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"Die Vernetzung der gegen Rechtsextremismus Aktiven aus Ost- und Westdeutschland ist dringend geboten"".

Drei Fragen an... Dr. Dietmar Molthagen, er ist verantwortlich für das Projekt Rechtsextremismus der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin.


1.) Was war für Sie ein Fortschritt in der Arbeit gegen Rechtsextremismus 2007?

Zwei Dinge möchte ich besonders hervorheben: Erstens ist die Kommune als zentraler Ort der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus endlich in den Mittelpunkt gerückt. Vielen Initiativen vor Ort, die sich mit bewunderswertem Einsatz für die Bekämpfung des Rechtsextremismus in ihrer jeweiligen Kommune eingesetzt haben, gebührt dafür Dank und Anerkennung. Aber auch die Kommunalpolitik und -verwaltung hat sich nach meiner Wahrnehmung an vielen Stellen auf den Weg gemacht – was nicht heißt, dass nicht auch noch Steigerungspotenzial sowohl bei den Anständigen als auch bei den Zuständigen besteht.

Einen zweiten Fortschritt sehe ich in der gestiegenen Sensibilität gegenüber dem Thema Rechtsextremismus in den alten Bundesländern. Die Erkenntnis, dass Rechtsextremismus kein Ostproblem ist, hat setzt sich langsam aber sicher durch, was wir als Friedrich-Ebert-Stiftung etwa an deutlich steigenden Anfragen nach politischen Bildungsmaßnahmen zum Thema Rechtsextemismus aus Westdeutschland ablesen können.

2.) Was war für Sie ein Rückschritt in der Arbeit gegen Rechtsextremismus 2007?

Jede rechtsextreme Gewalttat ist eine zuviel und damit ein Rückschritt in der Arbeit gegen Rechtsextremismus. Ganz klar kann uns nicht zufrieden stellen, dass es Regionen gibt, in denen der Rechtsextremismus als eine politische Meinung neben anderen akzeptiert wird und/ oder eine rechtsextreme Jugendkultur dominierend auftritt und im Ergebnis Menschen wegen ihrer Hautfarbe, Religion, politischer Orientierung o.a. bedroht oder sogar angegriffen werden. Ein Rückschritt war sicherlich auf Seiten der Gegenmaßnahmen die Nichtberücksichtigung vieler Erfahrungen aus den bisherigen Bundesprogrammen gerade beim Aufbau sog. Strukturprojekte in Westdeutschland.

3.) Wo sehen Sie dringenden Handlungsbedarf 2008?
Wenn schon die Kommunen jetzt in besonderem Maße im Mittelpunkt der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus stehen, bedürfen sie auch der Unterstützung in Form von Wissen um den aktuellen Rechtsextremismus, Best Practice-Beispiele aus anderen Kommunen und Beratung zur Bewältigung ihrer spezifischen Situation. Mit Seminaren und Publikationen wird die Friedrich-Ebert-Stiftung an dieser Stelle weiterhin ihren Beitrag leisten.

Entsprechend dem kritisierten Rückschritt 2007 ist besser spät als nie die Vernetzung der gegen Rechtsextremismus Aktiven aus Ost- und Westdeutschland geboten. Überhaupt sollte die Debatte über Verbesserungsmöglichkeiten an den Bundesprogrammen – zu denen neben den Programmen des Bundesfamilienministeriums ja auch weiterhin das Xenos-Projekt im Bundesarbeitsministerium gehört – nicht gescheut werden, denn Verbesserungen sollten immer möglich sein.

Handlungsbedarf sehe ich außerdem bei der Auseinandersetzung mit der NPD. Die Frage, ob ein neuer Verbotsantrag angestrebt wird, sollte im Verlauf des Jahres geklärt werden.


Weitere Antworten:

"Solange nichts passiert, gibt es Rechtsextremismus scheinbar nicht" - Bianca Klose, mbr
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"Für die Opfer eine fatale Signalwirkung" - AMAL, Sachsen >klick

"Jedem ist klar, dass ein Verbot der NPD allein nicht reicht" - Endstation Rechts Schwerin >klick

"Wir brauchen vor allem Kontinuität in der Arbeit", Zivilcourage Pirna >klick

"Die Bundesregierung hat keine klare Strategie", Patrick Gensing, npd-blog.info >klick

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"Die Ohnmacht gegen die jugendlichen „Nationalen“ ist gar nicht so groß'' , Philipp Gliesing, ABC-Pößneck >klick


"Know-how und Soziales Kapital gingen verloren", Reiner Schiller-Dickhut, Bündnis für Demokratie und Toleranz >klick

"Der Opferschutz muss dringend verbessert werden", Mario Peucker vom Europäischen Forum für Migrationsstudien >klick

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"Die Zivilgesellschaft geriet in Abhängigkeit von Behörden", Monika Lazar (Grüne) >klick


"Für eine unabhängige Beobachtungsstelle - Petra Pau (DIE LINKE) >klick

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Copyright: www.mut-gegen-rechte-gewalt.de 2008 / Die Antworten sammelte Holger Kulick. Für "Gesicht zeigen" antwortete Rebecca Weis.

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Rot durchgestrichenes Hakenkreuz, gesehen auf einem Spielplatz in Berlin