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Am Dienstag, den 19. Mai 2009, findet vor dem Landgericht Potsdam eine groteske Berufungsverhandlung gegen einen afrodeutschen Rathenower statt. Ihm wird vorgeworfen, am 8. September 2007 Mitglieder der rechten Szene attackiert zu haben - obwohl ihn selbst Neonazis überfielen. Dabei hatte das Amtsgericht Rathenow den jungen Mann zunächst freigesprochen, weil dieser von Rechtsextremisten falsch beschuldigt worden war. Aber die Staatsanwaltschaft legte Berufung ein.
Bei der erstinstanzlichen Verhandlung am 20. Januar 2009 hatte die Potsdamer Staatsanwaltschaft noch auf Freispruch plädiert. Denn in der Verhandlung war deutlich geworden, dass die stadtbekannten Rechtsextremisten Silvio W. und Fabian H. den Jugendlichen bewusst falsch beschuldigt hatten, einen von ihnen getreten, geschlagen und mit Pfefferspray angegriffen zu haben. Dies war so offenkundig, dass das Gericht nach den Aussagen der vermeintlich Geschädigten darauf verzichtete, weitere ZeugInnen zu hören, die den fraglichen Abend mit dem Angeklagten verbracht hatten.
Der afrodeutsche Jugendliche hatte dem Gericht geschildert, dass er selbst Opfer rechtsextremer Übergriffe geworden war. Zusammen mit seiner Freundin war er an jenem Septemberabend im Jahr 2007 vom Rathenower Stadtfest auf dem Weg nach Hause, als er innerhalb weniger Minuten in der Nähe seiner Wohnung zwei Mal angegriffen wurde. An diesem Abend war es auf dem Stadtfest zu mehreren Auseinandersetzungen zwischen rechten und antifaschistischen Jugendlichen gekommen, an denen er jedoch nicht beteiligt war.
Weshalb die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt hat anstatt der vor dem Amtsgericht verhandelnden Staatsanwältin zu folgen, die auf Freispruch aus tatsächlichen Gründen plädiert hatte, ist nicht nachvollziehbar. Unklar ist weiter, ob gegen die beiden vermeintlich Geschädigten ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Falschbeschuldigung und des Zeugenkomplotts eingeleitet wurde. Für eine Stellungnahme war der vor dem Landgericht verhandelnde Staatsanwalt nicht erreichbar. Die Rechtsextremen aus Rathenow werden die Wiederaufnahme des Verfahrens sicherlich begrüßen.
Siehe auch: Rechtsextremisten verheddern sich in Falschaussagen
Ein vergleichbarer Fall? (Tibor Sturm berichtet auf MUT)
www.opferperspektive.de & www.mut-gegen-rechte-gewalt.de / hk