnhaus geklingelt und ihn angepöbelt. (Hamburger Abendblatt/dpa v. 28.10.) Am 28. Oktober entdeckten Polizisten antisemitische Schmierereien an der „Gedenkstätte ehemaliges jüdisches Altenheim“ in Berlin-Mitte. (Pressemitteilung der Polizei Berlin v. 29.10.) Am 29. Oktober berichtete die Polizei über die Schändung eines jüdischen Gedenksteins in Schöneiche. Die Täter rissen mehrere Metallbuchstaben heraus und brachen den Davidstern ab. Zwei Tatverdächtige im Alter von 18 und 19 Jahren, die beide aus der Region kommen, wurden ermittelt. (ddp/Tagesspiegel v. 29.10./ddp v. 26.11.)

November 2008:
Zwischen dem 1. und 4. November schändeten Unbekannte ein Grab auf dem kleinen Jüdischen Friedhof in Lüchtringen, südlich von Holzminden (NRW). Der erst vor fünf Monaten restaurierte Grabstein aus dem Jahr 1854 wurde vollständig zertrümmert. (Neue Westfälische und Deister- und Weserzeitung v. 12.11.) In der Nacht zum 2. November wurde ein 35-jähriger Rabbiner in Berlin-Charlottenburg von zwei jungen Männern verbal antisemitisch beleidigt. (Welt Online v. 2.11./Welt v. 5.11.) In der Gemeinde Trusetal (Thüringen) wurde das Ehrenmal für den von den Nazis 1934 im KZ Börgermoor ermordeten jüdischen Sozialdemokraten Ludwig Pappenheim mit roter Farbe besudelt, über das Denkmal zudem ein Beutel gestülpt. (Freies Wort v. 5.11.) Das Amtsgericht Kassel verurteilte am 5. November den 62-jährigen Holocaust-Leugner Norbert Steinbach, Vorsitzender des „Bundes für echte Demokratie“ aus Vellmar, in erster Instanz wegen Volksverhetzung, Beleidigung und Verwendens von NS-Symbolen zu neun Monaten Gefängnis. (Frankfurter Rundschau v. 7.11.) Der sächsische NPD-Landtagsabgeordnete Jürgen Gansel veröffentlichte am 6. November auf der NPD-Homepage im Zusammenhang mit der US-amerikanischen Präsidentenwahl einen Beitrag mit der Überschrift „Afrika erobert das Weiße Haus“. Unter dem Stichwort amerikanische „Allianz von Juden und Negern“ griff Gansel unter anderem die jüdische Abstammung eines Beraters des Präsidenten auf, um so der Verfassungsschutz Sachsen, „NPD-typisch antisemitische Ressentiments zu verbeiten“. (www.npd.net eingesehen am 7.11./www.verfassungsschutz.sachsen.de, eingesehen am 7.11.) Bei einer NPD-Demonstration am 8. November in Fulda wurden Hassparolen gegen Israel gegrölt. (Fuldaer Zeitung v. 10.11.) Am Abend des 8. November verhöhnten rund 20 Neonazis in Recklinghausen bei einem Fackellauf die Opfer der Pogromnacht, Motto des Aufmarsches: „Scherben bringen Glück“. In Haltern wurde ein 18-Jähriger ermittelt, der in der Innenstadt Häuser und ein Ehrenmal mit antisemitischen Graffitis beschmiert haben soll. (www.wmtv-online.de v. 10.11.) In der Nacht zum 9. November wurde der Jüdische Friedhof in Wetter bei Marburg geschändet. Die 16 und 19 Jahre alten Täter, die von der Polizei als rechtsextrem eingestuft werden, warfen 25 Grabsteine um und rissen mehrere Meter des Zauns ein. (TAZ v. 13.11./Pressemitteilung der