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Ein Projekt des Magazins stern und der Amadeu Antonio Stiftung
Als Signal gegen rechte Gewalt soll an diesem Donnerstag für eine Minute überall in Deutschland die Arbeit ruhen. In Berlin wird das öffentliche Leben stillstehen, die Kanzlerin spricht auf einer Gedenkfeier. Der stern unterstützt den Kampf gegen rechte Gewalt.
Das öffentliche Leben soll an diesem Donnerstag für eine Minute innehalten, um der zehn Opfer der rechtsextremistischen Mordserie in Deutschland zu gedenken. Arbeitgeber und Gewerkschaften "rufen die Menschen in Deutschland dazu auf, um 12 Uhr für eine Schweigeminute in ihrer Arbeit innezuhalten." In Berlin soll dann das gesamte öffentliche Leben stillstehen. Gleichzeitig wird am Gendarmenmarkt die zentrale Gedenkfeier stattfinden.
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) appellierte an alle Berliner, sich an dem stillen Gedenken zu beteiligen. In der Hauptstadt werden die Mitarbeiter in der Verwaltung und in zahlreichen Betrieben, Lehrer und Schüler in den Schulen, Polizei und Feuerwehr, die Berliner Verkehrsbetriebe, die S-Bahn und die Mitarbeiter der Stadtreinigungsbetriebe teilnehmen.
"Es geht darum, ein klares Zeichen gegen menschenverachtende rechtsextreme Gewalt zu setzen", erklärte Wowereit. Es sei wichtig zu zeigen, "dass dieser Rechtsterrorismus in der Bevölkerung keinen Rückhalt hat". Berlin sei eine weltoffene Stadt. "Hier haben Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit, Homophobie und Antisemitismus nichts zu suchen." Die Beschäftigten im Roten Rathaus sind aufgefordert, sich um 12 Uhr am Hauptportal zu versammeln.
stern engagiert sich seit Jahren
Unterstützt wird der Aufruf auch durch den stern, der sich seit Jahren bereits gegen rechte Gewalt engagiert. "Lange Zeit wurde das Potenzial rechtsradikaler Gewalt unterschätzt", kritisiert stern-Chefredakteur Andreas Petzold. "Die Mordserie der sogenannten Zwickauer Terrorzelle ist bislang trauriger Höhepunkt einer Entwicklung, die viele nicht wahrhaben wollten. Es mussten erst zehn Menschen sterben, um auf den Tod von 170 anderen Menschen aufmerksam zu machen, die in den vergangenen 20 Jahren Opfer rechter Gewalt wurden. Es handelte sich dabei meistens nicht um profane Gewalt orientierungsloser Heranwachsender. Die braunen Gewaltakte folgen einer historischen Mission: die Demokratie zu beseitigen und einen Staat unter dem Nazikult zu errichten."
"Demagogische Propaganda dient diesem Ziel ebenso wie Terror auf der Straße oder der Einzug in die Parlamente", so Petzold weiter. "Die neuen Nationalsozialisten arbeiten offen wie verdeckt. Mitunter ist es auch die Überheblichkeit von Strafverfolgungsbehörden, die dazu führt, dass sich Neonazis in machen Landstrichen ungehindert breit machen können. Der stern hat vor zwölf Jahren gemeinsam mit der Berliner Amadeu-Antonio-Stiftung die Kampagne "Mut gegen rechte Gewalt" ins Leben gerufen; Jugendinitiativen unterstützt und das "exit"-Aussteigerprojekt gefördert. Es sind couragierte Menschen, die sich in Dörfern und Städten für unsere Demokratie engagieren. Sie verdienen jede Unterstützung, jeden Tag!"
Kanzlerin spricht auf Gedenkfeier
Bei der zentralen Gedenkfeier im Konzerthaus am Gendarmenmarkt wird Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprechen. Dazu werden rund 1200 Gäste erwartet, darunter neben den Spitzen des Staates auch Angehörige der Opfer und andere Betroffene von Terroranschlägen. Damit solle ein Zeichen des Zusammenhalts und des Einstehens gegen jede Form von Fremdenfeindlichkeit und Gewalt gesetzt werden, hieß es.
Während der Veranstaltung wird der Gendarmenmarkt gesperrt, der Deutsche und der Französische Dom bleiben geschlossen. Autos dürfen dort nicht parken, wie die Polizei mitteilte. U- und S-Bahnen, Busse und Straßenbahnen werden um 12 Uhr kurz stoppen und ihre Fahrgäste über die Schweigeminute informieren, teilten die Unternehmen mit. Busse und Trams sollen dazu an eine Haltestelle fahren, U- und S-Bahnen auf den Bahnsteigen ausharren. Gerade fahrende Züge würden aber aus Sicherheitsgründen nicht auf freier Strecke angehalten, hieß es.
Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) betonte: "Die Ächtung von Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt ist uns eine Verpflichtung." Polizei und Feuerwehr stünden fest an der Seite der Zuwanderer.
Gegenveranstaltung des Bündnis' gegen Rassismus
Das Bündnis gegen Rassismus rief dagegen zur Teilnahme an einer Kundgebung an der Ecke Markgrafenstraße/Mohrenstraße (10.30 Uhr) auf. Die staatliche Gedenkfeier sei unzureichend, um sich bei den Opfern der rechtsextremistischen Gewalt zu entschuldigen, erklärte das Bündnis. Der Staat trage durch die polizeilichen Ermittlungsfehler, die Verstrickung des Verfassungsschutzes und die Diffamierung der Opfer ganz klar eine Mitschuld.
Der Artikel ist zuerst erschienen auf stern.de
Mitarbeiterinnen von Gruner + Jahr versorgten heute ihre Kolleginnen und Kollegen mit Aufklebern und Buttons von Mut gegen rechte Gewalt, Foto: Klaus Knuffmann, c