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Cremissimo à la Mohr im Hemd nennt die Firma Eskimo eine neue Eiskreation in Österreich. Eine gedankenlos gestartete Werbeaktion. Denn der kolonialistische Begriff Mohr gilt heute zweifeslohne als rassistisch. Der Ausdruck im Hemd bezieht sich auf die vermeintliche Nacktheit von Afrikanern. Ein Kommentar von Tarafa Baghajati aus Wien.
"Neger ist nicht bös` gemeint" hat schon Ewald Stadler im Jahre 2000 verlautbart, Susanne Winter von der FPÖ sagte 2007, einige Monate bevor sie durch ihre islamfeindlichen Entgleisungen berühmt wurde: „Ich werde mich nicht der political correctness unterwerfen. Ich schließe aus, dass das Wort Neger für mich beleidigend ist.“
Beide Aussagen sind damals bei Politik, Medien aber auch bei religiösen Institutionen unkommentiert durchkommen. Dies zeigte, wie in unserer Gesellschaft ein Gewöhnungseffekt vorhanden ist, was diskriminierende Ausdrücke betrifft.
Nun sind Stadler und Winter gewiss nicht Unilever und die Eiswerbekampagne von Eskimo ist keinesfalls mit einem problematischen FPÖ Inserat zu vergleichen. Dennoch wäre etwas Sensibilität bei der Verwendung von Sprache gesellschaftspolitisch von Nöten. Mit „Mohr“ werden seit dem Mittelalter Menschen dunkler Hautfarbe bezeichnet. Zunächst waren da die Mauren (Muslimische Nordafrikaner, die die iberische Halbinsel erobert hatten und später vertrieben wurden) und danach wurde der Begriff einfach für schwarze Menschen pauschal verwendet.
Hätte Eskimo recherchiert, dann wäre der Konzern leicht darauf gestoßen, dass der „Mohr“ zu den Begriffen gehört, die ein Überlegenheitsgefühl einer Gruppe gegenüber einer anderen vermittelt und einen diskriminierenden Charakter besitzt. Dass Eskimo durch einen „Konsumententest“ sich selbst eine Unbedenklichkeitsbescheinigung auszustellen suchte, zeigt, dass die gebotene gesellschaftliche Sensibilität hinterher hinkt. In diesem Sinne sind inzwischen laut gewordene Proteste der Black Community wie im Afrikanet.info völlig richtig. "Solche Wörter sind für Schwarze im deutschsprachigen Raum eine der schwersten Beleidigungen“, wird dort Simon Inou von M Media, einem Verein zur Förderung interkultureller Medienarbeit zitiert.
Ob nun der Werberat das Inserat rassistisch findet oder nicht, ist zweitrangig, wichtig ist, dass Eskimo entgegen ersten abwehrenden Reaktionen Verständnis zeigt und richtige Schritte setzt. Ob das Eis gut schmeckt oder nicht, wird letztendlich tatsächlich nur der Konsument entscheiden. Eine Namensänderung würde das Eis allerdings nicht weniger schmackhaft machen, sondern stünde nach den aufgeflammten Diskussionen erst recht für Abkühlung.
Der Autor Dipl.- Ing. Tarafa Baghajati ist Obmann der Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen (www.islaminitiative.at)
und Vorstandsmitglied der “Platform for Intercultural Europe PIE (http://www.intercultural-europe.org/).
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www.mut-gegen-rechte-gewalt.de / h.kulick