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»Brennpunkt: X«
»Eine gute Tat ist die, die auf dem Antlitz des anderen ein Lächeln erscheinen lässt.« »Weigere dich nicht, dem Bedürftigen Gutes zu tun, wenn deine Hand es vermag.« Das eine Zitat wird Mohammed, dem arabischen Begründer des Islam, zugeschrieben, das andere stammt aus der Bibel. So weit, wie es die selbst ernannten Verteidiger des Abendlandes ihre Mitläufer in Sachsen glauben lassen wollen, liegen die beiden Weltreligionen in ihrem Verständnis von Nächstenliebe und Wohltätigkeit ganz offenbar gar nicht auseinander. Nein, Sachsen entspricht nicht dem Zerrbild von Pegida, Legida oder anderen, die dem Ruf des Landes schaden. In Sachsen gibt es großartige Initiativen, die sich der Mitmenschlichkeit und dem Zusammenhalt verschrieben haben, die Reichweite, Erfolg und viele Unterstützer haben.
Eine dieser Perlen ist das Theater der Jungen Welt, ein Eigenbetrieb der Stadt Leipzig. Das Theater bietet schon seit vielen Jahren Projekte für sozial Benachteiligte an und gibt regelmäßig Benefiz-Veranstaltungen zu Gunsten des Leipziger Flüchtlingsrats. Nachdem seit 2015 auch nach Leipzig viele Geflüchtete kamen, entschieden sich die Theatermacher, hier ebenfalls aktiv zu werden. Zunächst ermöglichte das Theater zusammen mit weiteren Partnern Geflüchteten den Besuch von regulären Vorstellungen. Bei größeren Gruppen gab es im Anschluss ein »Get-Together«, um einen Austausch zwischen Alt- und Neu-Leipzigern zu ermöglichen.
Zugleich wurde für die Spielzeit 2015/16 ein Theaterprojekt auf die Beine gestellt, in dem Geflüchtete mit Schauspielern zusammenarbeiten. Ziel war die demokratische Partizipation und Teilnahme an professionellen künstlerischen Prozessen. Dafür konnte das Theater der Jungen Welt auf seinen breiten Erfahrungsschatz mit vergleichbaren Projekten zurückgreifen.
Das Ergebnis ist die Theaterproduktion »Brennpunkt: X«, in der Schauspieler des Ensembles zusammen mit Geflüchteten einen gemeinsamen Theaterabend gestalten. Grundlage war ein Stück, das auf Interviews mit Bewohnern und Mitarbeitern in einer zentralen Erstaufnahme fußt und auf die Leipziger Verhältnisse angepasst wurde. Zehn Geflüchtete aus Syrien, Marokko, dem Libanon, dem Irak, Tunesien und Pakistan sowie fünf Schauspieler des Theaters der Jungen Welt zeigen den deutschen und europäischen Umgang mit Geflüchteten in all seinen Licht- und Schattenseiten – in Arabisch, Deutsch, Urdu, Englisch, Französisch und Kurdisch.
Es entstand ein 90minütiger Abend, der vor allem den Geflüchteten mit ihren Geschichten, aber zugleich auch den deutschen Helfern und Mitarbeitern Gehör verleiht. Zudem gab es eine dreiköpfige Band mit Geflüchteten, die aus kurdischen Rhythmen, deutschen Volksliedern und marokkanischem Hip- Hop neue musikalische Welten formte. Die Premiere fand im Juni 2016 statt und wurde von Presse und Publikum überschwänglich gefeiert.
Mit dem Projekt »Brennpunkt: X« hat das Theater der Jungen Welt sein langjähriges Schaffen für und mit Flüchtlingen und Migranten um einen weiteren Höhepunkt bereichert. Es ist mit der Vermittlung von Einsichten in die individuellen Lebenswelten von Flüchtlingen und Deutschen integrativ tätig geworden. Es hat geflüchteten Menschen Partizipation am Theater und Mitwirkung am kulturellen Leben geboten. Ein überzeugender Ansatz, der die Jury bewogen hat, das Projekt »Brennpunkt X« des Theaters der Jungen Welt in Leipzig für den Kommunalpreis des Sächsischen Förderpreises für Demokratie zu nominieren.