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»Warum wir nach Dresden gekommen sind«
Nach dem Ende des Kalten Krieges sind viele jüdische Immigranten aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion, vor allem auch aus der Ukraine, in die Bundesrepublik übergesiedelt. Sie haben sich zu diesem Schritt entschieden, um dem Antisemitismus zu entgehen, der – wie zuvor bereits in der Sowjetunion – den Alltag der Gesellschaften vieler ihrer ursprünglichen Heimatländer bestimmt.
Im Zeichen von Pegida und AfD begegnen ihnen allerdings auch in Dresden antisemitische Vorurteile sowie Hass gegen Fremde und Flüchtlinge, wie er viele heute trifft. Und das, obwohl diese jüdischen Migranten seit 22 Jahren in Deutschland sind und versuchen, in Dresden eine neue Heimat zu finden. Zuvor in ihren ursprünglichen Herkunftsländern als »Juden« diskriminiert, erfahren sie hierzulande nunmehr häufig eine Diffamierung als unerwünschte »Russen«. Warum den meisten von ihnen nur die Flucht blieb, wird selten gefragt.
Um den Vorurteilen zu begegnen, aufzuklären und den hierher Geflohenen eine Stimme und ein Gesicht zu geben, hat der Jüdische FrauenVerein Dresden e. V. die Ausstellung »Warum wir nach Dresden gekommen sind« als intergeneratives Zeitzeugenprojekt konzipiert. In der Vorbereitungsphase wurden dazu Berichte von Dutzenden jüdischer Zuwanderer aus den GUS aufgezeichnet. Vierzehn dieser individuellen Berichte zeigt die Ausstellung in Dokumenten und einem persönlichen Gesprächsangebot. Auf zwölf Acrylsäulen berichten vierzehn Holocaust-Überlebende über ihre Fluchtgründe und ihr Leben in Dresden und rufen zu Völkerverständigung und Demokratie auf. Die Vorort-Zeitzeugengespräche, die sie im Kontext der Ausstellung anbieten, rütteln auch politisch Uninteressierte weitaus stärker auf als mancher Pressebericht.
Die Ausstellung wird von Bildungsträgern, Kirchen, Jugendweiheorganisatoren, Vereinen, Museen u. a. nachgefragt. Als Lehrplanbestandteil bieten die Exponate zusätzliches Anschauungsmaterial für Schulen und Zeitzeugengespräche mit Lehrenden und Lernenden, vielfach auch mit hospitierenden jungen Eltern.
Mit der Ausstellung »Warum wir nach Dresden gekommen sind« und der Ermöglichung persönlicher Gespräche mit den betroffenen jüdischen Immigranten engagiert sich der Jüdische FrauenVerein Dresden in einem schwierigen Umfeld von Hetze und Ressentiments für die Überwindung antisemitischer wie flüchtlingsfeindlicher Vorurteile und Diskriminierung. Er setzt ein Zeichen für Menschenrechte und Minderheitenschutz in Dresden, für seit langem ansässige wie die neu ankommenden Flüchtlinge, und ermahnt zum Gespräch, zum Lernen aus der Geschichte – und zur Begegnung, solange die Überlebenden noch unter uns weilen.