Polizei v. 13.11.) Unbekannte besprühten in der Nacht zum 9. November die Gedenktafel am Platz der ehemaligen jüdischen Synagoge in Randegg (Baden-Württemberg) mit weißer Farbe. Im benachbarten Öhninger Teilort Wangen wurde ein jüdischer Gedenkstein mit weißer Farbe besprüht. (Südkurier v. 11.11.) Unbekannte ritzten in der Nacht zum 9. November in die Fensterscheiben eines Geschäfts in Berlin-Weißensee elf Hakenkreuze. (ddp/Tagesspiegel online v. 9.11.) Sieben Neonazis, darunter Dieter Riefling, störten am 9. November eine interreligiöse Gedenkfeier mitsamt Marsch zum Jüdischen Denkmal. (Pressemitteilung der Polizei Hildesheim v. 9.11.) Rechtsextremisten störten am 9. November in Waren an der Müritz eine Gedenkfeier für ermordete Juden. Zuvor soll es bereits zu antisemitisch motiviertem Vandalismus im Umfeld eines Warener Geschäftshauses gekommen sein. (ddp v. 9.11./Nordkurier v. 10.11.) Nach Mitteilung der Polizei wurde ein Friedhof in Auenwald (Rems-Murr-Kreis) mit rechtsextremen Parolen, Hakenkreuzen und SS-Runen geschändet. In der Nähe waren an einer Straße Parolen wie „Juden raus“ oder „Holocaust – wir leugnen ihn“ auf einer Gesamtlänge von 80 Metern und einer Breite bis zu einem Meter angebracht. (ddp v. 10.11.) In Moers wurden am Abend des 10. November aus dem Vorraum der Aula des Mercator-Berufskollegs 20 Bildtafeln einer Ausstellung über den Holocaust gestohlen, die leeren Stellwände mit NPD-Flyern und Aufklebern verunstaltet. Am Boden lagen Hunderte von Handzetteln der NPD. (Rheinische Post online v. 11.11.) Der Südkurier berichtete am 11. November über Drohbriefe antisemitischen Inhalts, die der Jüdischen Gemeinde in Villingen-Schwenningen zugegangen sind. Darin wurde unter anderem das Verbot von jüdischen Organisationen in der Bundesrepublik gefordert. Unbekannte beschmierten am 11. November in Berlin-Friedrichshain eine Hauswand mit antisemitischen Parolen, Hakenkreuzen und anderer Hetze. (ddp/Tagesspiegel online v. 12.11.) Am 12. November drangen anlässlich einer Schülerdemonstration in Berlin bis zu 1000 Personen in die Humboldt-Universität ein. Mehrere Demonstranten beschädigten die Plakate der Ausstellung „Verraten und verkauft“ zu jüdischen Unternehmen in der NS-Zeit, dabei sollen auch antiisraelische Äußerungen gefallen sein. Der Chef des Berliner Landeskriminalamtes sprach von antisemitischem Verhalten der Gewalttäter. (Spiegel online v. 12. u. 14.11./Welt v. 14.11.) Am 15. November wurde die Neue Wache in Berlin mit Davidsternen beschmiert. (Berliner Morgenpost online v. 16.11.) In Leipzig wurde ein Mann am 20. November auf der Straße von einem Neonazi als „Jude“ beschimpft. (Zeit online v. 19.12.) Auf die Eingangstür der neu eröffneten Synagoge in Görlitz sprühten Unbekannte mit gelber Farbe ein Hakenkreuz und einen antisemitischen Spruch. (ddp v. 18.11.) In der Nacht zum 17. November wurden die Jüdischen Friedhöfe in Erfurt und Gotha geschändet. Die Täter beschmutzten den