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Eine gute Wahl

Sie wissen ja: vor den Wahlen ist nach den Wahlen, ist vor den Wahlen. In den nächsten Wochen werden drei Landtage gewählt und damit verbunden sind auch Chancen.

Ein Kommentar von Anetta Kahane

Und mögliche, neue Katastrophen. Fangen wir gleich bei Sachsen an. Wie es aussieht, kann die NPD den Wiedereinzug in den Landtag durchaus schaffen. Das ist bitter. Denn es bedeutet, sie hat ein solides Fundament in der sächsischen Wahlbevölkerung. Und das obwohl die Nazis dort zerstritten sind, strategisch mitunter rumeiern und sich in offiziellen Ämtern genauso anfällig für die unschönen Seiten der Politikerexistenz zeigen wie andere auch. Ihre Umfragewerte sanken keineswegs zugunsten der AfD. Die Wählerschaft der Nazis scheint durchaus zu meinen, was sie wählen. Das heißt, sie fällt nicht einfach herein auf Populismen oder drückt diffusen Protest aus, mit dem etablierte Parteien „abgestraft“ werden sollen. Die Wähler der NPD in Sachen wissen sehr wohl was und wer und wie die NPD ist. Das Gerede von vermeintlicher Täuschung, bürgerlicher Fassade oder dem wahren Gesicht der NPD ist Unsinn. Wer die NPD wählt nimmt sie als ganzes Paket – einschließlich ihrer Militanz. Kommt sie ein weiteres Mal in den Landtag, muss sich der Freistaat ernsthaft überlegen, was er zu tun bereit ist, um diesen unsäglichen Makel wieder loszuwerden. Sachsen als Kaderschmiede der NPD auch für deren Jungspunte und Debütantinnen, das ist auf Dauer keine gute Werbung im Bundesvergleich und im Tourismus. Eine Klientel neben der NPD hat sich die AfD aufgebaut. Sie wird sicher in den Landtag gewählt. Wir dürfen gespannt sein, ob sich die CDU trotz eines Merkelschen Machtwortes es nicht zu tun, mit diesen Rechtspopulisten einlässt. Was das für die Arbeit gegen Rechtsextremismus bedeutete, wäre unkalkulierbar. Fest steht, dass in einer solchen Konstellation Flüchtlinge nicht damit rechnen können vor den Zumutungen durch Rassismus und Gewalt besser geschützt zu werden als bisher. Also heißt es: wählen gehen und die politische Auseinandersetzung weiterführen. Ein NPD Verbot kann das niemals ersetzen.

Die Situation in Thüringen und Brandenburg ist nicht ganz so dramatisch. Hier dümpelt die NPD. Ihre allgegenwärtige Wahlwerbung jedoch verfehlt nicht ihr Ziel. Sie wirkt wie eine dieser Propagandaschlachten, die ihr Gift an anderen Stellen freisetzen als in der unmittelbaren Anzahl von gewählten Abgeordneten. Diese Plakate und Slogans sind Anregung und Anstachelung für jene, die auch so denken, aber trotzdem anders wählen. Oder gar nicht wählen. Brandenburg hat es durch seine kontinuierliche Politik zumindest geschafft, dass die NPD zu wählen von ganz schlechtem Geschmack zeugt. Ja, man kann sagen, dass die Nazis von heute in Brandenburg eine gesellschaftliche Ächtung erfahren haben. Als erster Schritt gebührt dem Anerkennung. Gegen Rassismus und Diskriminierung jedoch braucht es noch sehr viel mehr Anstrengungen. Hoffen wir, dass die neue Regierung den Rassismus in der Gesellschaft genauso ernst nimmt wie den Rechtsextremismus.

In den Thüringer Landtag wird wohl eine AfD-Fraktion einziehen, auch wenn es knapp wird; aber die NPD schafft es nicht. Sie darf es nicht schaffen. Oft war sie kurz davor. Vielleicht, denken manche nach der Lektüre des Abschlussberichtes des NSU Untersuchungsausschusses, hätte dem Freistaat Thüringen ein Warnschuss durch deutlichen Wahlerfolg der NPD gut getan. Vielleicht wäre es nicht soweit gekommen, dass hier vertuscht und behindert wurde, was es zum NSU an Ermittlungen gab. Vielleicht hätten die demokratischen Parteien auf die Warnungen aus der Zivilgesellschaft reagiert und sich ihrer Aufgabe unwürdiger Beamter beizeiten entledigt. Die Zeit, in der Nazis in Thüringen eigentlich machen konnten, was sie wollten und dabei noch gedeckt wurden, hat viel zu lange gedauert, als dass sie nicht Spuren hinterlassen hätte. In der Bevölkerung, die derartiges als normal annehmen musste - und in der Politik, deren Orientierung darüber, was in die Koordinaten der Demokratie passt und was nicht, sich erst langsam erobern muss. Nein, die NPD hätte – so die traurige Bilanz - selbst mit einem solchen Warnschuss an den Dysfunktionen des Rechtsstaates nichts geändert. Umso wichtiger ist es, dass Thüringen mit den furchtbaren Erfahrungen nach dem NSU jetzt die Schlussfolgerungen zieht und gegen Rechtsextremismus und Rassismus umso aktiver wird.

Wir wünschen allen drei Ländern eine hohe Wahlbeteiligung, muntere Diskussionen, Klarheit gegen Rassismus und kluge Einsichten. Eben eine gute Wahl.

Foto: Patrick Walter (CC BY 2.0) / Desaturated from original
 

Foto: Patrick Walter