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Experten des Potsdamer Moses Mendelssohn Zentrums haben die Kandidatenliste der Rechtsaußenparteien NPD und DVU etwas genauer untersucht und sind auf ein zunehmend militantes und radikales Potenzial der NPD in Brandenburg gestoßen. So hat die NPD verurteilte Gewalttäter und ehemalige Spitzenkader verbotener Organisationen aufgestellt - aus Personalnot und um gezielt zu provozieren.
In einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur ddp verweist der Politikwissenschaftler Christoph Kopke beispielsweise auf die Kandidatur von Alexander Bode in der Lausitz. Der Mann galt 1999 als Haupttäter bei der "Hetzjagd" von Guben, bei der der algerische Asylbewerber Omar Ben Noui in den Tod getrieben wurde. Bode wurde für die Tat wegen versuchter Körperverletzung mit Todesfolge verurteilt. Er bekam eine Jugendstrafe von zwei Jahren. Nach Angaben der Opferperspektive gehört Bode seit Jahren zum harten Kern der Lausitzer Neonazi-Szene. Der 29-Jährige tritt laut Wählerlisten für die Stadtverordnetenversammlung von Guben sowie für den Kreistag Spree-Neiße an.
Außerdem, so Kopke, habe die NPD in Cottbus Frank Hübner aufgestellt. Dabei handelt es sich um den ehemaligen Bundesvorsitzenden der 1992 verbotenen Deutschen Alternative (DA). Hübner war bereits zu DDR-Zeiten Mitglied einer neonazistischen Wehrsportgruppe und saß in den 1980er Jahren im Gefängnis. Er wurde nach Angaben von Kopke 1985 als politischer Häftling von der Bundesrepublik freigekauft. Nach der deutschen Wiedervereinigung kehrte er nach Cottbus zurück. Mit diesen Kandidaturen bekräftige die NPD das Bündnis mit der offen neonazistischen Szene, sagte Kopke. Zugleich setze sie mit den Namen auf Popularität. Hübner sei zwar in den vergangenen Jahren kaum noch öffentlich in Erscheinung getreten, habe aber aufgrund seiner Aufbauarbeit in der DDR und nach der Wende einen großen Nimbus. Die Kandidatur sei ein Signal an die Szene. Ob die NPD damit auch Punkte bei den bürgerlichen Wählern sammeln könne, bleibe abzuwarten. NPD-Landeschef Klaus Beier freut sich laut taz sogar schon über die öffentliche Resonanz der Kandidatur. Natürlich sei der Tod des Algeriers ein "bedauernswerter Vorfall" gewesen, aber Alexander Bode sei nicht schuldig. "Der hat ihn ja nicht einmal angefasst." zitiert die taz Beier und kommentiert: "Dass Bode wegen Rädelsführerschaft hinter Gitter musste, übersieht Beier geflissentlich....":
Ein Eigentor der NPD?
Recht treffend kommentiert Mathias Hausding in der Märkischen Oderzeitung die provokante NPD-Kandidatenauswahl:
"Die Wahlen werden zeigen, ob es ein Eigentor der NPD war, verurteilte Schläger als Kandidaten aufzustellen. Ihre harte Szene werden sie so mobilisieren. Aber Wähler aus der bürgerlichen Mitte, auf die es die NPD-Strategen abgesehen haben, können sich spätestens jetzt nicht mehr damit herausreden, dass es sich hier doch um eine ganz normale Partei handele. Man könnte den Rechtsextremisten also fast dankbar sein, dass sie die Karten auf den Tisch gelegt haben. Wenn da nicht der schreckliche Gedanke wäre, dass möglicherweise jene Männer in Kommunalvertretungen einziehen, die vor neun Jahren aus Ausländerhass einen Menschen zu Tode gehetzt haben.
Der SPD-Landrat von Spree-Neiße, Dieter Friese, hat bereits mit Entsetzen auf die Nachricht reagiert, dass nicht nur der Haupttäter von damals in die Gubener Stadtverordnetenversammlung will, sondern seine Mitstreiter für Gemeindevertretungen kandidieren. Aber nicht nur für den Kreis wäre es ein Desaster, wenn die NPD triumphieren würde. Ganz Brandenburg stünde wieder am Pranger. Die Bürger haben es am 28. September selbst in der Hand, das Schlimmste zu verhindern. Sie müssen dafür nur zur Wahl gehen und ihr Kreuz bei einer demokratischen Partei machen. Je höher die Wahlbeteiligung, desto geringer die Erfolgsaussichten für die NPD." (Quelle: Märkische Oderzeitung vom 5.9.2008 http://www.moz.de/index.php/Moz/Article/category/Kommentar/id/245631)