Ausgerechnet im einst durch jüdisches Leben geprägten Scheunenviertel Berlins hat sich ein 'Modegeschäft' einquartiert, der als ein Szeneladen für Rechtsextreme gilt. Anwohner machen dagegen mobil - am vergangenen Samstag sogar mit einem Straßenfest. Und dem Laden direkt vor die Tür wurde ein Container gesetzt, auf dem künftig einfallsreich über Neonazis aufgeklärt werden soll. Eine Kreativ-Aktion in Nachbarschaftsselbsthilfe, unterstützt durch eine Spendenaktion der Amadeu Antonio Stiftung.
Am 1. Februar 2008 eröffnete in der Rosa-Luxemburgstrasse ein Laden mit dem Namen „Tønsberg“. Er bietet eine große Produktbandbreite der Bekleidungsmarke „Thor Steinar“ an. Ein Modelabel, das offensichtlich unter Rechtsextremen beliebt ist und durch den Verfassungsschutz als „szenetypisches Erkennungs- sowie „Abgrenzungsmerkmal“ bezeichnet wird. Aus diesem Grund haben sich Anwohnerinnen und Anwohner zusammengetan und die Initiative „Mitte gegen Rechts“ gegründet. Einen Anziehungsunkt für Rechtsextreme wollen sie in ihrer Nachbarschaft auf keinen Fall. Gemeinsam haben sie einen Weg gefunden, sich künstlerisch mit dem Thema auseinanderzusetzen und gleichzeitig gegen die Akzeptanz des Ladens zu protestieren. Drei Container, die sich mit modernen Erscheinungsformen des Rechtsradikalismus, der jüdischen Geschichte des Kiezes und den Symbolen des Rechtsradikalismus auseinandersetzen, wurden am Samstag eröffnet.
Zu diesem Anlass fand am 30. Mai 2008 auch eine Pressekonferenz im Babylon Kino am Rosa-Luxemburg Platz statt. Ermöglicht wurde der Bau der Container unter anderem durch eine Spendenaktion der Amadeu Antonio Stiftung. Eine imposante Summe von 4570 Euro von 31 Spenderinnen und Spendern kamen dabei zusammen. Besonders hervorgehoben wurde die Einzigartigkeit der Initiative. Denn obwohl man rechtlich nicht gegen die Eröffnung des Ladens vorgehen konnte, haben die Engagierten einen Weg gefunden effektiv und friedlich dagegen zu protestieren. „Rechtsextremismus wird immer noch nicht als Problem der Mehrheitsgesellschaft gesehen und kommunale Verwaltungen fühlen sich dafür nicht zuständig bzw. reden das Problem klein oder weg. Dies ist hier in Mitte anders“, so Timo Reinfrank von der Amadeu Antonio Stiftung.
Die Container sollen als Plattform dienen, die jeder nutzen kann um sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. „Alle Formen der Kunst sind erwünscht. Ob man die Container besprayt bedruckt oder bemalt bleibt jedem selbst überlassen. Man kann sogar etwas häkeln oder stricken wenn man möchte“, so Lilian Engelmann (eine der Gründerinnen der Initiative). Die Idee ist, dass man die Container immer wieder neu beklebt ohne die alten Plakate abzunehmen, so dass man sieht wie viele Leute sich an dem Projekt beteiligen.
Dass auch Rechtsradikale die Container beschmieren können, haben die Gründer in Kauf genommen. Die Schmierereien seien nicht erwünscht, aber werden in das Kunstprojekt mit einlaufen. Wer sich beteiligen möchte muss seine Plakate nur den Gründern vorlegen, damit diese entscheiden können ob sie auf den Container kommen. Ein beispielhaftes Engagement das hoffentlich viele Nachahmer finden wird. Die Angestellten des „Tønsberg“ Ladens haben am Freitag auf ihre Art und Weise protestiert: Sie ließen laute Musik aus dem Laden schallen. Doch davon ließ sich niemand beirren.
Am Samstag folgte zum Auftakt der Aktion ein Straßenfest am Rosa-Luxemburgplatz unter dem Motto „Mitte gegen Rechts“ Um 14 Uhr begann die offizielle Containereröffnung. Die Veranstalter bedankten sich noch einmal für die rege Beteiligung und Hilfe bei der Initiative. Bis 20 Uhr fand ein Open-Air Konzert statt, mit engagierten Künstlern wie Mark Aizikovitch. Dennoch ist die Aktion weiterhin auf Hilfe angewiesen.
Unterstützen Sie den kreativen Protest mit einer kleinen Spende:
Spendenkonto: Amadeu Antonio Stiftung Stichwort “Thor Steinar” Deutsche Bank Bensheim Konto: 030331330 BLZ: 509 700 04 (Auf Wunsch werden steuerabzugsfähige Spendenquittung erstellt).
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