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Mit Kicks und Klicks für Fairplay

Die Amadeu Antonio Stiftung startet heute ein neues Internetportal, das sich mit Rassismus, Antisemitismus, Homophobie und Neonazismus im Fußball auseinandersetzt.

Als Ende August, zum Auftakt der aktuellen Bundesligasaison, Fans von Borussia Dortmund beim Spiel gegen Werder Bremen ein Banner mit der Aufschrift „Solidarität mit dem NWDO“ entrollten, konnte niemand mehr leugnen, dass Neonazis Fußballstadien für ihre Propaganda missbrauchen. „NWDO“ steht für den „Nationalen Widerstand Dortmund“, eine rechtsextreme Kameradschaft, die kurz zuvor verboten wurde. Zwar sind solche Vorkommnisse in der höchsten deutschen Spielklasse nicht alltäglich, dennoch bereiten sie Anlass zur Sorge. Borussia Dortmunds Präsident, Reinhard Rauball, räumte mit Blick auf die Nazipräsenz im Westfalenstadion und anderswo kürzlich ein: „Meiner Meinung nach haben wir ein Problem“ und forderte: „Dem müssen wir uns stellen“. Auch der frühere DFB Präsident, Theo Zwanziger, sieht die Problematik von Neonazis im Fußball „als sehr gefährlich an“.

Vorfälle wie dieser sind zwar nicht die Regel, sie als die Ausnahme zu bezeichnen, würde dem Problem jedoch nicht gerecht. In der ersten Runde des DFB-Pokals zwischen dem Drittligisten Chemnitzer FC und Dynamo Dresden (2. Bundesliga) Ende August beleidigten Chemnitzer Anhänger den schwarzen Dynamo-Spieler Mickael Poté mit „Affenlauten“. Die Chemnitzer Fankurve ist seit langem für rechtsextreme Umtriebe bekannt. So findet sich dort unter anderem die Gruppe New Society (kurz „NS“), deren Logo einem Plakat der Hitlerjugend entlehnt ist. Der Chemnitzer FC kündigte nach dem rassistischen Vorfall gegen Poté an, künftig Hausverbote auszusprechen, wenn „rassistische oder extremistische Symbole“ zur Schau gestellt würden.

Auch andere Formen der Menschenfeindlichkeit und Diskriminierung entladen sich auf den Rängen der Stadien, aber auch auf Sportplätzen, in Vereinsheimen und nicht zuletzt im Internet. Eine Webseite von Anhängern des Hamburger Sportvereins (HSV) zeigte im Februar eine Fotomontage des Bremer Torhüters Tim Wiese mit dem Spruch: „Lust auf ein Abenteuer, Süßer? Dann triff mich auf der Bremen-Gay-Line im Weserstadion“. Die Fans johlen, verbreiten das Foto weiter. „Scheiß Bremer Schwuchtel“, ist bis heute unter dem Foto zu lesen, ein anderer schreibt: „Tim Wiese, die schwulste Sau der Welt“.

Respekt und Fairness sind leider noch nicht selbstverständlich

„So wie mit ihm Werte von Respekt, Toleranz, Vielfalt und Fairness verbunden sind und er diesen Werten Hoffnung verleiht, so verwundbar ist der Fußball. Für viele ist das Stadion ein Ort, wo Menschenfeindlichkeit, Diskriminierungen und Gewalt scheinbar ungehemmt und ungebremst erlaubt sind“, sagt Andreas Zick, Konfliktforscher der Universität Bielefeld. Fairness und Respekt sind im Fußball elementar für den Umgang miteinander. Die Realität sieht jedoch leider anders aus. Die neue Plattform „Fußball gegen Nazis“ informiert über Vorfälle und Hintergründe, bietet Interessierten ein Forum zum Diskutieren und gibt Ratsuchenden konkrete Tipps und Handlungsvorschläge.

Konkret liefert fussball-gegen-nazis.de neben kontinuierlicher Berichterstattung, einer Presseschau und einem moderierten Diskussionsforum auch Fallbeispiele, konkrete Tipps und Handlungsvorschläge – für den Profi- wie auch den Amateurfußballbereich. Insgesamt soll der Nazi-Vereinnahmungsstrategie etwas entgegen gesetzt und die große Mehrheit der nicht-rechtsextremen Fußballfans mit Informationen und Argumenten versorgt werden.
 
„Über Rassismus reden“
 
Die Plattform richtet sich an alle Interessierten aus Vereinen, Verbänden und Fangruppierungen, die sich über Rassismus, Antisemitismus und andere Formen von Diskriminierung im Fußball informieren wollen. „Initiativen, die sich gegen Rechtsextremismus im Fußball richten, können sich auf Fussball-gegen-Nazis.de über ihre Erfahrungen austauschen und damit gleichzeitig andere Menschen zu mehr Engagement motivieren“, erklärt Timo Reinfrank, Stiftungskoordinator der Amadeu Antonio Stiftung, dazu.

Prominente Unterstützer begrüßen den Start der neuen Webseite: „Ich finde es sehr, sehr schön, dass man auf diesem Portal über Rassismus reden kann“, lobt der Fußballprofi Gerald Asamoah (Greuther Fürth) in einem Video-Grußwort. Der 43-fache deutsche Nationalspieler wurde selbst bereits Ziel rassistischer Beleidigungen. „Man sollte nicht die Augen zumachen, sondern etwas dagegen tun“, sagt der Bundesligaspieler. „Nazis dürfen im Stadion kein Forum haben“, fordert Jan Delay, Musiker und prominente Fußballfan aus Hamburg. Und FC St. Pauli-Fan Bela B. von den „Ärzten“ sagt: „Neonazis im Fußballstadion halte ich für absolut überflüssig und ärgerlich.“

Fussball-gegen-nazis.de wird gefördert durch die ZEIT-Stiftung und arbeitet in enger Kooperation mit Netz-gegen-Nazis.de. Kooperations- und Medienpartner sind bislang die Koordinationsstelle Fanprojekte bei der Deutschen Sportjugend, Show Racism the Red Card, Goal.com Deutschland, Fußball-Woche, Aktion Libero, No Dice Magazine, Publikative.org und „Laut gegen Nazis“.

 

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Foto: FAREnetwork/Thomas Hodel/ybforever.ch ©