Eingang des Jüdischen Friedhofs in Erfurt mit roter Flüssigkeit, in Gotha spießten sie einen abgeschnittenen Schweinekopf auf das Friedhofstor und hängten eine antisemitische Parole auf. Der Eingangsbereich des Friedhofs wurde mit roter Farbe beschmiert. Als Tatverdächtige gelten drei polizeibekannte Rechtsextremisten im Alter von 30, 32 und 48 Jahren. (Thüringer Allgemeine online v. 18.11./Freies Wort v. 22.11./ dpa/Thüringer Allgemeine v. 4.12.) Der NPD-Landtagsabgeordnete Tino Müller machte in seiner Rede am 20. November im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern indirekt die Juden selbst für die Pogrome im November 1938 verantwortlich. Müller zufolge hatten „diese Sachen ... eine Vorgeschichte“. Diese beginnen demnach im Jahr 1933, dort hätte „das Judentum Deutschland den Krieg erklärt“, zitierte Müller aus einer Zeitung. (dpa/Ostsee-Zeitung v. 21.12.) Der Eigentümer des Internetcafes „Medienkombin@t“ in Zossen (Brandenburg) wurde am 20. November handgreiflich, als vor seiner Kneipe ein Stolperstein verlegt wurde. (Märkische Allgemeine v. 21.11. und v. 26.11.) Am 20. November berichtete die Rheinische Post über die Schändung des Anne-Frank-Mahnmals in Duisburg. Das Mahnmal war in zeitlicher Nähe zur Pogromnacht von Unbekannten mit Salzsäure großflächig verätzt worden. (Rheinische Post v. 20.11.) Eine Polizeistreife stellte am 21. November fest, dass der Jüdische Gedenkstein in Schöneiche (Brandenburg) erneut geschändet wurde. (ddp v. 21.11.) In einem Aufruf zu einem „Totengedächtnis“ mit Kranzniederlegung und Andacht in Bretzenheim (bei Bad Kreuznach) am 23. November wurde gegen „Spitzbubis aus dem Zentralrat“ gehetzt, „die mit Lügen unser Volk überziehen“ und „uns verächtlich als Grabschänder darstellen wollen“. Presserechtlich verantwortlich zeichnete Wilhelm Herbi (Niederotterbach) von der Deutschen Partei, früher NPD-Landeschef in Rheinland-Pfalz. (bnr.de v. 12.11.) Ein 29-jähriger Mann wurde am 24. November vom Marburger Amtsgericht wegen Volksverhetzung in Tateinheit mit Verstoß gegen das Waffengesetz zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der mit einem Schlagstock und Pfefferspray ausgerüstete Mann auf einem öffentlichen Platz in Marburg eine Flagge Israels verbrennen wollte. Er habe damit, so der Richter, „den Hass gegen die jüdische Bevölkerung anstacheln“ wollen. (Hessisch-Niedersächsische Allgemeine v. 25.11.) In der Nacht zum 24. November wurde der Jüdische Friedhof in Eisenhüttenstadt geschändet. (dpa/Welt online v. 2.12,) Ende November wurde ein Video mit dem hessischen NPD-Funktionär Sascha Söder (Weilbach) öffentlich. Söder fragte in die Kamera: „Können wir nicht einfach alle Juden human erschießen? Das habe ich nicht als NPD-Mitglied gesagt. Rein als Privatperson. Aus meiner tiefen Abneigung ...“ Weiter erklärte der Mainzer Student: „Zum Schluss noch ein paar Worte. Ceterum censeo: Israel sollte weggebombt werden.“ (NPD-Blog.Info v. 28.11.)

