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Am 27. März wollen die „Freien Kräfte Neuruppin“ in der brandenburgischen Kleinstadt marschieren. Rund 50 Initiativen sowie Landes- und Bundestagsabgeordnete beteiligen sich an den Gegenprotesten.
5.000 Flugblätter wollen die „Freien Kräfte Neuruppin“ verteilt haben. Sie werben für ihren Aufmarsch „Nationaler Sozialismus statt Kapitalfaschismus“ am 27. März in Neuruppin. Das brandenburgische Städtchen bereitet sich auf einen anstrengenden Samstag vor. Mit „Demokratie im Quadrat – Schöner leben ohne Nazis“ stellt sich ein breites Bündnis der Neonazi-Demonstration entgegen.
Die Freiheit anders zu sein
Daran, dass Neonazis versuchen, Kapitalismus zu kritisieren, hat man sich mittlerweile ja gewöhnt. Angeprangert werden im in pink gehaltenen Aufruf Perspektivlosigkeit, Jugendarbeitslosigkeit und die Schere zwischen Arm und Reich. Als Lösung wird der „nationalen Sozialismus“ präsentiert. Der feine Rechtschreibunterschied zum Nationalsozialismus kann auch nicht darüber hinweg täuschen, dass hier trotzdem weiterhin bekannter Ideologie gefrönt wird. „Unser Volk wird geblendet“ und befinde sich einem „kranken System“. Wer blendet eigentlich? Die Antwort darauf steht so nicht im Aufruf – das wäre wohl zu offen antisemitisch geworden und wäre dann nicht mehr anschlussfähig. Doch auch wenn es nicht offen drinsteht: Das Heilsversprechen der „Freien Kräfte Neuruppin“ lässt Übles ahnen. Das nationale homogene Kollektiv soll vor den Zumutungen des Kapitalismus schützen und Halt geben. Die „freien Menschen“, die daraufhin gefordert werden, bleiben eine leere Floskel. Die Freiheit zum Anderssein ist in einem „nationalen Sozialismus“ nicht gegeben.
Politisch werden
Verstärkte Präsenz von Neonazis gab es im Vorfeld. Vermehrt wurden Aufkleber in Neuruppin verteilt. Das Flugblatt in von Neonazis ungewohntem Pink wurde im ganzen Stadtgebiet verteilt. Um über den Neonaziaufmarsch genauer zu informieren gab es im März Informationsveranstaltungen zu den Untiefen des „nationalen Sozialismus“. Am 27. selbst findet das Fest „Demokratie im Quadrat – Neuruppin bleibt bunt“ statt. 50 Initiativen stehen als Aktionsbündnis dahinter. „Wichtig ist, dass möglichst viele aus Neuruppin und Umgebung zum Demokratiefest kommen und in gelöster Atmosphäre zum Ausdruck bringen, dass sie nicht damit einverstanden sind, dass die Neonazis in Neuruppin demonstrieren“, sagte Thomas Seltmann vom Aktionsbündnis „Neuruppin TV“. Es wird Diskussionen geben, ein Musikprogramm und auch Attraktionen für Kinder. „Sodass es ein Ausflug für die Familie sein kann, den sie damit verbindet, ihre Meinung politisch auszudrücken“, so Seltmann weiter.
Ein volles Programm
Das Fest steht unter der Schirmherrschaft von Gunter Fritsch, Präsident des Brandenburgischen Landtages. Angekündigt haben sich außerdem Landesbischof Dr. Markus Dröge, die Bundestags-Vizepräsidentin Petra Pau, Bürgermeister Neuruppins Jens-Peter Golde sowie von Egmont Hamelow, Landrat des Landkreises. Von 11 bis 16 Uhr gibt es vom Seifenkistenrennen bis zum Startruck der Kreuzberger Musikalischen Aktion ein volles Programm. An der Steinstraße streift die Neonazidemonstration das „Demokratie-Quadrat“. „Uns geht es darum, den Neonazis auf die Dauer die Laune zu verderben“, so Seltmann. Das wurde schon 2007 geschafft. An diesem Wochenende bestimmt wieder!
Von Nora Winter
Foto: Marek Peters