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Mit Nazis Kohle machen

Die Partnerschaft zwischen dem Internet-Kaufhaus Amazon.de und der Brandenburgischen NPD ist wohl der aktuellste Fall von intensiven Geschäftsbeziehungen zwischen Rechtsextremisten und Wirtschaft in den letzten Wochen. Zwar hat Amazon aufgrund des öffentlichen Druckes die direkte Partnerschaft beendet, aber wir prüften einmal nach, wie es eigentlich um die Produktpalette auf dieser Verkaufsplattform so steht...

Von Jörn Menge, lautgegennazis

Da werden immer noch Titel wie  Rudolf Heß - Märtyrer für den Frieden” (s.Foto), “SS-Sturmbataillon 500 am Feind” oder “Wir wolln das Wort nicht brechen - die Waffen-SS 1935-1945″ oder “Verrat in der Normandie - Eisenhowers heimliche Helfer” freimütig angeboten. Ohne irgendwelche Hinweise auf die heroisierenden Inhalte von Nazis (ganz groß präsent ist hierbei der Titel Großdeutschland). Nach dem was man in der Presse so liest,  ist Amazon auch nicht abgeneigt antisemitische Literatur offen zu verkaufen. Hierzu ein Zitat aus einem aktuellen Artikel des Handesblattes, welches Aufschluss über betriebsinterne Umgehensweisen mit solcherlei Themen gibt: Auf die Frage, ob Amazon auch antisemitische Literatur anbieten würde, denn auch dafür gäbe es ja eine Nachfrage, kommt wie selbstverständlich die Antwort: Das würde man rechtlich prüfen und eventuell ins Angebot aufnehmen…”.

Mit anderen Worten: Wenn der Rubel rollt, ist es egal wie die Kohle in das Haus kommt. So könnte man den Zustand bei Amazon und sicherlich auch bei anderen Kaufhäusern schildern. Ein erster Aufschrei fand nun statt. Gar von Boykottaufrufen war die Rede. Was folgt eigentlich jetzt?

Das Engagement der Wirtschaft für demokratische Werte

Wer mit Nazis Kohle macht, sollte wenigstens Initiativen gegen Nazis etwas davon spenden. In den letzten fünf Jahren gibt es zwar schon eine Tendenz in der Wirtschaft, sich gegen Rechtsextremismus und Menschenverachtung auch monetär zu engagieren, aber die Mehrzahl der Unternehmen läßt es dann doch lieber bleiben. Hierbei spielen sogar Verlustängste eine große Rolle. Das wohl heftigste Argument, welches uns im Zusammenhang mit einer Sponsoring Akquisition entgegenschmetterte ist: „...wenn wir uns bei Ihnen gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus engagieren, dann verlieren wir 30% unserer Kunden – nein , da müssen Sie uns einfach verstehen!“ Immerhin gaben 25% der von uns 200 kontaktierten Unternehmen diese Begründung an, die Kampagne „Laut gegen Nazis“ –Rechte Gewalt kann jeden treffen – im Rahmen eines Kleinsponsorings nicht zu unterstützen.

Ein weiteres Argument entspricht offensichtlich den Bedürfnissen unserer Gesellschaft. Wir bekamen folgendes Argument auf höchster Geschäftsführerebene zu hören: „...unsere Marke soll in einem positiven Licht erstrahlen, wenn wir uns bei Ihnen engagieren erhält sie einen negativen Touch, das müssen Sie so einfach hinnehmen – das Thema ist zu ernst. Versuchen Sie es aber gerne im nächsten Jahr wieder!“

Aber auch bizarre Angebote erhielten wir von so manch einem großen Industrieunternehmen. Der Marketingleiter einer Brauerei beispielsweise, hatte uns angeboten jede Veranstaltung die wir durchführen, mit entsprechenden Biermengen zu sponsoren, allerdings mit der Einschränkung nicht öffentlich erwähnt werden zu wollen. Grund hierfür war, er müsse sich sonst womöglich gegenüber der Medien auch noch erklären.

Eine komplette Ablehung erhielten wir im Rahmen unserer Akquisition von zwei Industrieunternehmen. In dem einen Fall, war die Marketingleiterin so begeistert, dass sie mit uns einen Sponsoringvertrag über eine fünfstellige Summe abschließen wollte. Diesen Vertrag bereiteten wir vor und sendeten ihn an die Dame. Sechs Wochen hörten wir dann nichts mehr, bis wir nachhakten. Die Marketingleiterin durfte sich nicht mehr äußern und wirkte uns gegenüber etwas verzweifelt. Der Vertrag sei auf Vorstandsebene des Unternehmens abgelehnt worden, basta. Wir recherchierten damals mit dem Ergebnis, dass einer der Vorstandsmitglieder auch zeitgleich Kreisvorsitzender der Republikaner in der Region war. Also, kein Wunder.

Im zweiten Fall erhielten wir von einem großen Marmeladenhersteller, dessen Namen wir auch nicht erwähnen wollen eine viel klarere Ansage, die dann so lautete „...merken Sie sich endlich, wir wollen mit Ihnen nichts zu tun haben!“ Eine offizielle Begründung blieb aus.


Investment für die Demokratie


Unser Grundgesetz garantiert uns die „Freie Marktwirtschaft“. Parteien wie die NPD und rechtsextreme Funktionäre wollen diese nicht aufrecht erhalten. In den Köpfen der Manager und Vorstände sollte es endlich einmal „Klick“ machen. Ein Umdenken ist gefragt. Heutzutage werden Absagen zu Sponsoringanfragen und zur monetären Unterstützung von Kampagnen, Projekten und Aktionen gegen den wachsenden Rechtsextremismus übrigens einfacher formuliert: „Sie wissen ja, die Wirtschaftskrise – kein Budget.“ Naja, und die Politik geht nicht gerade vorbildlich an das Thema heran. Fördermittel und Fonds werden nur sehr zurückhaltend verteilt und mit Vorliebe "heruntergefahren".

Wer auch in Zukunft seine Coca Cola trinken möchte, sich sein Lieblingsauto frei aussuchen will, mit Umsätzen viel Geld verdienen möchte und in Freiheit entscheiden will, sollte langsam umdenken. Ein Investment für „Demokratie und Freiheit“ gegen ewig gestrige Ideologien, ist ein Investment für die nächsten Generationen.
Da zählt für uns auch nicht das Argument „No Policy“!


Hier der Handelsblatt – Artikel
zu Amazon

ww.mut-gegen-rechte-gewalt.de / hk

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Ausschnitt amazon.de seite