Dezember 2008:
Am 1. Dezember verurteilte das Weilheimer Jugendgericht einen 20-jährigen Ex-Soldaten wegen Volksverhetzung, gefährlicher Körperverletzung, Beleidigung und Hausfriedensbruch zu zehn Monaten Jugendstrafe auf Bewährung sowie 120 Sozialstunden. Bei einer Feier im Juni 2007 in einem Schongauer Lokal hatte er in Gesprächen mit anderen Gästen den Holocaust geleugnet und Parolen wie „Ausländer gehören vergast, Juden raus, Deutschland den Deutschen“ gebrüllt. (Münchner Merkur v. 2.12.) In der Nacht zum 2. Dezember wurde eine Erinnerungsstätte an den Antisemitismus-Streit in Berlin-Steglitz mit schwarzer Farbe beschmiert. (dpa/Welt online v. 2.12.) Das Amtsgericht Springe verurteilte am 2. Dezember den 72-jährigen Rentner Arnold Höfs (Bennigsen) wegen Volksverhetzung zu einer Haftstrafe von vier Monaten. Zudem muss Höfs 1500 Euro Strafe an die Stiftung niedersächsischer Gedenkstätten und die Gedenkstätte Bergen-Belsen zahlen. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Höfs im Februar und März dieses Jahres revisionistische Schriften an mehrere Organisationen verschickt hatte. (bnr.de v. 4.12.) In der Nacht zum 3. Dezember wurde die erst am 9. November angebrachte Gedenktafel zur Erinnerung an ehemalige jüdische Bürger/innen im Braunfelser Stadtteil Bonbaden (Hessen) gestohlen. In der Nacht zum 1. Dezember hatten Unbekannte bereits die Tafel mit einem Hakenkreuz beschmiert. (Wetzlarer Neue Zeitung online v. 5.12.) Ein 22-jähriger Mann beleidigte am Abend des 12. Dezember in einem Bus in Berlin-Mahlsdorf einen 20-jährigen Fahrgast antisemitisch. Anschließend schlug er seinem Opfer mit der Faust ins Gesicht und trat ihm gegen den Kopf. Das Opfer kam mit Frakturen im Gesicht und einem Schädel-Hirn-Trauma zur stationären Behandlung ins Krankenhaus. (Welt v. 13.12.) In der Nacht vom 12. auf den 13. Dezember wurden in der Innenstadt von Ispringen (Baden-Württemberg) nationalsozialistische und rassistische Symbole geschmiert. In der Bahnhofsgasse wurde ein aufgemalter Judenstern entdeckt. (Pforzheimer Zeitung v. 16.12.) Beim Fußball-Achtelfinale im Landespokal in Schwedt nahm die Polizei am 13. Dezember 19 Personen vorübergehend fest. Sie hatten beim Fußballspiel zwischen dem FC Schwedt 02 gegen den SV Babelsberg 03 II antisemitische und fremdenfeindliche Parolen skandiert. (www.e110.de v. 14.12; http://gegenrede.info v. 16.12.) Am 17. Dezember störten Neonazis eine Gedenkveranstaltung zum Holocaust auf dem Marktplatz in Zossen (Brandenburg). Auf ihrem Rückweg zum Bahnhof brüllten die Neonazis Parolen wie „Nie wieder Israel“. (Märkische Allgemeine v. 18.12.) In den Tagen vor dem 24. Dezember beschmierten die „Autonomen Nationalisten Güstrow“ (ANG) mehrere Gebäude in der Güstrower Innenstadt mit rechtsextremen und antisemitischen Parolen. Besudelt wurde unter anderem auch die ehemalige Synagoge. (Schweriner Volkszeitung vom 24.12.) Unter dem Motto „Sponti in Chemnitz – Freiheit für Palästina!“ marschierten am 31. Dezember Neonazis in Chemnitz auf. Demonstriert wurde gegen „Olmert und seine zionistische Bande“, die es geschafft habe, „vor allem die BRD in den Würgegriff zu nehmen“. (Erklärung der „Aktionsfront Mittelsachsen“ v. 31.12.).

Quelle: www.bnr.de, Zusammenstellung: Anton Maegerle

Weitere Fälle, auch aus 2009, listet die Website www.projekte-gegen-Antisemitismus.de der Amadeu Antonio Stiftung in einer Gewaltchronologie von 2002-2009 auf.

Aktuell zum Thema: "Jüdische Einrichtungen sind jetzt besonders gefährdet" - Interview mit Verfassungsschutzchef Fromm (Welt, 15.1.2009).

Wachsender Antisemitismus, MUT-Leser melden Fälle aus Erfurt, München, Duisburg (MUT, 11.1.)

www.mut-gegen-rechte-gewalt.de & www.bnr.de / Foto: beschmierter Gedenkstein im März 2008 in Rheine / h.kulick

rheine.jpg

beschmierter Gedenkstein in Rheine März 2008